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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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klein geschnittene Rüben. Dazu gab es frisches Brot, eine große Schale Honig und einen Klumpen Butter. Es gab so reichlich zu essen, daß die Gäste Olav bewunderten, ihn wegen seiner Großzügigkeit priesen und dabei vergaßen, daß er seine Stieftochter heiratete, die nicht einmal halb so alt war wie er. Er hatte sogar feinen Wollstoff für ein neues Kleid für Lotti spendiert. Die Kleine wich während der Hochzeitsfeier vor dem christlichen Bischof nicht von Zarabeths Seite, das Köpfchen an Zarabeths Schenkel gepreßt. Keith und Toki hielten sich bescheiden im Hintergrund. Denn Toki, sonst nie um eine zänkische Bemerkung verlegen, sah genau, wie ehrfurchtsvoll die Gäste und Nachbarn sich vor Olavs Großzügigkeit verneigten. Am späten Nachmittag machte sogar König Guthrum persönlich seine Aufwartung, und Olav strahlte und sonnte sich in seiner Gunst.
    Zarabeth nahm die neiderfüllten Blicke der unverheirateten Frauen und Witwen mit Gelassenheit hin. Wenn sie bloß wüßten, dachte sie, wenn sie bloß ahnten, welche dumpfe Leere in ihr gähnte. Sie dachte an die bevorstehende Nacht, sah Olav nackt vor sich, wie er auf ihr lag, ihr Jungfernhäutchen zerriß. Doch nicht einmal dieser Gedanke berührte sie sonderlich. Es würde einer Fremden geschehen. Es ließ sie kalt. Sie spürte, wie Lotti sich enger an sie schmiegte, und sie nahm die Hand des kleinen Mädchens in ihre.
    Ihr frisch angetrauter Gatte setzte das Trinkhorn an die Lippen und trank gierig vom süßen Honigmet. Danach reichte er den berauschenden Trunk an den König weiter. König Guthrum, alt, fett, und graubärtig, saß mit frommer Miene neben seiner Gemahlin, während im Hintergrund zwei seiner Konkubinen schäkerten, jung und prall um Brüste und Arme. Unterdessen waren alle Gäste betrunken, Männer wie Frauen. Und jeder hatte für den frischgebackenen Bräutigam gute Ratschläge parat.
    Zarabeth ließ die Dinge ungerührt an sich vorüberziehen. Selbst als Toki sich zu ihr setzte, darauf bedacht, Olav stets im Auge zu behalten, sagte sie kühl: »Toki? Was wünschst du?«
    »Du glaubst, du hast gewonnen, nicht wahr, Zarabeth? Nun, das hast du nicht. Sieh dir nur Olav an. Er ist so betrunken, daß er sich kaum aufrecht halten kann. Hör nur, wie unnatürlich er über die dummen Scherze des Königs lacht! Es ist bejammernswert. Und jetzt wirst du bezahlen. Du wirst teuer bezahlen.«
    »Mag sein.«
    »Er wird dir keinen Balg machen!«
    »Ich hoffe nicht.«
    Toki schwieg, äugte Zarabeth mit betrunkener Starrheit an. »Es ist mir egal«, sagte sie schließlich verächtlich.
    Zarabeth festigte ihren Griff um Lottis Hand. Sie sah zu Olav hinüber, der bedenklich schwankte und empfand nur milden Ekel.
    »Wenn er kotzt, ist dir das auch egal?«
    Zarabeth seufzte. »Dann werde ich wohl oder übel aufwischen.«
    Toki warf Lotti einen bösen Blick zu und wandte sich ihrem gleichfalls betrunkenen Ehemann zu. Zarabeth zog sich zurück, niemand nahm davon Notiz, denn es gab noch genug zu trinken. Spät nachts traten zwei betrunkene Männer lachend an sie heran, den bewußtlosen Olav in ihrer Mitte schleppend.
    »Nur die zärtlichen Hände einer Frau können den wieder wecken!«
    »Das beste ist, wir bringen ihn zu Bett. Entweder er stirbt oder er schwört beim Aufwachen, Mönch zu werden.«
    Die beiden trugen Olav ins Haus, Zarabeth und Lotti folgten. Der König hatte huldvolle Worte zu ihr gesprochen, ebenso die Königin. Das Königspaar hatte die Braut der Großmut und dem edlen Sinn ihres Gemahls empfohlen. Zarabeth war müde nach dem langen Tag. Sie wies die Männer an, Olav auf sein Bett zu legen. Nachdem die beiden ihr mit lüsternen Blicken eine gute Nacht gewünscht hatten und gegangen waren, breitete sie eine Wolldecke über Olav und ließ ihn allein. Sie betete, er möge die Nacht durchschlafen.
    Olav schlief die Nacht nicht durch. Er wachte irgendwann auf, noch schwer berauscht, begriff, daß er mit Zarabeth verheiratet war und machte sich auf die Suche nach ihr.
    Er fand sie neben Lotti schlafend, rüttelte sie am Arm und krächzte: »Warum schläfst du hier? Warum bist du nicht bei mir? Es ist deine Pflicht, bei mir zu schlafen! Ich habe teuer für dich bezahlt. Du bist meine Frau!«
    Zarabeth spürte, wie Lotti sich neben ihr verkrampfte. Sie hatte nicht geschlafen; sie hatte gehört, wie er durch den Flur torkelte. Sie war darauf vorbereitet und sagte mit gelassener Stimme: »Geh wieder zu Bett, Olav. Die Frauen haben mir gesagt, du bist

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