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Im Schatten der Tosca

Im Schatten der Tosca

Titel: Im Schatten der Tosca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kaiser
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eines Mannes in einen derartigen Aufruhr geraten könnte wie bei Carlos.
    »Hoffentlich nicht gerade abgebrüht, aber doch abgeklärt«, versuchte sie Ture ihren Zustand zu erklären, aber der meinte nur: »Ach Kind, ich würde es dir gönnen, darauf hoffen wir doch alle, dass uns die Erfahrung ein gemütliches Seelenpolster verschafft. Aber für dich, so, wie du gestrickt bist, wird es jedes Mal aufs Neue um Leben und Tod gehen, das kann ich dir getrost prophezeien.«
    Er hatte die Liebesgeschichte von Elia und Carlos von Anbeginn an miterlebt und war jetzt neugierig auf den Stand der Dinge, doch noch genauer wollte er erfahren, wie Elia mit Enrico Tarlazzi zurechtkam. »Der hat es gut, der darf mit Elia den Philipp singen und dann auch noch den Rigoletto, und für mich bleibt nur der Vater Germont, verdammt, ich lebe im falschen Land«, beschwerte er sich bei Björn Eksell, der ihm aufdie Schulter klopfte: »Du hast es gerade nötig. Gönn Elia doch die Abwechslung, hier gibt es für sie sowieso kein Entrinnen vor dir, du bist überall mit von der Partie.«
    Ture legte den Arm um Elia und lachte freundschaftlich: »Jawohl, zum Glück werden überall Bösewichter und Verführer oder zumindest lästige Väter gebraucht. Ich werde dich auch diesmal, so gut ich kann, quälen.«
    Elia nickte: »Ich freue mich schon drauf.«
    Elia fühlte sich wieder daheim, sie beglückwünschte sich nachträglich, frühzeitig nach Stockholm gekommen zu sein. Zunächst hatte sie nur keine Lust gehabt, ohne Carlos noch länger in Bologna zu bleiben, und für Rom war die Zeit zu knapp. Doch nun zeigte sich, wie dringend sie die Mußetage brauchte, um sich zu erholen und Energie aufzutanken, auch der kleine Haushalt musste in Ordnung gebracht werden, denn wenn die Proben erst einmal begannen, war dafür keine Zeit mehr. Nach der ›Traviata‹ würde es dann Schlag auf Schlag weitergehen. Gleich anschließend weitere Vorstellungen der ›Bohème‹, dann ›Tannhäuser‹, ›Don Giovanni‹, eine Wiederaufnahme von ›Romeo und Julia‹ kam wohl auch noch dazu, und schließlich die ›Tosca‹. Ein Wahnsinnsprogramm, fast zu viel, aber selbst Mariana, die Björn Eksells Eifer bereits abgebremst hatte, fand, dass man bestimmte Chancen nutzen musste – solange man die Kraft dazu hatte.
    Endlich erfuhr Elia auch Massimos Geschichte, Julia erzählte so engagiert, als sei sie von A bis Z dabei gewesen: »Eines Tages ist Umberto aufgetaucht, deine Berichte hatten ihn aufgescheucht, aber auch Massimos spärliche, krampfhaft muntere Briefe. Um die Sache etwas aufzulockern, haben sie mich gebeten, ihnen Gesellschaft zu leisten, und da habe ich der Einfachheit halber Umberto gleich bei mir im Wohnzimmer einquartiert. Ich fand es sehr lustig, mit unseren beiden Italienern durch die Gegend zu ziehen, aber Sonia wurde immer mürrischer und erklärte bald, sie habe es satt, sich ständig die dummen Sprüche von Umberto anzuhören, zumal sie sichalles übersetzen lassen musste. Dann kochte Umberto bei mir ein italienisches Essen, und darin sah Sonia den Gipfel der Infamie. Schon dass sie sich beim Spaghettiwickeln ihre teure Bluse mit Soße bekleckerte, war Umbertos Schuld. Nicht einmal der Nachtisch, ein Tiramisu, stieß bei ihr auf Gegenliebe. Zu Hause hat sie ihm dann richtig die Hölle heiß gemacht: ›Du weißt, dass ich Spaghetti hasse, überhaupt den ganzen italienischen Schlangenfraß. Eine Gemeinheit, aber das habt ihr euch extra ausgedacht, um mich zu kränken, du und dein mieser Kumpan.‹ ›Das ist mein bester Freund‹, hat Massimo eingeworfen, aber Sonia hat weiter gekreischt: ›Ha, toll, der Sohn einer Köchin.‹ Darauf ist Massimo gefährlich ruhig geworden: ›Und was gefällt dir daran nicht?‹ Sonia war jetzt richtig in Fahrt: ›Wenn man bedenkt, aus was für einem fabelhaften Elternhaus du doch angeblich kommst, dann ist das schon ein merkwürdiger Umgang. Aber deiner Mutter ist es sicher egal gewesen, mit wem sich ihr einziges Kind herumtreibt, Hauptsache, sie hat ihre Ruhe gehabt.‹ Da ist Massimo aufgestanden und zur Tür gegangen. ›Wo gehst du hin?‹, wollte Sonia nicht mehr ganz so auftrumpfend wissen, aber Massimo hat nur geschrien: ›Keine Ahnung‹, und die Tür zugeknallt. Er hat uns wütend aus dem Bett geklingelt und ist noch in derselben Nacht mit Umberto in das Häuschen in den Schären gefahren. Dort haben sie gefischt und gerudert und gekocht und über ihr Leben geredet, und irgendwann hat Massimo

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