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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Kleidung eingepackt, da sie geglaubt hatte, im Herbst wieder in Cornwall zu sein. Ihre Kleidung konnte dem harten Winter in Schottland nicht standhalten, daher hatte sie sich zwei schlichte Kleider aus grober Wolle und ein paar derbe Schuhe aus Hirschleder gekauft. Eine solch einfache Kleidung, wie sie in der Regel von Kaufmannsfrauen getragen wurde, war warm und zweckmäßig, denn Maureen verkehrte nicht in höheren Kreisen und hatte auch kein Interesse daran.
    Dankbar, ihr Ziel endlich erreicht zu haben und für ein Weilchen der eisigen Kälte entrinnen zu können, stieg Maureen die ausgetretenen Stufen zur Apotheke hinauf. Sie brauchte für ihre Mutter dringend neue Medizin, die Laura vorübergehend Linderung verschaffen würde. Vier Glöckchen bimmelten, als Maureen die schwere Tür öffnete und eintrat. Sofort umfing sie wohlige Wärme und der aromatische Geruch nach Kräutern und exotischen Gewürzen. Die Apotheke bestand aus einem düsteren Raum, in dem außer durch die Tür und das schmale Schaufenster, in dem ein Totenschädel und paar Gläser mit farbigem Pulver standen, kein Tageslicht drang.
    »Mister Selby?«, rief Maureen, denn der Apotheker war nirgends zu sehen. Sie zog die dicken Handschuhe aus und sah sich suchend um. Beim Anblick des von der Decke hängenden ausgestopften Alligators schauderte sie. Sie würde sich nie daran gewöhnen, obwohl sie regelmäßig hierherkam. Die Apotheke machte mehr den Eindruck einer Hexenküche als eines Geschäftes, in dem heilende Mittel hergestellt wurden. Mr. Selby verstand sich jedoch auf das Brauen einer ganz besonderen Medizin, die Laura beschwerdefreie Stunden bescherte.
    »Einen Moment, bitte. Ich bin gleich bei Ihnen.«
    Ein Schatten huschte aus der Tür des Raums im hinteren Teil des Ladens.
    »Guten Morgen«, grüßte Maureen freundlich, obwohl sie sich in Gegenwart des kleinen, buckligen Mannes mit der ausgeprägten Hakennase und den dunklen, stechenden Knopfaugen immer ein wenig unbehaglich fühlte. Im Mittelalter hätte dieser Mann ohne weiteres als Hexer auf dem Scheiterhaufen enden können. »Ich brauche wieder die Medizin mit Kampfer und Huflattich.«
    »Ich grüße Sie, Mrs Trenance, und hoffe, Ihrer Mutter geht es besser?«
    Maureen schüttelte den Kopf.
    »Nicht wesentlich, der Frost hat den Husten verstärkt, die Medizin verschafft ihr aber etwas Erleichterung.«
    Nachdenklich wiegte Mr. Selby seinen schmalen Kopf von einer Seite auf die andere, so dass Maureen fast erwartete, der Schädel würde plötzlich von seinem dürren Hals kippen.
    »Hm ... Sie sollten es einmal mit dem Schneckentrank versuchen. Er hat schon vielen geholfen.«
    »Schneckentrank?« Angewidert verzog Maureen das Gesicht und schüttelte sich.
    Der Apotheker nickte und wiegte seinen Kopf gleichzeitig.
    »Sie nehmen eine Schnecke samt Schneckenhaus, streuen Salz darauf, und wenn alles vom Schleim befreit ist, lösen Sie die Schnecke aus ihrem Haus und waschen sie mit destilliertem Wasser und Ysop. Dann stecken Sie sie zusammen mit zerstampftem Zucker in einen Leinensack, hängen diesen ein paar Tage in der Nähe eines Feuers auf und fangen den Sud in einem Becher auf. Wenn Sie die Schnecke immer mal wieder ausdrücken, geht es schneller. Jeweils einen Löffel dieses Tranks am Morgen und am Abend ist eine wirksame Medizin bei allen Lungenleiden.«
    Bereits bei der bloßen Vorstellung wurde es Maureen übel. Sie bezweifelte die Wirksamkeit des seltsamen Gebräus und würde es ihrer Mutter bestimmt nicht zumuten. Außerdem – wo sollte sie mitten im Winter eine Schnecke herbekommen?
    »Nun, mal sehen«, antwortete sie ausweichend. »Vorerst will ich es erst mit dem herkömmlichen Trank probieren.«
    »Wie Sie wollen.« Mr. Selby schien es ihr nicht zu verübeln, dass sie seinen Vorschlag ablehnte. »Wenn Sie sich einige Minuten gedulden möchten, ich muss noch für einen anderen Kunden etwas fertig stellen. Danach bereite ich sofort die Medizin für Ihre Mutter zu.«
    Mr. Selby legte seine klauenartigen Finger auf Maureens Arm. Es kostete sie ein hohes Maß an Selbstbeherrschung, ihn nicht einfach abzuschütteln.
    »Bedienen Sie die Dame ruhig vor mir. Ich habe Zeit!«
    Erschrocken fuhr Maureen herum. Sie hatte im Dämmerlicht des Ladens den Mann in der hinteren Ecke nicht bemerkt. Er saß mit übergeschlagenen Beinen auf einem Stuhl und musterte Maureen spöttisch. Als er sich nun erhob und das fahle Licht durch das Fenster auf sein Gesicht fiel, war es Maureen, als würde sich

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