Im Schatten Der Wälder: Roman
zusammen. Langweilig und ärgerlich. Perry sollte mal daran denken, wer im Gefängnis saß und wer nicht.
Das war das Problem bei Lehrern – und er musste es wissen, schließlich war er früher selbst einmal Lehrer gewesen. Langweilig und ärgerlich.
Aber jetzt nicht mehr.
Jetzt hatte er Macht über Leben und Tod.
Er hob eine Hand und betrachtete sie lächelnd.
Er verbreitete Angst nach Belieben, fügte Schmerzen zu, ließ jede Hoffnung erlöschen und zermalmte seine Opfer
dann. All das sah er in ihren Augen. Die Angst, die Schmerzen, die Hoffnung und schließlich die Kapitulation.
Perry hatte diesen Rausch von Macht und Wissen nie verspürt. Wenn er ihn tatsächlich erlebt hätte, dann würde er nicht ständig Vorsicht und Kontrolle predigen – oder vom »sauberen Tod« sprechen, wie er es nannte.
Am befriedigendsten war es bisher gewesen, Annette zu töten. Das Geräusch, das seine Fäuste machten, als sie auf ihr Fleisch trafen und die Knochen brachen. Er hatte jeden Schlag ganz genauso gefühlt wie sie.
Und Blut war geflossen – er hatte es gesehen und gerochen. Er hatte zuschauen können, wie die Wunden entstanden, wie sie in unterschiedlichen Farbtönen die Haut verunstalteten.
Sie hatten einander gut kennengelernt, oder? Er hatte sich Zeit genommen, und das Töten wurde dadurch viel intimer, viel realer.
Dagegen war Perrys Werk blutleer und klinisch gewesen, so distanziert. Er hatte derart wenig Leidenschaft gezeigt, dass es ihm unmöglich Freude gemacht haben konnte. Und das einzige Mal, als er von seinem Weg abgewichen war, hatte er nicht damit umgehen können.
Und jetzt lebte er in einer Zelle.
Diese graduelle, kreative Beschleunigung war einfach unübertroffen. Er war unübertroffen.
Es war höchste Zeit, dass er den Kontakt mit Perry abbrach. Für ihn gab es nichts mehr zu lernen, und er sollte auch niemandem mehr etwas beibringen.
Er stand auf und hob das zusammengeknüllte Schreiben auf. Vorsichtig glättete er es, bevor er es in den Ordner mit den anderen Briefen steckte.
Er hatte bereits begonnen, ein Buch über sein Leben, seine Entwicklung und sein Werk zu schreiben. Er hatte akzeptiert,
dass es posthum erscheinen würde, genauso wie er sein unvermeidliches Ende akzeptiert hatte. Diese Akzeptanz machte jeden Moment lebenswerter.
Kein Gefängnis. Nein, ins Gefängnis würde er nie gehen. Er hatte sein Leben in einem selbst geschaffenen Gefängnis gelebt. Er wollte Ruhm. Am unvermeidlichen Ende seines Lebens würde er berühmt sein.
Für den Moment war er einfach nur ein Schatten, ohne Namen und unerkannt. Oder erkannt nur von denen, die mit seinem Gesicht vor Augen starben.
Die Nächste hatte er sich schon ausgesucht.
Schon wieder eine Veränderung, dachte er. Eine weitere Phase seiner Entwicklung. Und während er sie studierte, sie verfolgte, wie ein Wolf ein Kaninchen verfolgt, konnte er darüber spekulieren, wie es zwischen ihnen sein würde.
Die Ironie war exquisit, und er wusste jetzt schon, dass die Sache dadurch noch aufregender wurde.
Und dann würde schließlich Fiona an die Reihe kommen.
Er holte die Zeitung hervor und fuhr mit den Händen über ihr Gesicht. Er würde seine Verpflichtung Perry gegenüber erfüllen, und damit wäre seine Schuld voll bezahlt.
Sie würde die Letzte sein, die den roten Schal trug. Das passte gut, dachte er. Sie würde der Höhepunkt in dieser Phase seines Schaffens sein. Sein Crescendo mit einer letzten Hommage an Perry.
Er war sich jetzt schon sicher, dass er sie am meisten genießen würde. Bevor er mit ihr fertig war, würde sie mehr Schmerzen, mehr Angst durchmachen als alle anderen zuvor.
Oh, wie die Leute reden würden, wenn er sie nahm, wenn er ihr Leben beendete. Sie würden von nichts anderem mehr reden. Sie würden reden und vor dem Mann zittern, der die Frau getötet hatte, die Perry überlebt hatte.
RSK Zwei.
Er schüttelte den Kopf über diesen Namen und musste kichern.
Wenn Fiona in dem Grab lag, das sie sich selbst schaufeln musste, würde es RSK Zwei nicht mehr geben. Bald würde er jemand anderer werden, sich ein anderes Symbol suchen, wenn er in die nächste Phase seines Schaffens eintrat.
In gewisser Weise, dachte er und trank noch einen Schluck Whiskey, würde Fiona sein Ende und seinen Anfang bedeuten.
Mantz beendete das Telefongespräch und klopfte mit der Faust auf ihren Schreibtisch. »Ich glaube, wir haben etwas.«
Tawney blickte von seinem Monitor auf. »Was?«
»Wir haben Wohnorte und
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