Im Schatten Der Wälder: Roman
sollte ich dir sagen, dass sie sich bei dir im Welpenkurs anmelden.«
»Ich freue mich schon darauf, aber jetzt muss ich los.«
»Ich komme morgen vorbei und helfe dir bei den Kursen«, sagte Sylvia. »Oreo könnte mal wieder eine kleine Auffrischung brauchen.«
»Bis morgen dann. Tschüs, Jackie.«
Während sie hinausging, hörte sie, wie Jackie ausrief: »Oh, Sylvia, die Bank ist ja wunderschön!«
»Nicht wahr? Sie ist von dem neuen Künstler, von dem ich dir erzählt habe, Simon Doyle.«
Auf dem Weg zum Wagen brummelte Fiona leise vor sich hin.
In seiner Zelle im Washington State Penitentiary, las George Allen Perry in seiner Bibel. Zwar hatten seine Verbrechen ihm Einzelhaft für den Rest seines Lebens eingebracht, aber ansonsten galt er als vorbildlicher Häftling.
Er schloss sich keiner Bande an, beschwerte sich nicht. Er tat die Arbeit, die man ihm zuwies, aß das Essen, das ihm gebracht wurde. Er hielt sich sauber, redete respektvoll mit den Wachen. Er trieb regelmäßig Sport. Er rauchte nicht, fluchte nicht, nahm keine Drogen und verbrachte einen Großteil der endlosen Tage mit Lesen. Jeden Sonntag besuchte er den Gottesdienst.
Besuch bekam er nur selten. Er hatte keine Frau, kein Kind, keine engen Freunde außerhalb oder innerhalb der Gefängnismauern.
Sein Vater hatte ihn schon lange verlassen, und seine Mutter, die die Wurzel seiner Krankheit war, wie die Psychiater festgestellt hatten, hatte Angst vor ihm.
Seine Schwester schrieb ihm einmal im Monat und unternahm einmal im Jahr die lange Reise von Emmitt, Idaho, nach Washington State, weil sie es als ihre Christenpflicht ansah.
Sie hatte ihm auch die Bibel geschenkt.
Das erste Jahr war elend gewesen. Er hatte es mit gesenktem Blick und ruhigem Verhalten, das seine wahnsinnige Angst verbarg, ertragen. Im zweiten Jahr war er in einer Depression versunken, und im dritten hatte er schließlich akzeptiert, dass er nie wieder freikommen würde.
Nie wieder würde er selbst entscheiden können, was und wann er essen wollte, wann er aufstehen oder wann er zu Bett gehen wollte. Nie wieder würde er durch einen Wald gehen oder ein Auto eine dunkle Straße entlangfahren, mit einem Geheimnis im Kofferraum.
Nie wieder würde er die Macht und den Frieden empfinden, wenn er jemanden tötete.
Aber es gab andere Freiheiten, und er verdiente sie sich sorgfältig. Er bedauerte seine Verbrechen seinem Anwalt und dem Psychiater gegenüber.
Er hatte sogar geweint, und seiner Meinung nach waren die erniedrigenden Tränen gut genutzt.
Er erklärte seiner Schwester, er sei wiedergeboren, und daraufhin durfte er unter vier Augen mit einem Priester sprechen.
Im vierten Jahr wurde er der Gefängnisbibliothek zugeteilt, wo er mit stiller Effizienz arbeitete und seiner Dankbarkeit Ausdruck verlieh, Zugang zu Büchern zu haben.
Und er begann mit der Suche nach einem Schüler.
Man erlaubte ihm, an Kursen teilzunehmen, die sowohl über Lehrer als auch über Video gegeben wurden. Dadurch bekam er Gelegenheit, mit anderen in einer neuen Umgebung zu kommunizieren.
Die meisten seiner Mitschüler fand er zu grob, zu brutal oder zu beschränkt. Oder auch einfach zu alt, zu jung, zu sehr im System verhaftet. Er widmete sich weiter seiner Bildung und klammerte sich an die Hoffnung, dass das Schicksal ihm die spirituelle Freiheit gewähren würde, die er suchte.
In seinem fünften Jahr in Walla Walla war ihm das Schicksal hold. Und zwar nicht in Gestalt eines Mitschülers, sondern eines Lehrers.
Er wusste es sofort, als er ihn sah, so wie er immer die Frauen, die er getötet hatte, sofort als geeignet erkannt hatte.
Das war seine Gabe.
Ganz langsam begann er ihn zu prüfen und zu testen. Geduldig umriss und verfeinerte er die Methoden, mit denen er seinen Stellvertreter erschaffen wollte, denjenigen, der außerhalb der Mauern für ihn tötete.
Denjenigen, der im Lauf der Zeit seinen einzigen Fehler korrigieren würde. Den Fehler, der ihn jede Nacht in dem
dunklen Käfig, in dem es weder Stille noch Trost gab, verfolgte.
Der Stellvertreter, der Fiona Bristow töten würde.
Der Zeitpunkt, dachte Perry, während er in der Offenbarung las, war beinahe gekommen.
Er blickte auf, als die Wache an die Zelle trat. »Du hast Besuch.«
Perry blinzelte und markierte sorgfältig die Stelle in seiner zerlesenen Bibel. »Meine Schwester? Ich habe erst in sechs Wochen mit ihr gerechnet.«
»Nicht deine Schwester. FBI.«
»Ach, du liebe Güte.« Perry, ein großer Mann mit
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