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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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die Welt läge ihnen zu Füßen. Aber das heißt nicht, dass ich jemals verzichten werde, sie zu meinen Gunsten zu manipulieren.« Kurz schien sein Blick durch sie hindurchzugehen, dann verhärtete er sich, und die Verachtung, die er eben noch für die Oberschicht gezeigt hatte, traf ganz und gar Rebeca. »Und das heißt auch nicht, dass ich für euren Kampf Verständnis hätte.«
    Rebeca zuckte ungerührt die Schultern. »Welchen Kampf?«, fragte sie unschuldig, als wüsste sie nicht ganz genau, was er meinte.
    »Nun, dieser lächerliche Einsatz für mehr Gerechtigkeit und weniger Standesunterschiede. Als ob das auf dieser Welt jemals möglich wäre.«
    Wieder zuckte Rebeca die Schultern. So leichtfertig, wie er sein Innerstes vor ihr ausgebreitet hatte, bekannte nun auch sie: »Meine Brüder fechten diesen Kampf aus, ich sehe nur zu und ziehe größtmöglichen Spaß daraus. Ich hasse die Reichen nicht, müssen Sie wissen, ich hasse die Armut.«
    Sie zog noch einmal demonstrativ das Geld hervor, das er ihr vorhin gereicht hatte, lachte triumphierend auf und schlenderte dann grußlos davon. Noch lange spürte sie Espinozas Blick auf ihrem Rücken – und die Verachtung für das falsche Spiel, das sie trieb, obwohl er doch selbst die Intrige ausgeheckt hatte, die Victoria zu Fall gebracht hatte.
    Später am Abend bekam sie noch einmal Verachtung zu spüren oder zumindest Missbilligung – die von Juan. Sie hatte ihm stolz das Geld gezeigt und auch berichtet, wie sie dazu gekommen war, aber anstatt dafür Lob einzuheimsen, schüttelte er verständnislos den Kopf.
    »Warum hast du das Victoria nur angetan? Wie konntest du nur?«
    Entnervt verdrehte sie die Augen. Juans hohe Moral konnte anstrengend sein – vielleicht war es ein Fehler gewesen, ihm die Wahrheit zu sagen.
    Sie hätte ihn anlügen müssen, so wie sie gestern noch Jiacinto angelogen hatte. Dass Victoria keine Lust mehr hätte, sich zu engagieren, hatte sie behauptet, dass sie im Grunde des Herzens doch ein verwöhntes Mädchen geblieben wäre, dass sie furchtbar mit ihr gestritten hätte deswegen und dass es zum Bruch gekommen wäre.
    Jiacinto hatte es hingenommen – während sie Juan nicht so gut unter Kontrolle hatte. Eben lächelte sie ihn aufreizend an, um einer Antwort zu entgehen, doch er blieb ernst.
    »Also, warum hast du das getan?«
    Aus dem Nebenzimmer ertönte ein Grölen. Jiacinto ging dort auf und ab und schrie zunehmend betrunken herum, dass es auf der Welt keine Treue und Liebe gäbe.
    Rebecas Lächeln schwand von den Lippen, ihr Blick wurde hart.
    »Hörst du ihn denn nicht? Er hat es nie zugegeben, aber du hast gewiss bemerkt, dass er von Victoria zunehmend fasziniert war. Es hat damals angefangen, als wir bei den Näherinnen waren. Bis dahin war Victoria nur ein Spielzeug für ihn, aber dann …« Sie schüttelte grimmig den Kopf. »Er hat sich nur an dieser Aktion beteiligt, weil er hoffte, sich dabei ordentlich prügeln zu können – aber am Ende hat er Victoria dafür bewundert, dass sie so ruhig geblieben und nicht der Panik verfallen ist, dass sie das Notwendige getan hat und diesem reichen Balg auf die Welt geholfen hat. So wie sie hat Jiacinto noch nie eine Frau angesehen. Seitdem ist es zunehmend schwerer geworden, mich zwischen sie zu stellen.«
    Während sie mit ihm sprach, hatte sie sich immer tiefer über Juans Gesicht gebeugt. Der zuckte nun zurück – und wirkte angewidert.
    »Warum wolltest du dich denn zwischen sie stellen, zum Teufel? Warum gönnst du ihnen nicht ein wenig Glück? Wenn Jiacinto Victoria am Ende aufrichtig lieben würde – was kannst du denn dagegen haben?«
    Rebeca ballte ihre Hand zur Faust. Ihr ansonsten so weicher, geschmeidiger Körper verhärtete sich, als sie zischte: »Wir haben versprochen, dass wir zusammenhalten. Alles, was wir nach dem Tod unserer Eltern erdulden mussten, haben wir nur durchgestanden, weil wir zu dritt waren und einander hatten. Ihr könnt gerne mit anderen Frauen schlafen, so wie ich mit anderen Männern. Aber lieben … lieben tut ihr mich!«
    Sie ließ die Faust sinken, legte die Hand auf Juans Schultern, streichelte darüber und setzte sich schließlich wie so oft auf seinen Schoß. Er wollte zurückweichen, aber sie ließ es nicht zu, nahm die halb gerauchte Zigarette aus dem Aschenbecher, an der er eben noch gesogen hatte, und führte sie an die eigenen Lippen. Langsam, ganz langsam blies sie ihm den Rauch ins Gesicht. Es schien sich grau zu färben, und er

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