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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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ist übrigens mein Name. Wir haben uns nun schon oft gesehen, aber noch nicht vorgestellt. Nun, es ist also so, dass man auf dieses …«
    Abrupt brach seine Rede ab und ging in einen lauten Aufschrei über. Christopher Wellington trug einen Hut auf dem Kopf, und diesen Hut hatte der stürmische Wind plötzlich mit sich gerissen und jagte ihn über das Schiff. Gleich würde er unweigerlich im Wasser landen.
    Wellington versuchte, ihm nachzulaufen, doch so flink er mit der Kamera umging, so schwerfällig fielen seine Schritte aus. Kaum hatte er den Hut erreicht und wollte sich nach ihm bücken, trieb ein neuerlicher Windstoß ihn stets weiter. Clara und Victoria sahen ihm tatenlos zu, Dora aber sprang plötzlich behende los, erwischte den Hut und brachte ihn seinem Besitzer zurück.
    Victoria nickte anerkennend, Christopher Wellington bedankte sich überschwenglich – und hinter ihnen ertönte Gelächter.
    Victoria und die Mädchen fuhren herum und erkannten Wellingtons Frau, die ihnen schon öfter aufgefallen war, weil sie so widersprüchlich wirkte: Ihre Kleider waren ungemein elegant und wiesen sie von vornehmer Geburt aus, doch ihre Haut war gegerbt wie die einer Bäuerin. Sie schritt stets mit geradem Rücken wie eine Dame, aber manchmal hörte man sie fluchen wie einen Mann. Ihr Lächeln war meist freundlich, der Blick dagegen hatte etwas Kaltes – vor allem, wenn er auf ihren Mann fiel.
    »Es hätte mich nicht gewundert, wenn dir der Wind den Hut gestohlen hätte«, lästerte sie. Vermeintlich vertraulich wandte sie sich an Victoria: »Auf unserer Weltreise hat er schon zig Hüte verloren.«
    Dora blickte sie neugierig an. »Eine Weltreise?«, fragte sie.
    Victoria hatte schon oft aus der Ferne beobachtet, dass Frau Wellington anderen Passagieren ausufernde Geschichten erzählte, aber sie war stets so in eigene Gedanken versunken gewesen, dass sie nie zugehört hatte.
    »Kate ist mein Name«, stellte sie sich nun vor, »und ja, mein Mann und ich machen ein Weltreise. Eigentlich schon die fünfte. Es gibt kaum einen Ort, wo wir nicht gewesen sind – und kaum einen Ort, wo meinem Mann kein Missgeschick zugestoßen ist.«
    Christopher blickte sie etwas empört an, aber er widersprach nicht, als sie aufzuzählen begann: »Auf der Aussichtsplattform bei den Niagarafällen, wo man schon mal ein bisschen feucht werden kann, traf ausgerechnet ihn ein riesiger Schwall Wasser. Sie hätten ihn sehen sollen! Wie ein begossener Pudel stand er da! Oder in den Rocky Mountains – als wir den Yellowstone-Nationalpark besucht haben. Da ist er auch nass geworden. Ich weiß bis heute nicht, wie es ihm gelungen ist, aber er ist dem Geysir Old Faithful einfach zu nahe gekommen. Wir haben dort phantastische Wanderungen gemacht – allesamt auf Bahngleisen natürlich, wo sonst sollte man festen Schritt finden, woraufhin Christopher in einem solchen stecken geblieben ist und fast vom nächsten Zug überrollt wurde.«
    »Das ist nicht wahr!«, protestierte er zum ersten Mal.
    »Na gut«, gab sie zu, »der Zug war nur zu hören, noch nicht zu sehen. Aber auf Honolulu, wo wir im berühmten Moana-Hotel wohnten, ist er am Strand auf die einzige Koralle getreten, die die Strandwächter nicht entfernt hatten. Diese Korallen sind ungemein scharf, und natürlich hat er sich ganz grässlich den Fuß aufgeschnitten.«
    Sie klang nicht mitleidig, eher triumphierend.
    »Dafür ist dein Gesicht krebsrot angelaufen, als sie dir in einem Teehaus nahe der Großen Mauer von China ein heißes Tuch aufs Gesicht gelegt haben«, hielt er ihr trotzig entgegen.
    »Was gut gemeint war, aber dennoch eine Unsitte ist!«, fauchte Kate. »Irgendetwas muss in dem Tuch gewesen sein, was mir nicht bekommen ist. Aber zumindest habe ich mir nicht die Malaria geholt wie du auf Ceylon.«
    »Ist es meine Schuld, dass die Moskitos lieber mich stachen als dich?«
    »Und in Indien«, fuhr Kate lachend fort, »in Indien ist er natürlich regelmäßig in Kuhscheiße getreten. Die Kühe sind dort heilig, und deswegen befreit niemand die Straßen von ihrem Dreck.«
    Christopher verdrehte stumm die Augen, während Victoria die beiden verwundert betrachtete. Sie kannte die Namen der Länder, die sie erwähnt hatten, aber sie konnte sich keine rechte Vorstellung davon machen, wie es dort aussah.
    »Und hier in Patagonien«, fuhr Kate fort, »wird mein werter Gatte wahrscheinlich vom Wind fortgetragen werden.«
    »Was genau wollen Sie denn hier besichtigen?«, fragte Dora

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