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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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nicht ständig an seinen Verzicht erinnert werden!«
    Alicia verließ schweigend das Zimmer. Auch wenn sie es gewollt hätte, hätte Aurelia ihre vorschnellen Worte nun nicht mehr zurücknehmen können.

    Das Wasser, das Saqui in der emaillierten Badewanne eingelassen hatte, war heiß, und Aurelias Haut färbte sich rasch krebsrot. Schweiß stand ihr auf dem Gesicht, trotzdem genoss sie es, wie ihre harten Muskeln weicher wurden und die Anspannung nachließ. Sie hätte das Bad noch mehr genießen können, wenn sie allein gewesen wäre. Doch Saqui, die das Wasser mit Jasminöl parfümiert hatte, blieb die ganze Zeit bei ihr und redete auf sie ein. Offenbar war es nicht üblich, dass eine feine Dame ohne Hilfe eines Dienstmädchens badete.
    Als Aurelia aus dem Wasser stieg, breitete sie sofort ein großes, weiches Handtuch für sie aus, trocknete sie ab und rieb dann Schultern, Arme und Dekolleté mit Kölnischwasser ein, das auf Aurelias Haut brannte. Sie war erleichtert, endlich in die Unterwäsche schlüpfen zu können – nicht die, die sie bisher getragen hatte, sondern rosafarbene aus Seide und mit Spitzen –, aber die Schönheitspflege war damit noch nicht beendet.
    »Hier!«, sagte Saqui und öffnete einen Tiegel. »Das muss jetzt zweimal am Tag auf dem Gesicht aufgetragen werden, morgens und abends.«
    »Was ist das?« Augenblicklich roch es säuerlich im Bad.
    »Das ist eine Mixtur aus Zitronensaft. Es heißt, der Teint wird davon durchsichtig weiß.«
    Aurelia streckte ihre Hand aus, um selbst von der Creme zu nehmen, doch Saqui schüttelte den Kopf zum Zeichen, dass sie sie eincremen würde. Es brannte noch mehr als das Kölnischwasser.
    Während sie sich ihrer Körperpflege widmete, redete Saqui weiterhin ununterbrochen, erst mit erstickter Stimme von Guillermo, dann – mit einem Lächeln – von Tiago. Alles, was sie sagte, war von starken Gefühlen begleitet, und jene Gefühle wechselten so schnell wie das Wetter im unsteten November. Anfangs wollte Aurelia sie noch trösten, wenn sie Kummer zeigte, oder sich mit ihr amüsieren, wenn es Belustigung war, doch kaum machte sie den Mund auf, war Saqui schon bei einem neuen Thema.
    Mit schnellen Strichen begann sie, ihr Haar zu kämmen.
    »Die anderen feinen Damen der Gesellschaft spülen ihr Haar mit Kamillentee. Dann erhält es eine Schattierung wie aus Bronze. Aber Ihr Haar ist zu schwarz, da lässt sich nichts machen.«
    Aurelia zuckte hilflos die Schultern und wusste nicht, was Saqui erwartete. Eine Entschuldigung, weil sie die falsche Haarfarbe hatte?
    Aber Saqui war schon beim nächsten Thema angelangt: »Eigentlich legen die feinen Leute Chiles keinen großen Wert auf Reinlichkeit. Ich bin bei Doña Alicias Familie aufgewachsen, müssen Sie wissen, und da hat man sich nie gebadet. Es gab im ganzen Haus keine Badewanne. Aber Señor Brown hat darauf bestanden, dass in seinem Haus eine eingebaut wird.«
    Sie half Aurelia, in den Bademantel zu schlüpfen, und reichte ihr weiche Hausschuhe.
    »Kommen Sie nun mit. Ich zeige Ihnen Ihr künftiges Gemach.«
    Der Raum, in den Saqui sie brachte, war dunkel wie alle Räume des Hauses – und ebenso edel. Das Himmelbett war so breit, dass eine ganze Familie darin hätte schlafen können, doch es lagen nur ein Kissen und ein Laken darauf.
    Nur mit Mühe verkniff sich Aurelia die Frage, warum sie hier ganz allein und nicht etwa mit Tiago schlafen musste, aber sie wollte dann doch nicht eingestehen, dass sie nicht wusste, ob diese Trennung auf die Zeit vor der kirchlichen Hochzeit befristet oder bei den hohen Herrschaften so üblich war.
    Ehrfürchtig blickte sie sich um. Das Sofa gegenüber vom Bett war mit französischer Seide bezogen, die Kissen, die darauf lagen, hatten bestickte Satinbezüge. Die großen, dunklen Truhen mit Intarsienschnitzereien aus Elfenbein dufteten nach Sandelholz. Der Fußboden war aus schwerem italienischem Marmor, und rechts und links von der Tür standen zwei mit heißem Wasser und Eukalyptusblättern gefüllte Töpfe, die einen köstlichen Geruch verbreiteten.
    Aurelia konnte der Versuchung nicht widerstehen und ließ sich auf das Bett fallen. Nie hatte sie, die bestenfalls auf einer Matratze aus Rosshaar geschlafen hatte, so weich gelegen. Sie blickte hoch und sah, dass man dicke, rote Brokatvorhänge vor dem Bett zuziehen konnte.
    »Sie müssen das Unterkleid anziehen, Niña Aurelia«, drängte Saqui und reichte ihr ein Kleid aus hauchzartem Stoff und ebenfalls vielen Spitzen.

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