Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
den Zuberrändern herausschauten, brausten in seinen Ohren. Er hatte den Eindruck, dass sie ihn alle anstarrten, wie er da am Fuß der Treppe stand und versuchte, nicht vor Schreck und Wut zu platzen. Katerina machte eine Kopfbewegung zum Hintergrund des Baderaums.
»Dort Therme«, sagte sie. »Untertauchen umsonst.«
Kapitel 13.
K eine Angst, beim Essen tauchen wir in die Menge unter, hatte Rinaldo gesagt. Abgesehen davon, dass es in der Menge hieß, war Rinaldos Aussage auch inhaltlich falsch. Von wegen untertauchen. Sobald Ulrich auch nur die Augen hob, begegnete er mindestens einem neugierigen Blick, der sofort anderswohin zuckte, wenn die Blicke sich kreuzten, und zurückkehrte, kaum dass Ulrich sich in eine andere Richtung wandte.
»Die halbe Schankstube gafft uns an!«, zischte er Rinaldo zu.
»Das kommt, weil du nichts isst«, zischte Rinaldo zurück.
Es war, was Rinaldo einen »weiteren Stein in der Waagschale« genannt hatte: ein opulentes Abendmahl, für das Ulrich tief in den Säckel hatte greifen müssen. Rinaldo hatte darauf bestanden, dass der Wirt seine Frau und seine Kinder auf den Markt schickte, um einzukaufen, auch wenn Ulrich mit dem Hinweis protestiert hatte, dass sie auf diese Weise nie wüssten, wie viel die Lebensmittel tatsächlich gekostet hatten und dass der Wirt sie prellen würde – Angst vor dem falschen Bruder Antonius oder nicht. Rinaldo hatte geantwortet, darüber sei Bruder Antonius erhaben, worauf Ulrich geseufzt hatte: Ja, aber Bruder Ulrich nicht.
»Was hast du im Dom ausgerichtet?«, flüsterte Ulrich nun, während Rinaldo kurzerhand die Ansammlung von Hühnerschenkeln und -brüstchen, die Lauchstangen, Zwiebeln und Kohlscheiben auf die Tischplatte kippte und Ulrich die Holzschüssel vor die Nase setzte. Eines der gekochten Eier geriet in Bewegung und rollte auf Ulrich zu, der es auffing und zurückzulegen versuchte, wo es auf der abschüssigen Tischplatte sofort wieder Kurs auf ihn nahm. Irritiert klopfte er es so hart auf, dass die Schale zerbrach und das Ei auf der eingedellten Stelle liegen blieb. Rinaldo griff danach und pellte es langsam und mit Sorgfalt ab. In der Holzschüssel vor Ulrich schwamm Bratensaft und ließ seinen Magen knurren.
»War ganz gut«, sagte Rinaldo und konzentrierte sich auf die Aufgabe, ein winziges Stück Schale von der Eihülle zu picken. »Ich werde aber morgen noch einmal dort hin müssen.«
»Hat sich schon jemand auf deine Nachfragen gemeldet?« Ulrich sah erfreut auf.
»Nein«, sagte Rinaldo. An einer anderen Stelle des Eis schien sich ein noch hartnäckigerer Schalenrest festgesetzt zu haben. »Das geht nicht so schnell. Aber ich habe Aufsehen erregt, das kann ich dir sagen.« Er stopfte sich das Ei in den Mund. Seine Augen traten hervor. »Ich muss allerdings noch mal ein paar Börsen füllen«, nuschelte er und legte Ulrich einen Hühnerschenkel in die Schüssel. »Komm schon, iss!«
»Soll das heißen, du brauchst noch einmal Geld? Nach dem, was wir heute schon ausgegeben haben?« Ulrich war fassungslos. Er hatte schon gehört, dass einem in der Stadt das Geld von allein aus der Börse rann, aber dass es so schnell ging … er überschlug im Kopf, wie lange ihr Vorrat unter diesen Umständen noch ausreichte, und kam auf keine allzu lange Zeit. Das ganze Geld des Klosters …
»Rinaldo?«
Rinaldo, der immer noch mit dem Ei kämpfte und einen halb erstickten Eindruck machte, zuckte mit den Schultern und stieß unartikulierte Geräusche aus.
»Das war nur eine Tropfen auf die heiße Stein«, brachte er schließlich heraus. »Ich muss noch mehr von deine Albo wissen. Erzähl mir von …«
»Ein Tropfen auf dem …?«, kreischte Ulrich. Wer seine Aufmerksamkeit noch nicht auf die beiden gerichtet hatte, dessen Kopf schnappte jetzt herum. Ulrich spürte einen Tritt von gegenüber an sein Schienbein. Rinaldo funkelte ihn an.
»… heißen Stein?«, vollendete Ulrich leise. »Bist du verrückt? Allein für den Betrag, den ich dir mitgegeben habe, hätte man die ganze Gemeinschaft eine Woche lang verköstigen können.«
»Ja, mit Wasser und Brot«, brummte Rinaldo.
»Was glaubst du wohl, was wir dort sonst essen?«
Rinaldo spülte die Eierpampe mit einem riesigen Schluck Wein hinunter und würgte dann mit tränenden Augen, bis sich endlich ein Rülpser Bahn brach und seinen kleinen Körper erschütterte. »Madonna«, stöhnte er, »ich dachte, es drückt mich ab …«
»Rinaldo!«
»Lass mich nur machen, ich bringe dir die
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