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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Honigtopf siehst, der die Bienen anlockt, ist es mir auch recht. Wichtig ist, dass denen, die um dich kreisen, das Geld aus den Taschen fällt. Verstehst du, Milano?«
    »Wenn wir uns den Hypocaust anschauen, könnte ich dir noch eine weitere Möglichkeit …«
    »Ich würde dich auf Probe nehmen«, sagte Tiberius. »Willst du die Bedingungen hören oder nicht?«
    Katerina warf Rinaldo noch einen letzten, langen Blick zu, ließ die Zungenspitze über die Lippen kreisen (ein Versprechen, das sich höchstens erfüllen würde, wenn man ihre Titten mit Gold aufwog) und stolzierte davon, auf dem festen Boden deutlich graziöser als im Wasser. Langsam sickerte in Rinaldos Hirn, was Tiberius gesagt hatte.
    »Auf Probe?«, echote er. »Ich bin doch kein Rossknecht!«
    »Ich will erst mal sehen, ob ich dir trauen kann.«
    Rinaldo starrte ihn an. Er bemühte sich, Tiberius nicht merken zu lassen, dass er ihn getroffen hatte. »Ich beweise dir, dass ich dein Glücksbringer bin«, sagte er mit verzerrtem Lächeln. »Führ mich nur zum Hypocaust, und ich zeig dir …«
    »Verdammte Pest!«, brüllte Tiberius plötzlich. »Scheiß auf den Hypocaust! Was ist jetzt, du Wichser? Nimmst du mein Angebot an oder nicht? Was glaubst du, wie viel Zeit ich für dich übrig habe?«
    Rinaldo blinzelte. Irgendetwas in ihm sagte laut und deutlich: Steh auf und geh, das hast du nicht nötig. Etwas anderes sagte ebenso laut: Ganz ruhig, alter Junge, mach dich erst mal unentbehrlich, dann sehen wir weiter. »Wie stellst du dir das vor?«, hörte er sich fragen.
    Tiberius öffnete die Hände und hielt ihm zehn Finger vor die Nase. »Zehn Pfennige«, sagte er. »Dafür kannst du einen ganzen Monat hier schlafen und spielen. Essen kostet extra, vögeln auch. Am Ende des Monats rechne ich zusammen, was ich eingenommen habe. Übersteigt es die Einnahme des letzten Monats um mehr als zehn Pfennig, gehört dir der Überschuss, und du kannst bleiben. Ist es weniger, kannst du wieder gehen.«
    »Aber das ist ungerecht …«
    »So ist das Leben, Milano«, sagte Tiberius, »ob ungerecht oder nicht. Fünf Pfennig im Monat verlangt der Blutvogt dafür, dass ich hier einen Sänger auftreten lassen darf. Fünf Pfennig will ich für das Risiko, dass einem der Schöffen, die sich bei mir verlustieren, dein Gegröle nicht gefällt oder er die Musik für Gotteslästerung hält und ich den Drecksack bestechen muss, damit er mich nicht vor die Schöffenstube bringt. Unter fünf macht’s der Blutvogt nicht, und warum soll ich es für weniger tun als dieser Halsabschneider? Deshalb die zehn Pfennig, und deshalb sollst du sie für den ersten Monat auslegen. Du willst die Arbeit, also trägst du auch das Risiko. Immer noch ungerecht, Milano?«
    »Woher soll ich so viel Geld nehmen?«
    »Was interessiert mich das? Leih es dir von den Juden. Überfall einen Pfaffen. Stiehl es einem Bettler aus der Tasche.«
    »Tiberius, wenn du dir meinen Vorschlag wegen der Heizung anhören würdest, denn würdest du sehen, dass ich dir ein Vermögen …«
    Tiberius stand auf und putzte sich mit der flachen Hand den Hintern von Geröll und Steinstaub ab. »Sobald du das Geld bringst, kannst du anfangen. Warte nicht zu lange. Wenn morgen einer kommt und sagt, er kann singen, und die zehn Pfennig auf die Hand zählen kann, nehm ich ihn und nicht dich.« Er zog ein kleines Glöckchen aus einer Tasche und läutete. Der Klang hörte sich dünn in der weiten Kammer an und wollte nicht zu Tiberius’ kalten Worten passen. Sekunden später vernahm Rinaldo Schritte, die die Treppe heruntersprangen.
    Tiberius drehte sich um und wies auf die Wasserfläche. »Wenn du noch baden willst, das ist im Preis mit drin. Noch mal vögeln, noch mal zahlen.« Er rieb Daumen und Zeigefinger gegeneinander. Einer der kleinen Jungs hüpfte die letzten Stufen herunter und rannte zu Tiberius, wo er keuchend stehen blieb. Tiberius gab ihm eine freundlich gemeinte Kopfnuss und schob ihn dann in Rinaldos Arme. »Bis demnächst, Milano. Wenn du weder baden noch vögeln willst, führt der Junge dich raus.«

Kapitel 20.
    D er kleine Junge führte Ulrich mit solcher Zielstrebigkeit zum Heiligen Knochen, dass der Archivar sich noch mehr schämte. Selbst ein kleines Kind fand ohne Mühe aus dem Gassengewirr, wohin es wollte; Ulrich jedoch war nicht einmal in der Lage, zurückzufinden. Der Junge sprang um ihn herum wie ein Hündchen und lachte. Als er auf die Eingangstür zusprang, hielt Ulrich ihn auf.
    »Das ist weit

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