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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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eine andere Richtung zu drehen und ihr einen Schubs zu geben, damit sie in der Menge verschwand. Aber Katerina war geübt darin, Männergriffen geschickt auszuweichen; sie glitt Rinaldo aus den Händen und lächelte zu Ulrich empor.
    »Tiberius hat eigene Eingang für Pfaffen«, sagte sie. »Versteckt durch andere Haus in Gasse gegenüber, man sieht nicht reingehen. Aber keine Knabe, Ehrwürden, nur Mädchen hat Tiberius.«
    »Tiberius?«, machte Ulrich.
    »Lebwohl, Katerina«, sagte Rinaldo und versuchte, Ulrich weiterzudrängen.
    »Du kommst heute, ja?«, fragte Katerina. »Nach Tiberius, nach Geld zahlen. Ich warte. Mache wie Knabe mit mir, kostet nur bisschen mehr. Nimm deine Ehrwürden mit, ich finde Freundin, wo macht auch wie Knabe, dann er kann seine Stachel auch mal in Mädchen senken.«
    »Rinaldo …«, sagte Ulrich.
    »Komm schon, Bruder Ulrico«, stieß Rinaldo hervor und zerrte verzweifelt an Ulrichs Arm. »Ich glaube, die Kleine ist verrückt.«
    »Wer ist Tiberius?«, fragte Ulrich. »Warum willst du ihm heute Geld zahlen?«
    »Kein Ahnung, Bruder Ulrico. Ich weiß nicht, wer diese Frau ist, woher ich soll wissen, was sie redet?« Er machte eine wedelnde Handbewegung in Katerinas Richtung. »Geh in Frieden, si? Beati pauperes spiritu.«
    »Rinaldo, halt mich nicht für einen Armen im Geiste. Du hast sie mit ihrem Namen angesprochen.«
    »Ah … no. Ich nenne alle Frauen Katerina, wenn ich die Name nicht kenne.«
    »Quatsch«, sagte Ulrich.
    »Komm schon, wir müssen uns beeilen, wenn wir unsere Plan weiterführen wollen.« Rinaldo merkte, dass er schwitzte. »Per favore, Ulrico, komm, sonst ist zu spät.«
    Katerina blinzelte Rinaldo zu. Der ballte die Fäuste und erdrosselte sie in Gedanken. Ulrich stand wie ein Baum inmitten der Menschenmenge, die sich um sie herum teilte wie Wasser, das um einen Felsen in der Strömung fließt. Die meisten meuterten, drängten aber voran; die Reliquien im Dom waren wichtiger als ein vorübergehender Streithändel mit einem Betbruder und seinen Gefährten. Katerina wiegte sich in den Hüften und ließ das Tuch noch ein Stückchen tiefer sinken. Das Oberteil ihres Kleides besaß ein veritables Dekolleté. Ulrichs Augenbrauen rutschten in die Höhe.
    »Ach, Renardo«, gurrte Katerina. »Du kommst nach Tiberius zu mir? Wir machen Knabenliebe, selbe Preis wie gestern, nur bisschen mehr, ich habe Sehnsucht nach dir.«
    »Diese Frau verdient ihr Brot auf dem Rücken liegend«, sagte Ulrich.
    »Schon möglich. So was gibt’s … und hier laufen sicher etliche davon herum.« Rinaldo hielt nach einer Lücke in der Menge Ausschau, durch die er sich mit Ulrich hätte davonstehlen und Katerina zurücklassen können … dabei wusste er schon, dass es zu spät war. Statt der Wärme, die er vor wenigen Augenblicken noch empfunden hatte, spürte er plötzlich Kälte, wie einen großen Klumpen aus Eis, der sich in seine Seele gesenkt hatte und ihn von innen heraus vereiste. Er hörte sich selber dabei zu, wie seine Gedankenspiele ins Kraut schossen: Rinaldo, ja, auf den war Verlass … und das war es auch. Man konnte sich darauf verlassen, dass ihm im falschen Augenblick die Kacke um die Ohren flog. O Gott, hörte er eine kleine Stimme in seinem Herzen jammern, warum gerade jetzt, warum musste sie gerade jetzt auftauchen und alles zerstören? Warum war es immer so, dass das Schicksal bei ihm jedes Mal sofort kassieren kam? Ich hatte es doch nicht als Verrat gemeint! Ich musste doch sehen, wo ich bleibe! Ich wollte doch nur ein guter Freund sein!
    »Und du bist zu ihr gegangen«, sagte Ulrich.
    Katerina hob die Hand und winkte zierlich mit ein paar Fingern. »Du kommst zu mir heute noch, Renardo?«, schnurrte sie. »Wenn du Tiberius bezahlt hast? Wenn Ehrwürden kommt mit, ich finde Freundin. Selbe Preis wie sonst, nur ein bisschen mehr …« Sie ließ sich mit aufreizendem Hüftschwung von der Menge mittragen.
    »Da du nach eigenem Bekunden kein Geld hattest, als wir hierher kamen, musst du sie mit dem bezahlt haben, was du mir abgeschwatzt hast.«
    »Ulrico, hör mir zu …«
    »Hände salben, Leute schmieren! Nichts von alledem hast du getan. Du hast das Geld der Klostergemeinschaft ins nächste Winkelhaus getragen! Und heute wolltest du noch einmal hin? Tiberius bezahlen? Hast du deshalb versucht, mich zum Zurückbleiben in der Herberge zu überreden? Damit du ungestört deinen Tag mit diesem verruchten Weib verbringen kannst? Und wie wolltest du mir das Geld für den heutigen

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