Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition)

Titel: Im Schatten des Krans: Ein historischer Kriminalroman aus Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Rath
Vom Netzwerk:
Nachbarin zu. »Der war nie ein Freund von Traurigkeit. Ich sage nur: leichte Mädchen und so   …«
    Die Diener kamen mit Likör, Cäcilie lehnte ab. Die Damen nippten mit abgespreiztem kleinem Finger an den Gläschen.
    »Leider war er dem Alkohol sehr zugeneigt«, erklärte Frau Bürgermeister mit bedauerndem Tonfall. »Und er hat sich in der südlichen Neustadt herumgetrieben, wo kein ehrbarer Mensch hingeht. Mein Mann hat ihn dort einmal gesehen.«
    »Interessant«, bemerkte Madame Schröder. »Und warum war Ihr Mann in dieser verpönten Gegend?«
    Frau Bürgermeister errötete und schlug die Augen nieder. »Er hatte beruflich zu tun.«
    »Ich verstehe nicht«, meldete sich nun wieder Madame Godeffroy, »warum dieser Hang zum Laster bei den Vorstehern der Baudeputation so verbreitet ist. Vielleicht liegt es an der dienstlichen Nähe zum Hafen. Über den Elbrand hat man sich schon immer das Maul zerrissen, aber sein Nachfolger im Amt soll noch schlimmer sein.«
    Frau Senator Albers wechselte plötzlich ohne erkennbaren Grund die Seite. »Das stimmt nicht!«, empörte sie sich. »Dieses Gerücht hat der Elbrand doch nur in der Stadt herumerzählt, um sich an seinem Nachfolger zu rächen. Weil der ihn aus dem Amt gedrängt hat.«
    »Na ja. Zimperlich waren die beiden nicht im Umgang miteinander«, bemerkte Madame Godeffroy. »Ich will nichts gesagt haben, aber da lag doch immer Gewalt in der Luft, wenn die sich begegnet sind.«
    Cäcilie begab sich in den Garten. Teils, um diesem sinnlosen Klatsch und Tratsch zu entgehen, teils, weil ihr das schwere Essen Blähungen verursachte. Sie setzte sich auf eine Bank in einer Nische und ließ den Blick über die kunstvoll angelegten und jetzt von Kerzenkandelabern erleuchteten Wege schweifen. Es war kühl, aber die Enge des kleinen Salons hatte sie so erhitzt, dass sie nicht fror.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen«, fragte eine Stimme mit englischem Akzent.
    Nach kurzem Zögern rückte Cäcilie zur Seite. Es hatte den Anschein, als würde sie es widerwillig tun, doch sie konnte nicht verhindern, dass ihre Augen strahlten. Es ist unschicklich, ohne Begleitung mit einem jungen Mann in einem dunklen Garten zu sitzen, meldete sich jetzt ihr Anstandsgefühl. Nun ja, es meldete sich sehr leise.
    »Bei uns sehen die Gärten anders aus«, plauderte der junge Mann ungezwungen, »nicht so unübersichtlich. Ich habe lange gebraucht, Sie zu finden.«
    »Warum wollten Sie mich finden?«, fragte Cäcilie frech.
    Diese direkte Frage brachte den jungen Mann aus der Fassung. Er stotterte herum, fand nicht die richtigen Worte, schwieg schließlich verwirrt.
    Cäcilie gab ihm noch eine Chance. »Erzählen Sie mir von sich.«
    Das allerdings tat er gern und ausgiebig. So erfuhr sie, dass er Charles Turner hieß, dass er hier in Hamburg als Inspizient für eine englische Reederei arbeitete, dass er begeisterter Ruderer war und dass er bei Regatten auf der Themse bereits einige Preise gewonnen hatte.
    Cäcilie hörte ihm aufmerksam zu. Er hatte eine weiche Stimme mit einem fremdländischen Klang und war nicht aufdringlich. Doch dann erinnerte sie sich wieder an den Grund, aus dem sie hier bei Senator Albers war.
    »Kennen Sie Roger Stove?«
    Der junge Engländer antwortete nicht sofort. Er blickte an ihr vorbei in den Garten und stützte den Kopf nachdenklich auf die rechte Hand. »Nein«, sagte er schließlich, »ich kenne niemand mit diesem Namen.« Es sollte beiläufig klingen, doch Cäcilie war sich sicher, dass der Engländer nicht die Wahrheit sagte.
    »Sicher kennen sie den Agenten der Iron Company aus Birmingham?«
    Charles Turner ließ sich wieder Zeit. »Ja, ich weiß, wen Sie meinen. Ich kenne den Agenten aber nicht persönlich.«
    »Schade, wir haben schon lange nichts mehr von ihm gehört. Wir wüssten gerne, wo er sich jetzt aufhält.«
    »Ich kann versuchen, das herauszufinden«, sagte der Engländer eifrig. Und dann sagte er noch, dass sie sich in ein paar Tagen treffen sollten, dann wüsste er mehr, vielleicht zu Mittag am Jungfernstieg, er würde sie gerne über das Alsterbecken rudern.
    »Vielleicht«, sagte Cäcilie.
    Auf dem Kies waren schnelle Schritte zu hören. Charles Turner verabschiedete sich hastig und verschwand in der Dunkelheit.
    »Cäcilie«, rief Alexander empört, »was machst du hier? Wir suchen dich überall. Die Mietdroschke ist bereits vorgefahren.«
    Cäcilie lehnte sich, eingepackt in ihren Pelz, wohlig in der Kutsche zurück. Charles ist zwar Ausländer,

Weitere Kostenlose Bücher