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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Koffer standen, nur um gleich darauf herumzuwirbeln, denn vielleicht war das kein so gutes Versteck. Sie wusste nicht, ob die Koffer leer waren oder ob Cartagena kommen würde, um etwas aus ihnen hervorzuholen.
    Ihr blieb nur eine Möglichkeit. Sie legte sich flach auf den Boden und schob sich unters breite Himmelbett, das gerade hoch genug war, dass ein schlanker Mensch sich darunter verbergen konnte. Unwillig stellte Carya fest, dass die Putzbegeisterung der Dienerschaft nicht bis unters Bett reichte. Staub wirbelte vor ihrem Gesicht auf und kitzelte sie in der Nase. Sie kniff sie mit den Fingern zu und betete, dass ihr kein plötzliches Niesen entfuhr.
    Jemand kam ins Zimmer. Den weißen Hosenbeinen nach zu urteilen, handelte es sich um Cartagena. Die zweite Person, offenbar eine Frau, denn sie trug ein bodenlanges blauviolettes Kleid, blieb in der Tür stehen. Oh, Licht Gottes, bitte lass mich nicht in ein Schäferstündchen geraten sein , flehte Carya. Bei der Vorstellung, dass sich Cartagena und die Fremde oben im Bett vergnügten, während sie darunter lag, wurde ihr ganz anders zumute.
    Doch dazu kam es nicht. Der Botschafter warf nur einen Gegenstand, vielleicht seine Jacke, aufs Bett. Anschließend kehrte er zu seiner Begleiterin zurück, und sie verschwanden im Nebenzimmer. »So«, hörte Carya ihn leise auf Francianisch sagen. »Jetzt können wir ungestört reden.«
    »Endlich«, erwiderte die Frau. Sie hatte eine angenehme, samtig tiefe Stimme. »Ich fürchtete schon, ich käme aus dieser Sitzung nie mehr raus. Es ist erstaunlich, dass seine Majestät die Langmut dafür aufbringt.«
    »Er hat wieder mit der Sondergesandten gesprochen?«, fragte Cartagena.
    »Ja. Über drei Stunden.«
    »Wie lange weilt sie schon am Hof?«
    »Seit etwa zwei Wochen. Allerdings herrschte zwischendrin vier Tage Verhandlungspause, weil sie, wie es heißt, Rücksprache mit dem Rat halten musste. Es hat den Anschein, als gingen ihre Befugnisse nicht so weit wie die unseres letzten Besuchers.«
    »Hm«, brummte Cartagena. »Kommen sich die beiden Seiten denn näher, oder herrscht eher eine angespannte Atmosphäre am Verhandlungstisch?«
    »Die Differenzen sind offensichtlich«, antwortete die Frau. »Aber der Wille zum Bündnis existiert. Die Motive sind religiöser Natur. Beiden Staaten ist Austrogermania ein Dorn im Auge. Sie wissen ja, dass deren König gemeinhin als Ketzerkönig bezeichnet wird, weil er einer gänzlich anderen Form von Glauben anhängt und dies mit einer Leidenschaft, die seiner Majestät und dem Rat in nichts nachsteht. In der Vergangenheit gab es bereits mehr als einen diplomatischen Zwischenfall. Auch der Krieg an den Grenzen schwelt unablässig.«
    »Was ja in unserem Sinne ist.«
    »Sehr wahr. Doch diese Feindseligkeiten zwischen seiner Majestät und Austrogermania werden langsam gefährlich, denn sie lassen ehemalige Feinde im Süden zusammenrücken. Und so wie ich es empfinde, stehen diese Verhandlungen kurz vor dem Durchbruch. Es wird schon nicht mehr davon geredet, ob man in einen gemeinsamen Glaubenskrieg ziehen möchte, sondern darüber, wann und wie.«
    Cartagena schwieg für einen Moment. »Diese Entwicklung ist in der Tat höchst brisant. Es war richtig von Ihnen, mich zu rufen, Julianne. Wenn diese Allianz zustande kommt und zwei so große Machtblöcke auf dem Kontinent Frieden schließen, ändert das alles. Das Kräfteverhältnis gerät ins Wanken. Das dürfen wir nicht zulassen.«
    »Was bedeutet das nun?«
    »Dass wir handeln müssen.«
    »Aber …« Die Frau namens Julianne klang unsicher. »Können wir das denn – ohne uns und unsere Arbeit zu verraten?«
    Ein leises Lachen antwortete ihr. »Wie es der Zufall so will, können wir das in der Tat. Überlassen Sie den ersten Akt dieses Spiels nur mir. Sie sollten ihrerseits dafür sorgen, dass Justeneau bereit ist, seine Rolle im zweiten zu übernehmen.«
    »Er ist bereit«, sagte die Frau. »Vertrauen Sie mir, Cartagena. Ich habe sehr lange darauf hingearbeitet, dass er genau der Mann wird, den wir brauchen, wenn der Zeitpunkt gekommen ist.«
    »Gut. Dann gehen Sie jetzt besser wieder. Es soll sich niemand fragen, wo Sie geblieben sind. Halten Sie sich bereit. Ich werde Sie informieren, sobald es losgeht.«
    »Ich habe verstanden. Für die Erde, Cartagena.«
    »Ganz richtig.«
    Carya vernahm Schritte im Nachbarzimmer, dann wurde die Tür geöffnet und gleich darauf wieder geschlossen. Cartagena murmelte etwas, das Carya nicht verstehen

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