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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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allerdings fröstelte es sie. Voller Unbehagen merkte sie, dass sie sich mit jeder Minute mehr in Cartagenas Netz verstrickte, das er, unendlich höflich und zuvorkommend, aber doch unerbittlich, um sie spann. Ihr wurde klar, dass sie so schnell wie möglich aus dem Schloss verschwinden musste. Noch habe ich keine Antworten auf meine Fragen gefunden, daher bleibe ich. Aber sobald ich auch nur irgendeinen Hinweis bekomme, dass die Lösung des Rätsels meiner Vergangenheit woanders liegt, bin ich fort. So schwor sie es sich, denn bei aller Pracht und allen Annehmlichkeiten, die Château Lune zu bieten hatte, gefiel es ihr hier immer weniger.
    »Gehen wir wieder hinein«, schlug Cartagena vor. Für ihn war das Gespräch offenbar beendet.
    Als sie zurück in den Speiseraum kamen, stellte Carya fest, dass Arida und Alecander sich von der Tafel verabschiedet hatten. Ihre Sitzplätze waren leer. Das kam ihr sehr gelegen. Bei all dem Selbstbewusstsein, das Cartagena ständig an den Tag legte, glaubte sie ihm zwar, dass er imstande war, sie vor dem Zugriff des Lux Dei zu schützen. Dennoch hätte es ihr Unbehagen noch verstärkt, wenn sie ihre Häscher nur wenige Stuhlplätze neben sich gewusst hätte.
    Als sie dem Botschafter durch den Raum folgte, um zu ihrem Platz zurückzukehren, bemerkte sie, dass Magister Milan am Tischende ihre Aufmerksamkeit zu erregen versuchte. »Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte sie zu ihrem Begleiter. »Ich würde mich gerne noch mit dem Hofastrologen unterhalten. Er war heute Morgen so nett, mir ein wenig über das Schloss zu erzählen.«
    Cartagena warf dem unscheinbaren Mann einen kritischen Blick zu. Dennoch sagte er: »Natürlich, warum nicht?«
    »Carya«, begrüßte Milan sie, als sie sich neben ihn auf einen freien Stuhl setzte, dessen Besitzer bereits gegangen oder an anderer Stelle in ein Gespräch vertieft war. »Ich habe gar nicht gewusst, dass du zu Botschafter Cartagena gehörst.« Er sprach leise und auf Arcadisch. Seine Stimme klang ein wenig angespannt.
    »Nun ja, ich gehöre nicht direkt zu ihm«, antwortete Carya. »Er hat mich sozusagen von der Straße weg adoptiert, als wir uns am Rand von Paris getroffen haben.« Und wieder war da diese Vertrautheit zwischen Milan und ihr, die es ihr so leicht machte, ihm Dinge zu erzählen, die sie vor anderen mühsam geheim hielt.
    »Du solltest dich von ihm fernhalten, wenn ich dir diesen Rat geben darf?«
    »Sie meinen, weil er gerne gefährliche Spielchen spielt? Das habe ich auch schon bemerkt.«
    Milan nickte. »Gefährliche Spielchen … ja, das trifft es wohl. In diesem Fall gefährlich für dich. Vertrau mir, er ist ein Mann ohne Skrupel.«
    »Woher wissen Sie das? Kennen Sie ihn schon länger?«
    »Länger, als du glaubst. Länger, als ich hier am Hof bin. Wir …« Er verstummte und setzte ein höfliches Lächeln auf. »Botschafter Cartagena. Ihr gesellt Euch zu uns, wie angenehm.«
    »Es tut mir leid, Magister Milan, aber heute Abend nicht«, erwiderte dieser, nachdem er urplötzlich hinter ihnen aufgetaucht war. »Carya, mir ist eingefallen, dass ich noch etwas arbeiten muss, bevor ich zu Bett gehe. Ich werde die Tafel daher verlassen und möchte Sie bitten, mich zu begleiten.«
    »Warum?«, begehrte Carya auf. »Ich unterhalte mich gerade so nett mit dem Magister. Wussten Sie, dass es draußen im Park noch zwei weitere kleine Schlösser gibt?«
    »Ja, das ist mir bekannt«, gab Cartagena etwas unwillig zurück. »Dennoch rate ich dringend dazu, dass wir gemeinsam die Tafel verlassen. Sie wissen schon warum, Mademoiselle. Es würde sich nicht schicken, wenn Sie blieben. Und ich kann Sie vor den Gefahren des Palasts nur schützen, wenn Sie sich in meiner Nähe aufhalten.«
    Die unterschwellige Drohung, die in seinen Worten mitschwang, war so deutlich, dass Carya beinahe erschrak. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass Cartagena nicht gefiel, wie vertraut sie mit Milan umging, und dass er es verhindern wollte, wo er nur konnte. Na gut , dachte Carya. Für den Moment werde ich dir nachgeben. Doch wenn du glaubst, dass du mich deswegen in der Hand hast, irrst du. Morgen ist auch noch ein Tag – und während du in deinen Besprechungen sitzt, kann ich machen, was ich will. Laut sagte sie: »Ich verstehe. Danke, Magister Milan, für das kurze, aber freundliche Gespräch. Ich freue mich schon darauf, es bei Gelegenheit fortzusetzen.«
    »Mademoiselle Carya.« Milan stand ebenfalls auf, nahm ihre Hand und deutete einen

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