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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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zu retten. Stattdessen behauptete er, sie seien nach Paris gekommen, um eben diese Eltern zu finden.
    Es tat gut, mal wieder mit einem Mann zu sprechen, der einen ähnlichen Hintergrund hatte wie er selbst. Jonan kannte Godard erst seit einer halben Stunde, aber er hatte das Gefühl, als wären sie bereits alte Kampfgefährten. Jemand, der einem das Leben rettete – und mochte es aus vorgeschobenen egoistischen Gründen geschehen –, konnte kein ganz schlechter Mensch sein, auch wenn er aussah wie ein in Würde gealterter Schläger.
    »Die ganze Geschichte endete damit, dass wir im Süden der Stadt ein offenbar geheimes Treffen zwischen einem Abgesandten des Mondkaisers und einem unbekannten Mann beobachtet haben«, schloss Jonan seine Schilderung. »Dabei wurden wir entdeckt. Auf der Flucht wurden wir leider getrennt – und am vereinbarten Sammelpunkt musste ich dann von Pitlit, meinem jungen Begleiter, erfahren, dass Carya entführt worden war. Vermutlich hält sie sich am Hof auf. Deshalb muss ich dorthin. Ich muss sie retten, denn ich habe ihr versprochen, immer für sie da zu sein, und ich werde diesen Schwur nicht brechen, und wenn es mein Leben kostet.« Die letzten Worte kamen beinahe trotzig heraus.
    Godard verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Ah, junge Liebe. Was wäre die Welt ohne sie?«
    »Behaupten Sie nicht, dass Sie niemals so empfunden haben«, knurrte Jonan, halb verlegen, halb verärgert. »Sie sind doch Francianer.«
    »Oh, ich sage ja gar nichts dagegen«, entgegnete der Exsoldat. »Natürlich habe ich in jungen Jahren die Frauen geliebt, und eigentlich tue ich es immer noch. Allerdings ist Liebe in unserer Zeit nicht so leicht.«
    »Erzählen Sie mir was Neues.« Jonan seufzte. »Nun, jedenfalls erklärte Bonasse sich bereit, mir zu helfen, allerdings nur im Austausch gegen zehn Revolver, mit denen er sich vor schießfreudigen Menschenjägern aus dem Palastumfeld schützen will. Ich brauche also die Waffen unbedingt wieder. Ganz zu schweigen davon, dass ich Pitlit nicht in der Gewalt dieser Gang lassen kann. Er ist ein treuer Freund und hat bereits einen Mut bewiesen, der weit über das hinausgeht, was in seinem Alter zu erwarten wäre.«
    »Ich verstehe«, brummte Godard. Sie hatten ihre Mahlzeit in der Zwischenzeit beendet, und er griff in die Brusttasche seiner Jacke, um eine frische Zigarre hervorzuziehen. Jonan bot er keine an, was nicht weiter verwunderlich war. Zigarren galten als Luxus – zumindest dort, wo Jonan herkam.
    Sein Gegenüber schnitt die Zigarre auf, zündete sie an und blies zum Anfachen der Glut auf das eine Ende. Er machte einen nachdenklichen Eindruck. »In Ordnung, so sieht die Sache aus: Ich habe Ihnen gesagt, dass ich den Gossenratten einen Denkzettel verpassen will, und das stimmt auch. Ihre Geschichte mag den Geschäftsmann in mir nicht überzeugt haben, aber sie ist anrührend genug, um das harte Herz in meiner Brust ein wenig zu erweichen.« Er klopfte mit der Faust auf die entsprechende Stelle seiner Jacke.
    »Also helfen Sie mir?«, fragte Jonan hoffnungsvoll.
    »Ja, das tue ich. Wenn auch nicht ganz so, wie Sie es sich vielleicht vorstellen. Wenn Sie erwartet haben, dass ich mich Ihnen mit meinen Leuten anschließe, um die Gossenratten auszuräuchern, muss ich Sie enttäuschen. Unsere Pflicht liegt hier, beim Markt. Außerdem kann ich auch keinem der Jungs zumuten, für einen Straßenjungen und irgendein Mädchen seinen Kopf hinzuhalten, so tapfer und bezaubernd sie auch sein mögen. Aber ich unterstütze Sie auf andere Weise. Kommen Sie mit.«
    Er stand auf und schlenderte gemächlich paffend auf den Ausgang des Raums zu. Jonan schulterte sein Sturmgewehr und schloss sich ihm an. Sie gingen einen kurzen Korridor hinunter, an dessen Ende eine graue Metalltür lag. Soeben wurde sie aufgezogen, und ein dunkelhaariger Mann mit Schnurrbart, der etwa so breit wie hoch wirkte und wie alle Marktwachen die obligatorische Lederjacke trug, kam herein. Durch den offenen Türspalt konnte Jonan erkennen, dass dahinter der Markt lag. Im Moment schien es dort ruhiger zu sein, zumindest konnte er kaum Händler und Gäste sehen. Vielleicht befanden Godard und er sich aber auch nur in einer abgelegenen Ecke der Anlage. Zwei Meter vor der Tür schien eine Art Zaun aus einem Metallgitter zu verlaufen. Auf einem Pfahl direkt in Blickrichtung steckte ein mit Silber überzogener Totenkopf. Mehr Warnung war nicht nötig, um die Leute einen Bogen um diese Räume machen zu

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