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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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kräftig ein, wenn Sie sich Ihren Jungen und Ihren Beutel zurückholen. Zweitens: Kommen Sie gesund wieder, denn ich hätte die Maske und die Panzerung gerne zurück. Über das Drittens reden wir dann, wenn Sie zurück sind.«
    »Ich stehe also in Ihrer Schuld?«
    »Sozusagen. Aber keine Angst. Ich verlange nichts Unmögliches von Ihnen.«
    Jonan holte tief Luft und sah auf die vor ihm ausgebreitete Ausrüstung. Er fühlte sich immer noch wie durch die Mangel gedreht. Und wahrscheinlich war er im Begriff, sich einer unfairen Übermacht zu stellen. Aber das alles spielte keine Rolle. Er musste Pitlit da rausholen. »Also schön. Wir sind im Geschäft.«

Kapitel 28
    B ewaffnet und gerüstet, als wolle er in einen Krieg ziehen, schlich Jonan den dunklen Metro-Tunnel entlang. Die Schmerzen, die er noch immer überall am Körper verspürte, versuchte er dabei zu ignorieren. Dank des Adrenalins, das ihn von innen aufpeitschte, fiel ihm das zum Glück nicht schwer. Mit der leichten Körperpanzerung, der Gasmaske vor dem Gesicht und dem Sturmgewehr im Anschlag fühlte er sich auf einmal wieder zurückversetzt in seine Zeit als Soldat beim Templerorden – ein ebenso beängstigendes wie berauschendes Gefühl.
    Mit einer Ausrüstung wie dieser hatte er die zweite Hälfte seiner Akademiezeit verbracht. Sie stellte die nächste Stufe nach der einfachen Uniform dar. Jungtempler, die sich durch ihren Einsatzwillen besonders ausgezeichnet hatten, wurden in das spezielle Programm der leicht gepanzerten Infanterie gesteckt. Die Elite aus dieser Schule hatte schließlich in der Voll-Templerrüstung ihre Ausbildung beenden dürfen, in Vorbereitung auf eine Laufbahn als Offizier bei der Purpurgarde oder der Tribunalpalastgarde, den Schwarzen Templern. Ich war so jung damals und so unschuldig , dachte Jonan. Er konnte es heute kaum mehr fassen. Dabei lag diese Zeit keine drei Jahre zurück.
    Schritt für Schritt arbeitete er sich vorwärts. Der Tunnel wäre stockfinster gewesen, wenn Jonan nicht Godards Maske getragen hätte, die sowohl über eine Lichtverstärkeroptik verfügte als auch über einen eingebauten Infrarotstrahler, der eine für normale Augen unsichtbare Lichtquelle bot. Das Prinzip ähnelte dem in den Helmen der Templerrüstungen, aber die Bildqualität war nicht annähernd so gut, sodass Jonan Mühe hatte, im körnigen Grün der Nachtsichtbrille Einzelheiten der Umgebung zu erkennen.
    Er folgte zwei Gleissträngen, so viel war ihm klar. Neben einem alten Friedhof, etwa zwei Kilometer südlich der Seine, war er in das Tunnelnetzwerk der Pariser Metro hinabgestiegen. Das hatte sich als viel leichter erwiesen, als er angenommen hatte. Er hatte bloß ein paar Treppen hinunterlaufen, einen Eingangsbereich durchqueren und dann einem gekachelten Zugangsweg folgen müssen, und schon lagen die Schienen vor ihm. Von hier aus musste er sich etwa achthundert Meter nach Südosten bewegen, immer der Hauptstrecke folgend, um zu seinem Ziel zu gelangen.
    Jonan fragte sich, ob die »Gossenratten«, wie Godard sie nannte, ihr Versteck irgendwie gesichert hatten. Gab es Sprengfallen, um ungebetene Gäste draußen zu halten? Oder hockten in einer verborgenen Nische Vorposten, die Alarm schlugen, wenn sich jemand näherte?
    Unwahrscheinlich , dachte er. Die Bande hatte auf ihn nicht den Eindruck gemacht, paramilitärisch organisiert zu sein. Vielmehr handelte es sich um Kleinkriminelle, einen Haufen Ausgestoßener, die sich zusammengerottet hatten, weil man in der Gruppe besser überlebte als allein. Wahrscheinlich haben die sich einfach eine Ecke der Metro-Station ausgesucht und da ihre Decken, Vorräte und Mofas geparkt.
    Warum sollten sie auch Überfälle von Fremden befürchten? Die Trümmerzone von Paris war groß. Es gab genug Platz für alle, die sich hier herumtreiben wollten oder mussten. Und Lebensmittel, Kleidung oder Treibstoff ließen sich leichter von Handelskutschen oder einsamen Wanderern stehlen als von einer anderen Gang. Beispielsweise von einem einsamen Wanderer wie Jonan. Aber da habt ihr euch mit dem Falschen angelegt , dachte er grimmig. Und beim Licht Gottes, ich hoffe für euch, dass Pitlit noch am Leben ist und meine Revolver vollzählig sind. Sonst hole ich sie mir einen nach dem anderen aus euren kalt werdenden Händen.
    Hundert Meter vor ihm schien der Metro-Tunnel breiter zu werden. Es sah aus, als käme dort eine Station. Damit lag sein Ziel direkt vor ihm. Jonan wurde noch langsamer. Behutsam setzte er einen

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