Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
erzählt. Ob sie ihm dabei die Koordinaten aus der Kapsel verraten hatte, war sie sich jedoch nie sicher gewesen. Jetzt wussten sie es.
»Na schön«, knurrte er. »Und was machen Sie, wenn ich nicht mitkommen möchte?«
Arida zuckte mit den Schultern. »Ich kann Sie nicht dazu zwingen, das ist wahr.«
Das nahm er ihr nicht so ganz ab, aber er sagte nichts.
»Sie sollten es sich jedoch gut überlegen, ob Sie diese einmalige Gelegenheit verstreichen lassen wollen. So, wie ich das in den letzten Tagen beobachtet habe, hat sich der Hauptgrund für Ihr Fehlverhalten, dieses Mädchen Carya, von Ihnen abgewandt.«
Unvermittelt packte Jonan Arida an den Oberarmen. »Was haben Sie beobachtet?«
Sie warf einen missbilligenden Blick auf seine Hände. Ein wenig verlegen ließ Jonan sie wieder sinken und ging auf Armeslänge Abstand. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich die richtige Person bin, um Ihnen das zu erzählen«, sagte Arida. »Sie könnten glauben, ich versuche Sie zu beeinflussen, indem ich gemeine Lügen erzähle. Andererseits lässt sich jedes meiner Worte leicht durch andere Anwesende bei Hofe bestätigen. Der Prinz und Carya sind sich in den letzten zwei Tagen ziemlich nahegekommen.«
»Der Prinz?«, echote Jonan. »Dieser Kerl, in dessen Armen sie lag, ist der Sohn des Mondkaisers?«
»Ich fürchte, ja«, bestätigte die Agentin Aidalons. »Es ist eine Schande, zumal Alexandre so ein verwöhntes Adelssöhnchen ist. Schöne Worte findet er jederzeit, das muss ich zugeben. Aber er ist ein Schwächling. Nicht so wie Sie.« Arida ließ ihre Augen über Jonans Körper gleiten. Er glaubte förmlich sehen zu können, wie sie ihn im Geiste auszog.
»Lassen Sie das«, knurrte er unwillig. »Wenn ich mit Ihnen gehe, dann bestimmt nicht, weil Sie mich becirct haben.«
»Schade«, entgegnete Arida. »Mir scheint, dass wir da beide etwas verpassen. So eine Fahrt durch die Einöde von Francia ist doch schrecklich langweilig. Dabei könnte sie ein außergewöhnliches Erlebnis werden, wenn Sie es nur zulassen würden.« Sie trat näher und strich ihm mit einem Finger über die Brust. »Denken Sie darüber nach. Meine Arbeit hier auf Château Lune ist beinahe getan. Übermorgen in aller Frühe reise ich ab. Wenn Sie mich begleiten wollen, dürfte es sich für Sie lohnen – in mehrfacher Hinsicht. Lassen Sie mich wissen, wie Sie sich entschieden haben.« Gemächlich entfernte sie sich, wobei sie Jonan einen reizvollen Blick auf den tiefen Rückenausschnitt ihres Kleides gewährte. »Und sollten Sie Lust darauf verspüren, sich einen Vorgeschmack auf das zu holen, womit wir uns auf der Rückreise die Zeit vertreiben könnten …«, fügte sie hinzu, ohne sich umzudrehen. »Mein Gemach ist das zweite auf der rechten Seite, wenn man in den großen Korridor im ersten Stock des Südflügels einbiegt.«
»Bleiben Sie nicht die ganze Nacht wegen mir auf«, riet Jonan ihr.
Sie schenkte ihm über die Schulter hinweg ein keckes Lächeln. »Wir werden sehen.«
Carya und Pitlit kehrten ins Schloss zurück, um nach Jonan zu suchen. Um den Ballsaal machten sie dabei allerdings einen weiten Bogen. Zum einen glaubte Carya nicht, dass er sich dort aufhielt, zum anderen wollte sie Alexandre heute Abend kein zweites Mal in die Arme laufen – nicht einmal im übertragenen Sinne.
Der vierte Diener, den sie befragten, wusste zu berichten, dass Jonan ein Zimmer im Erdgeschoss des Südflügels erhalten hatte, dort, wo Kurzzeitgäste zu nächtigen pflegten. Sie begaben sich zu dem Raum, und Pitlit klopfte an. »Jonan, bist du da?«
»Komm rein«, erklang dessen Stimme aus dem Inneren.
Der Straßenjunge warf Carya einen raschen Blick zu. »Ich gehe vielleicht besser vor und kundschafte die Lage aus.«
»Nein«, entschied Carya. »Ich habe einen Fehler gemacht. Dafür muss ich nun geradestehen.« Mit einem tiefen Atemzug richtete sie ihren Blick auf die Tür. Sie hatte Angst vor dem, was als Nächstes folgen würde. Es war der erste richtige Streit, den sie mit Jonan hatte. Bislang waren sie stets zu sehr damit beschäftigt gewesen zu überleben, um Gelegenheit zu haben, Beziehungsprobleme zu entwickeln. Nun war es also so weit. Carya hoffte, dass Schmerz und Eifersucht keinen Teil von Jonan zutage förderten, den sie lieber nicht kennenlernen wollte.
»Weißt du was?«, sagte Pitlit plötzlich. Er deutete auf eine Stuhlgruppe, die an der gegenüberliegenden Wand stand. »Ich glaube, ich warte lieber auf dem Flur, bis ihr euch geeinigt
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