Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
auf, drehte sich ohne ein weiteres Wort um und begann den Pizzateig zu bearbeiten. Sie schob die Masse zusammen und knetete kraftvoll eine Kugel, die sie immer wieder auf die Arbeitsplatte warf. Sie knetete ihn, drosch darauf ein, rollte ihn zusammen, nur um ihn erneut platt zu schlagen.
Naomi war froh, nicht der Pizzateig zu sein, der die ganze Wut und Enttäuschung zu spüren bekam, die eigentlich ihr galten.
Mit großen Augen und hochgezogener Stirn linste Leandra um die Ecke, um zu sehen, was vor sich ging.
Naomi zuckte hilflos die Schultern.
Luna bearbeitete immer noch den Teig.
»Was machst du nur damit?« Leandra trat einige Schritte in die Küche.
Luna schnaubte. Ihr Kopf fuhr herum, und sie funkelte Naomi an. »Besser ich verdresche diesen Klumpen, als deine Enkelin.«
Leandra starrte auf den Teig. »Bei der liebevollen Zubereitung wird mir das Ergebnis mit Sicherheit im Hals stecken bleiben.«
Naomi entwich ein Glucksen. Sie presste die Lippen zusammen, um nicht zu lachen.
Lunas Mundwinkel zuckten ärgerlich. »Es gibt Schlimmeres, als wenn du dich deswegen verschlucken solltest. Du wirst nämlich Uroma.«
Nachdem Leandra nicht auf ihre Ankündigung reagierte, zog Luna die Stirn in Falten. »Ihr hinterhältige Bande. Du wusstest es längst. Deswegen hast du dich den ganzen Morgen im Garten verkrochen. Und du ...«, sie wandte sich an Naomi.
Naomi stand auf und nahm ihre Mutter in die Arme. »Ach Mama, wäre Oma nicht gestern Nacht noch über mich hergefallen, wüsste sie es auch nicht. Vermutlich wüsstet ihr beide noch nichts, weil ich mich nicht getraut hätte, es euch zu sagen.« Sie küsste ihre Mutter auf die Wange. »Freust du dich nicht wenigstens ein klitzekleines bisschen ... Oma?«
»Ich bin keine Oma!« Luna schlug mit dem Geschirrtuch nach Naomi, die diese Attacke mit einem Grinsen quittierte.
»Aber bald«, warf Leandra ein. »Das ist nur gerecht. Ich war damals sogar noch ein Jahr jünger als du!«
»Ich war aber verheiratet«, konterte Luna.
»Das kann man sich eben nicht immer aussuchen. Wenn dieser Roman nicht zu unserer Naomi passt, dann ist es besser, er bleibt dort, wo er hingehört. Wir kriegen das Baby schon groß, oder?« Leandra lächelte. »Solange ich keine Strampler stricken muss.«
Die Anwaltskanzlei antwortete nicht auf die versandte E-Mail. Naomi sah stündlich in ihren Posteingang und gegen Nachmittag war ihre Geduld am Ende. Durch ihre Nervosität vertippte sie sich drei Mal, bis sie endlich die richtige Nummernfolge in ihrem Handydisplay sah und auf Verbindungsaufbau drückte.
»Law Office Thursfield and Partners. Good afternoon.«
Naomi räusperte sich, bevor sie sich mit Leandras Mädchennamen meldete, erklärte, worum es ging und darum bat, mit dem zuständigen Ansprechpartner verbunden zu werden. Die freundliche Stimme, die sie begrüßt hatte, bekam einen nervösen Unterton, als sie sagte, Naomi würde direkt zu Geoffrey Thursfield durchgestellt werden.
»Ich habe bereits Ihren Anruf erwartet, Mrs. Thomson«, meldete sich der Anwalt. »Wenn ich ehrlich bin, schon viele Jahre. Mein Vater ist nicht weniger neugierig, als ich. Er ist zwar seit einigen Jahren im Ruhestand, doch möchte er Sie mit größtem Vergnügen kennenlernen. Werden wir Sie bald in unserer Kanzlei begrüßen dürfen?«
Naomis Magen zog sich zusammen. Am liebsten wäre sie sofort nach London geflogen. Doch das war unmöglich. »Vermutlich werde ich in etwa drei Wochen nach London reisen. In Begleitung meiner Enkelin.«
»Mit ihrer Enkelin? Großartig. Vielleicht kann ich Ihnen die Stadt zeigen?«, schlug er vor.
Naomi zog die Stirn kraus. Ein Anwalt sollte Besseres zu tun haben, als mit einem Mandanten, den er noch nie gesehen hatte, die Sehenswürdigkeiten Londons zu besuchen. Der Vorschlag ließ sie aufhorchen. Was hatte Romina geschrieben? Traue niemandem. Sie hatte Sammy vertraut. Denselben Fehler beginge sie nicht noch mal. »Wie nett von Ihnen. Können Sie mir sagen, was in Ihrer Kanzlei hinterlegt wurde? Ich habe leider erst vor zwei Tagen erfahren, dass Sie im Besitz von wichtigen Familiendokumenten sind.«
»Oh. Es sind keine Dokumente, nur ein Schlüssel mit einem Anhänger. Sonst lagen dem Kästchen keine Papiere bei. Die geringe Aufbewahrungsgebühr wurde damals für Jahrzehnte im Voraus bezahlt, was natürlich sehr ungewöhnlich ist.«
»Das ist es tatsächlich.«
Naomis Schlafzimmertür öffnete sich und Leandra streckte ihren Kopf durch den Türspalt. Sie
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