Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
hatten.« Ihr gelang ein spöttisches Lächeln. »Aber jetzt wollen wir Sie nicht länger aufhalten.« Sie ließ den Schlüssel in ihrer Jeans verschwinden.
Walter Thursfield erhob sich und nickte. Er reichte Leandra die Hand, um ihr vom Sofa hochzuhelfen, obwohl sie damit keine Mühe gehabt hätte. »Mein Sohn hat angeboten, Ihnen die Stadt zu zeigen. Darf ich Sie dabei begleiten?«
»Ihr Sohn hat mit Sicherheit Besseres zu tun, als zwei Frauen durch London zu kutschieren.« Leandra lächelte zuckersüß. »Ich kenne London sehr gut. Es hat sich zwar viel verändert in den letzten zwanzig Jahren, aber wir kommen zurecht. Herzlichen Dank.«
Geoffrey trat neben Naomi. Mit einem strahlenden Lächeln, das seine Augen nicht erreichte, widersprach er. »Es wäre mir aber durchaus ein Vergnügen, zumal ich mir den Tag für Sie frei gehalten habe.«
Dem Impuls, einen Schritt zurückzuweichen, widerstand Naomi. Stattdessen sah sie an ihm hoch, legte ihm versöhnlich die Hand an den Oberarm und setzte zum Gegenangriff an. »Wir bleiben einige Tage hier. Darf ich später auf Ihr Angebot zurückkommen? Heute will ich mir gerne den Tower ansehen, und es wäre langweilig für Sie, neben uns und den anderen Touristen in der Warteschlange zu stehen.« Mit einem tiefen Blick in Geoffreys Augen zog sie ihre Hand zurück. »Ich melde mich bei Ihnen. Versprochen. Vielleicht zu einem Abendessen?«
In den Augen des Anwalts blitzte es auf. Er übergab ihr seine Visitenkarte. »Nun haben Sie meine Handynummer. Und denken Sie daran, Versprechen bricht man nicht.«
»Ich werde es nicht vergessen.«
Thursfield Senior und Junior begleiteten sie bis zum Ausgang. Hinter der Sekretärin stand ein junger Mann, der sich grußlos umdrehte und in ein anderes Büro schlüpfte. Naomi sah nur noch sein Profil, bevor er aus ihrem Blickfeld verschwand. Obwohl sie nur einen raschen Blick auf ihn geworfen hatte, glaubte sie, ihn schon einmal woanders gesehen zu haben. Bevor Naomi weiter darüber nachdenken konnte, wandte sich Geoffrey Thursfield mit einer letzten, neugierigen Frage an sie. »Wo wohnen Sie in London? Falls sie noch eine Empfehlung benötigen ...«
»Danke. Wir besuchen alte Bekannte in West End.« Leandra suchte Naomis Blick. »Naomis Lieblingsfilm ist Notting Hill . Sie war ganz begeistert von dieser Ecke Londons.«
Thursfield lächelte, als sei er zufrieden, verabschiedete sich und erinnerte Naomi nochmals an ihr Versprechen.
Thursfield Senior nickte mehrmals mit dem Kopf. »Sollten Sie das Geheimnis noch lüften ...«
»Dann lassen wir es Sie natürlich wissen«, schnitt ihm Naomi das Wort ab. »Das sind wir Ihnen nach all den Jahren schuldig.«
Naomi zog ihre Großmutter mit sich um die nächste Straßenecke. »Du bist eine verdammt gute Lügnerin. Notting Hill ? Den Film habe ich nur dir zuliebe angesehen.«
Leandra lachte wie ein Schulmädchen, das man beim Tuscheln erwischt hatte. »Für dein Alter bist du auch nicht schlecht.« Ihre Augen funkelten vergnügt. »Der Junior wird sein Handy vermutlich sogar auf die Toilette mitschleppen.«
Naomi hakte sich lachend bei Leandra unter. Gemeinsam schlenderten sie nach Süden, bis sie auf die Victoria Embankment trafen, die in Richtung Innenstadt führte. Sie gingen an der Themse entlang, wo eine freie Parkbank direkt am Fluss stand, und setzten sich. Naomi sah ans andere Flussufer. »Was hältst du eigentlich von den beiden Anwälten?«
Leandra knetete ihre Hände. »Sie sind eine Spur zu neugierig und hilfsbereit. Man kann ihnen nicht trauen. Immerhin haben wir den Schlüssel.« Sie sah auf den gemächlich dahinfließenden Fluss hinaus. »Übrigens erscheint mir deine Hosentasche nicht der richtige Aufbewahrungsort zu sein. Gib ihn mir. Ich stecke ihn besser in die Handtasche.«
Naomi schüttelte den Kopf und klopfte auf ihre Jeans. »Der Schlüssel ist dort gut aufgehoben. Was denkst du, wie schnell dir jemand die Handtasche klauen kann.« Naomi drehte sich vielsagend um. Hinter ihrem Rücken hasteten Leute die Straße entlang. »Oma, was ich dir noch erzählen wollte. Gestern starrte mich so ein Typ bei unserer Ankunft am Hauptbahnhof an.«
»Ja, und?«
Naomi blickte nachdenklich auf die Themse. »Ich bin mir fast sicher, dass es sich dabei um denselben Kerl handelt, der vorhin im Anwaltsbüro so schnell verschwunden ist.«
»Ich habe im Büro niemanden bemerkt.« Leandra stand auf, drehte sich zu Naomi um und streckte sich umständlich. »Da bildest du dir was
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