Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
erklang. Naomi fröstelte instinktiv. Sie schlang die Arme um sich, als über ihr ein Meer aus Sternen aufleuchtete, und sie begriff, dass sie sich in einem Planetarium befand. Die Musik wurde lauter. Sie bemerkte Roman erst, als er nach ihrer Hand griff und den Liegestuhl neben ihr in die gleiche Liegeposition brachte. Mit der Fernbedienung wechselte er die unterschiedlichen Sternbilder, zeigte Filme über eine Sonnenfinsternis im Zeitraffer, die Ringe des Saturn und Bilder der Mondkrater. Die Weite des Weltraums mit dem Farbenspiel der verschiedenen Planeten, in Verbindung mit den dramatischen Klängen, trieben ihr die Tränen in die Augen. Naomi drückte Romans Hand, der nah an sie herangerückt war. Sie kuschelte sich an seine Schulter und genoss die faszinierenden Bilder. Roman strich ihr sanft über das Haar, beugte sich über sie und küsste sie. Naomi drängte sich an ihn, küsste ihn, schloss die Augen und ließ sich von der Musik treiben, bis sie jegliches Zeitgefühl verlor. Die Musik verklang. Die Wirklichkeit holte sie wieder ein. Verlegen löste sie sich aus Romans Umarmung. Sein liebevoller Blick ließ ihr Herz schneller schlagen.
Naomi lag in ihrem Bett, die Beine an die Wand gelehnt, und hatte das Gefühl, schwerelos zu sein. In Gedanken sah sie eine gemeinsame Zukunft mit Roman. Nach diesem Abend schien es ihr unmöglich, ohne ihn nach Deutschland in ihr altes Leben zurückzukehren. Bevor sie ihn kennen gelernt hatte, hatte sie sich glücklich geglaubt. Nun wusste sie, dass sie sich geirrt hatte. Sie rollte sich auf dem Bett zusammen, kuschelte sich in die Kissen und schlief mit einem glücklichen Seufzer ein.
*
Naomi streifte durch den Wald, bis sie die Lichtung mit der alten Ulme erreichte. Der Vollmond prangte am Himmel. Sie spähte durch die Äste und konnte ihre Umgebung deutlich erkennen, obwohl es Nacht war. Sie vernahm ein Flüstern, konnte jedoch die Worte nicht verstehen. Sie lauschte. Es war eine Männerstimme. Sie versuchte, Worte herauszufiltern. Das Flüstern wurde lauter, rief ihren Namen. Sie hörte es ganz deutlich. Jemand klopfte auf Holz. Erst leise, bis es zu einem Hämmern anschwoll. Naomi erschrak. Sie riss die Augen auf und bemerkte, dass sie in ihrer Wohnung war. Und noch etwas bemerkte sie; sie lag nicht in ihrem Bett, sondern vor der Küchenzeile auf dem Boden. Sie hatte geträumt. Obwohl sie wach war, rief immer noch jemand ihren Namen, auch das Klopfen war nicht verstummt. Naomi stand vom Boden auf und schüttelte den Kopf, um richtig wach zu werden. Das Pochen war an der Tür. Sie zog sich eine Strickweste über um nachzusehen. Neun Uhr. Wer mochte so früh an einem Sonntag vor ihrer Tür stehen? Sie öffnete die Haustür einen Spalt und lugte hinaus. Davor stand Karsten. »Was machst du denn hier?«
Karsten stemmte die Arme in die Hüften. »Was ist das denn für eine lausige Begrüßung? Willst du mich nicht hereinlassen? Es ist saukalt hier draußen.«
Naomi ging automatisch einen Schritt zurück, um Karsten eintreten zu lassen. Er warf seinen Rucksack auf das Bett, drehte sich zu Naomi, drückte sie an sich und wirbelte sie herum. »Die Überraschung ist mir gelungen. Du solltest dein Gesicht sehen!« Breit grinsend stellte er sie wieder auf die Beine.
»Träume ich noch oder bist du tatsächlich hier?« Naomi rieb sich die Augen. Karsten stand wirklich in ihrem Studio vor ihr. »Solltest du nicht in Spanien sein?«
»Ein Kaffee wäre nicht schlecht. Hast du welchen?« Karsten sah sich um, ging in die Küche und stöberte in den Regalen. Naomi stand wie vom Blitz getroffen da und sah zu, wie Karsten Kaffee aufsetzte.
»Warum hast du nicht angerufen?« Naomi schlüpfte in eine Jogginghose.
»Es wäre einfacher, wenn Madame ab und zu ans Telefon ginge oder wenigstens den Anrufbeantworter abhören würde.« Karsten suchte nach dem Telefon und drückte auf die Abspieltaste des Anrufbeantworters. Es waren mehrere Anrufe von Naomis Oma, ihrer Mutter und von Karsten aufgezeichnet. Naomi schluckte, als sie die besorgte Stimme von Leandra hörte, die dringend um einen Rückruf bat. Naomi ließ sich auf ihr Bett plumpsen und schüttelte den Kopf. Sie hatte in den vergangenen Tagen tatsächlich keinen Wert aufs Telefonieren gelegt. Noch zu gut hatte sie Leandras ängstliche Stimme im Ohr, als Naomi mit ihr gesprochen hatte und wegen Roman völlig verzweifelt gewesen war. Sie hatte ihrer Oma vormachen wollen, dass alles in bester Ordnung sei und mit keinem
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