Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
hast du angerufen. Der Mistkerl hat das Gespräch mit einem überheblichen Grinsen verfolgt und fragte mich nur, ob er es mir nicht gleich gesagt hätte. Am liebsten hätte ich ihm die Faust in dieses dämliche Gesicht geschlagen.«
»Es tut mir so Leid.« Naomi drückte Roman an sich.
»Du kannst ja nichts dafür.« Roman küsste sie zärtlich. »Ich bin so erleichtert, dass dir nichts geschehen ist. Aber du musst zum Arzt und zwar schnell.«
Naomi willigte ein. Sie erklärte, sie würde gleich am nächten Tag bei einem Neurologen einen Termin vereinbaren. Damit gab sich Roman zufrieden. Auf dem Bett eng aneinander gekuschelt gaben sie sich wortlos Trost für die vergangenen Stunden. Naomi war Roman dankbar für seine Reaktion. Er drängte sie zu nichts. Allerdings wollte er Kai kennen lernen. Naomi war sich sicher, dass Kai sich nicht versprechen und sich an die erfundene Geschichte halten würde. Es wäre gut, wenn Kai und Roman zusammenträfen. Immerhin waren beide wichtig für sie.
Naomi lag auf dem Bett, ein Hosenbein war hochgerutscht. Roman entdeckte die hässlichen Kratzspuren an ihren Waden, als er mit zwei Tassen Tee aus der Küche kam. Er stellte sie auf den Schreibtisch. »Die Wunden sollten eingecremt werden, damit sie nicht aufreißen.« Zärtlich fuhr er über die Kratzer. »Hast du Wund- und Heilsalbe da?«
Naomi nickte. »Im Badezimmer.«
Roman stand auf, ging ins Bad und kam mit der Cremetube zurück. Vorsichtig betupfte er die einzelnen Schürfwunden, verrieb langsam die Salbe und untersuchte jedes verschorfte Detail. Als er den Stoff höher schob, entdeckte er weitere Wunden über den Knien. »Es ginge einfacher, wenn du die Hosen ausziehen würdest.«
Naomi genierte sich plötzlich. Trotzdem hob sie den Hintern an, um die Hose nach unten zu schieben. Roman zog sie über ihre Füße und kümmerte sich weiter um die Wunden. »Tut es weh?«
Naomi schüttelte nur den Kopf, unfähig zu sprechen. Ihr ganzer Körper kribbelte. Sie genoss jede seiner Berührungen. Roman sah zu ihr auf, beugte sich über sie, streichelte ihr Gesicht und küsste sie. Erst behutsam, dann stürmischer. Nie gekannte Gefühle überwältigten Naomi. Sie ließ sich von der erwachten Leidenschaft mitreißen, verlor sich in ihr und überließ sich diesem Rausch der Liebe.
Sechszehn
Roman strich Naomi eine Haarsträhne aus der Stirn und küsste sie zum Abschied. Sie sah ihm zu, wie er die Tür schloss und räkelte sich genüsslich unter der Bettdecke. Sie spürte, wie sie lächelte. Eigentlich sollte sie selbst aufstehen. Sie zog Romans Kopfkissen zu sich. Es roch nach ihm. Herb und würzig. Sie vergrub ihr Gesicht in den Federn. Was für eine Nacht! Sie musste Alice anrufen, und Kai. Mit einem Satz war sie aus den Laken. Der Zettel mit Kais Nummer lag auf dem Schreibtisch. »Kai?«, fragte sie, als sich eine namenlose dunkle Stimme meldete.
»Naomi?«, fragte es zurück.
»Du hörst dich merkwürdig an. Ist alles okay?« Seine Stimme klang anders als am Vortag. Sie war sich sicher, dass es nicht nur am Telefon lag. »Was ist los?«
»Sag mir lieber, wie es bei dir lief«, antwortete er.
»Roman hat mir den Black-out geglaubt. Aber bei dir stimmt doch was nicht.« Naomi wollte endlich wissen, warum er so seltsam klang. »Soll ich vorbeikommen?«
Kai seufzte. »Nein, wirklich nicht. Ich bin nicht zu Hause. Lass uns später reden, ja?«
»Immer später«, maulte sie. »Lass mich dir doch helfen.«
Kai wiegelte ab. Er versprach, sie später anzurufen. Naomi blieb neben dem Telefon stehen. Sollte Kai sich nicht melden, würde sie bei ihm vorbeigehen. Dieses Mal würde sie nicht locker lassen. Doch erst war Alice dran. Nachdem sie ihr nicht erzählen konnte, sie sei bei Roman gewesen, musste sie ihr die gleiche Black-out-Geschichte wie Roman erzählen. Das war vermutlich auch besser. Immerhin kannten sich die beiden. Besser, sie bliebe bei dieser einen Lüge. So war die Gefahr, sich zu verstricken weniger groß.
»Alice, bist du schon auf dem Weg zur Uni?«, fragte Naomi.
»Das wurde aber auch Zeit! Du bist mir eine tolle Freundin. Mir nichts, dir nichts übers Wochenende abhauen und mich hier einfach alleine sitzen lassen.« Alices Stimme klang leicht verärgert, wobei Naomi sich nicht sicher war, ob Alice diesen Tonfall nicht nur vortäuschte.
»So war das nicht«, sagte Naomi. »Komm vorbei und ich erkläre es dir auf dem Weg zum Hörsaal.«
»Ich will jedes schmutzige Detail erfahren.« Alice lachte
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