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Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
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Urlaubes und um einen kleinen Gefallen.
    Ein Taxi brachte mich zu Otto. Da die Marktstände schon abgeschlagen hatten, hatte ich zwei Tüten Obst und Gemüse in einem Feinkostgeschäft teuer erstehen müssen. Mir war eigentlich nicht klar, was ich bei ihm wollte. Aber schaden konnte es auch nicht.
 
    Der Hund hatte den Wagen schon gehört und lief bellend nebenher. Als ich ausstieg, sprang er an mir hoch
    und versuchte mein Gesicht zu lecken.
    »Fritz, lass das«, quäkte Otto, der mit einem Eimer aus dem Schweinekoben kam.
    Er sah wieder so aus, wie ich ihn vom Marktplatz kannte. Schmutzig.
    »Ach, Sie schon wieder«, krächzte er an mir hoch. »Können Sie Fäden ziehen?«
    Ohne meine Antwort abzuwarten, stakste er ins Haus.
    Einen Augenblick war ich unschlüssig, was ich tun sollte. Eine Vorahnung sagte mir, dass dieser Schrat kein Verbandsmaterial im Haus hatte, und es kostete mich einiges, um dem Taxifahrer seinen Verbandskasten abzuluchsen.
    Mit den Tüten und dem Kasten folgte ich in die Stube. Es roch nach verbrannten Essensresten, überall lagen Kleider und Unrat herum. Ein Huhn flüchtete kreischend vor dem Hund von der Fensterbank ins Freie.
    Es war, als habe sich jemand zwischen meinem ersten Besuch und heute einen schlechten Scherz erlaubt und einfach die Kulissen gewechselt.
    Otto saß auf der Ofenbank, wieder wie ein Taschenmesser auf den Tisch gestützt, und nestelte an seinem inzwischen grauen Kopfverband.
    »Machen Sie mir den ab. Das juckt. Will nicht, dass sich das entzündet.«
    »Haben Sie Verbandszeug?«
    »Wozu? Das haben Sie doch vom Taxi. Also, worauf warten Sie?«
    »Haben Sie wenigstens einen Schnaps, um die Wunde zu reinigen?«, fragte ich in der gleichen Tonlage, während ich den Kasten nach einer Verbandsschere durchsuchte.
    Er griff unter sich und zog eine Flasche, wie ich sie aus der Pension kannte, aus den Holzscheiten hervor.
    »Brauchen Sie einen Schluck vorher?« Sein Lachen klang wie der Schrei eines Aasgeiers über der Beute.
    Nach zwanzig Minuten war die Prozedur beendet. Die Wundränder hielten auch ohne Fäden. Im Kasten hatte ich noch eine Salbe gefunden, die zwar schon über das Verfalldatum hinaus, aber besser als nichts war.
    Otto betrachtete mein Werk, seine blutunterlaufene Stirn und Augenbraue in einem Hackbeil, das er zuvor mit dem Ärmel abgewischt hatte.
    »Sie taugen ja was«, bemerkte er und machte sich über meine Tüten her.
    Das teure Gemüse stopfte er achtlos in einen Eimer, das Obst breitete er vor sich auf dem Tisch aus.
    »Ist nicht vom Markt«, murmelte er. »Die haben nicht so teures Zeug.«
    Vorsichtig nahm er eine Kiwi und betrachtete sie. Mit seinem Daumennagel kratzte er die Pelle an der Fruchtseite ab und lutschte sie, wie man ein rohes Ei aussaugt.
    Die Haut wog er in seiner Hand. »Ob ich es noch jemals schaffe, in deine Heimat zu kommen?« Dabei streichelte er sie wie das Fell einer toten Maus. Sein Blick war traurig. »Waren Sie je in Neuseeland?«
    Ich verneinte.
    »Als junger Mann war das mein Traum, bis das da kam.« Er machte eine leichte Kopfbewegung, um zu verdeutlichen, dass er sein Gebrechen meinte. »Es waren schlechte Zeiten damals. Meine Familie war arm, und ich träumte davon, auf einer Plantage mit diesen Früchten zu arbeiten.«
    Er betonte das »mit« so, dass ich es den Früchten zuschlagen musste. Es klang wie »mit meinen Freunden, den Kiwis, zu arbeiten«.
    »So was schmeißen sie nicht weg. Finde nie welche. Machen sie Saft draus.«
    Ich schämte mich, nur drei Kiwis gekauft zu haben. Der Rest bestand aus polierten Äpfeln, ausgesuchten Bananen und ein paar Birnen.
    »Erzählen Sie. Was gibt es auf dem Markt Neues?«
    Lieber hätte ich ihm ein paar Fragen gestellt, befürchtete aber, dass er wieder zuklappte wie eine Auster. So erzählte ich von dem Krieg, der zwischen den Wirten auszubrechen drohte, und welche Konsequenzen daraus für den ganzen Platz entstehen konnten.
    Er entpellte wieder eine Kiwi und genoss sie auf die gleiche Weise wie die erste. Den leeren Pelz legte er behutsam wie ein schlafendes Wesen neben den anderen.
    »So, so. Die haben mal wieder Krach«, knurzte er. »Es ist seit Jahren das Gleiche. Wenn sie sich nicht über mich ärgern können, dann gehen sie aufeinander los. Wird Zeit, dass ich wiederkomme.«
    Seine Augen verwandelten sich wieder ins Schelmische.
    »Tun Sie mir einen Gefallen?« Er nahm meine Hand zwischen seine knorrigen Finger. »Wenn ich wiederkomme, legen Sie mir nur zwei Kiwi in den

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