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Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
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Platz. Die Spitzen der Seitenschifftürmchen krochen wie angriffslustige Lanzenspitzen über das Pflaster auf die Lokale zu.
    Ohne es geplant zu haben, fand ich mich beim Kroaten wieder. Der wiederum kam mir heute nicht so griesgrämig vor, wie ich ihn von gestern Abend in Erinnerung hatte.
    »Hallo.Schön, dass Sie mal reinschauen«, begrüßte er mich mit einem breiten Lächeln und rief einer dunkelhaarigen Frau hinter dem Tresen etwas in seiner Sprache zu.
    »Bitte, nehmen Sie hier Platz«, forderte er mich auf.
    Es war wohl der Stammplatz der Familie, denn auf der Bank lagen Kinderspielzeug, Zeitungen, Strickzeug, an dessen Nadeln ein halbfertiger Kinderpullover steckte, und Papiertaschentücher. Das Lokal war weniger steril eingerichtet als das beim dicken Wirt. Bunte Madonnen mit flackerndem Kunstlichtfeuer im Hintergrund zeugten ganz offiziell vom Glauben der Familie. Fischernetze mit Plastikfischen, Glasbojen und Fotos von Dubrovnik versuchten Urlaubsstimmung zu verbreiten.
    Die Frau stellte eine Karaffe mit Rotwein und zwei Gläser auf den Tisch, lächelte freundlich-schüchtern und verschwand wie ein flüchtiges Reh wieder hinter dem schützenden Tresen, um weiter Gläser zu polieren.
    »Boras«, stellte sich der Kroate vor und nahm Platz. Er goss die Gläser voll und prostete mir zu. »Auf die Freundschaft.«
    Schweigend erhob ich mein Glas und nippte.
    Was wollte ich eigentlich hier? Meine Gedanken kreisten um ein Buch, ein Dokument, das irgendein Unheil heraufbeschwor.
    » ...hier fehlt was ... «, klangen die Worte von Gerster in mir nach, die der Professor gesagt haben sollte. Hatte der Professor das fehlende Stück gefunden, und wenn, wo war es jetzt, oder war es wirklich nur ein Unfall gewesen?
    »Sagen Sie, Boras. War Professor Solvay, der Organist, öfter hier?«
    Er überlegte nicht lange. »Ja, er kam täglich. Mittags zu diesem Nazi nebenan und abends zu mir. Warum?«
    »Hat er mal von einem ›Unheil‹ gesprochen?«
    Sein Gesicht verfinsterte sich.
    »Ja. Sehr oft. Aber alle haben ihn für einen Spinner gehalten, bis ...«
    »Bis was?«, drängte ich.
    »Bis zu seinem Unfall. Da wurde mir klar, was er mit den Andeutungen gemeint hat, und dieser Abend gestern ...«
    »Was haben die Andeutungen des Professors mit dem gestrigen Abend zu tun?«
    Boras druckste herum und spülte seinen Wein in einem Zug hinunter. Er beugte sich zu mir und flüsterte: »Er hat prophezeit, dass es eine Katastrophe am Münster geben wird.«
    »Das weiß ich«, flüsterte ich zurück, obwohl außer uns und der Frau niemand im Raum war.
    »Was Sie nicht wissen, da waren Sie schon weg, im gleichen Maß, wie man den anderen die Pacht erhöht hat, hat man den Übrigen, also auch mir, die Nebenkosten gesenkt.«
    »Ist doch schön«, antwortete ich mehr aus Reflex, wohl wissend,was das bedeutete.
    »Das ist gar nicht schön. Was wir dadurch sparen, müssen wir jetzt in zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen stecken. Wir können nicht mehr ruhig schlafen. Kein Stuhl, kein Tisch darf nachts mehr draußen bleiben. Die Blumenkästen müssen jeden Abend reingeschleppt werden. Wie wir die riesigen Sonnenschirme schützen, weiß noch keiner von uns. Wir werden wohl einen teuren Wachdienst über Nacht anheuern müssen. Verstehen Sie? O Maria hilf!«
    Er erhob die Hände und Augen zu der Statue, die hinter mir in die Wand eingelassen war.
    Und wie ich verstand. Jemand versuchte massiv, die Wirte gegeneinander aufzuwiegeln.
    »War Otto heute schon auf dem Platz?«, fragte ich im Hinausgehen.
    »Otto? Nein. Hab ihn gestern und heute nicht gesehen.«
 
    Die nächsten Stunden wanderte ich ziellos in der Altstadt umher. Jeder Versuch, mich gedanklich der Situation zu nähern, scheiterte daran, dass etwas Entscheidendes fehlte.
    Irgendwer oder -was wollte einen Krieg am Münster. Aber wem nutzte das? Weder den Wirten noch den Verwaltungen, und der Bank schon gar nicht. Jemand stand hinter und über allem.
    Die Kirche? Der Gedanke war zwar bestechend, aber hier fand ich schon gar keine Logik.
    Schutzgelderpressung? Könnte sein. Aber ich verwarf auch das, denn die Verwaltungen bestimmten die Pachten und Nebenkosten und würden sich kaum auf kriminelle Machenschaften einlassen, zumindest nicht auf solch vordergründige.
    Wer stand hinter den Verwaltungen? Sie waren zwar laut Gerster als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, aber wer war Eigentümer der Verwaltungen. Doch die Kirche?
    Ich rief die Redaktion an, bat um Verlängerung meines

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