Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
rührte in seinem Espresso und verfolgte die Schaumkringel, die sich hinter dem Löffel bildeten.
»No, Signore Arschloch«, murmelte er, ohne den Wirt anzusehen. »Du warst es doch, der mir letzten Sommer das Gesundheitsamt auf den Hals geschickt hat, nur weil ich deiner Bedienung – die beste, die du jemals hattest – ein besseres Angebot gemacht habe. Und weißt du was? Sie hat mir gesagt, dass du impotent bist.Ich halte meine Preise. Basta.«
»Ich auch. Vielleicht kann ich noch etwas mit dem Essen runtergehen«, fügte der Grieche hinzu.
Der Wirt sprang auf, wobei sein Stuhl umfiel, und zog eine Fratze, die nichts Gutes verhieß. »Ich werde euch hergelaufenem Pack noch zeigen, wo es langgeht! Mein Lokal ist seit hundert Jahren nur von Deutschen betrieben worden. Aber ihr Gesindel nutzt eure Konzession als Deckmantel für eure schmutzigen Geschäfte. Mädchenhandel, Rauschgift und was weiß ich noch alles. Jetzt ist Schluss. Ich werde es euch Gesindel zeigen. Mich macht ihr nicht fertig. Eher beißt ihr ins Gras ... Der Professor hatte doch recht ...«
Mit rotem Kopf warf er seine Serviette dem Türken ins Gesicht und stürmte aus dem Saal.
Da war er wieder, der Professor. Seine Prophezeiung nahm Gestalt an. » Achten Sie in den nächsten Tagen auf ... «
Herr Gerster gab mir zu verstehen, dass es jetzt besser wäre, auch zu gehen. Ich gab ihm recht. Die drei Kulturen steckten ihre Köpfe abweisend zusammen. Wir waren als Beobachter nicht mehr erwünscht.
»Ist das immer so?«, fragte ich Herrn Gerster, als wir auf der Heimfahrt waren.
In der Dunkelheit konnte ich seine Mimik nicht sehen, aber er lächelte.
»Nein. Schlimmer. Die haben sich wegen Ihnen zurückgehalten. Es herrscht Mord und Totschlag ums Münster.«
»Warum hassen die sich? Ziehen doch alle am gleichen Strang, und eigentlich macht doch keiner dem anderen Konkurrenz.«
Im Schein einer Ampel sah ich Herrn Gerster mit dem Kopf nicken.
»Stimmt. Eigentlich tun sie das. Aber jemand im Hintergrund will nicht, dass es Ruhe gibt.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»So ein Gefühl. Der Professor hatte es auch.«
»Sie meinen ...«
»Genau. Der Professor war etwas oder jemandem zu nahe gekommen.«
»Mord?«
Ich erhielt keine Antwort, also ging ich zum Angriff über.
»Warum haben Sie so ein Interesse daran? Sie geht das doch da draußen in Ihrem Gasthof alles nichts an. Was sollte ich in diesem Spiel, und was sollte die Masche mit dem Berater? Das passt mir nicht. Oder glauben Sie, dass ich den Bankdirektor beeindruckt habe? Habe eher den Eindruck, dass er Sie jetzt erst recht nicht mehr ernst nimmt.«
Wir hatten die Stadtgrenze passiert, und Herr Gerster gab Gas.
Er parkte den Wagen hinter der Pension und stellte den Motor ab.
»Sie wissen jetzt genauso viel wie ich. Nur können Sie als Unbeteiligter anders agieren als ich und der Prof ...« Er brach ab und stieg aus.
Frau Gerster saß in der Stube und machte Buchhaltung.
»Hallo. Schon zurück? Werden Sie nie Wirt oder so etwas. Dieser Papierkram bringt mich noch um. Lieber backe ich zehn Torten. Wo ist mein Mann?«
Ich setzte mich zu ihr an den Tisch. »Glaube, der will aus dem Anzug raus.«
»Der will immer aus allem raus. Am liebsten wäre es ihm, den ganzen Tag im Stadtarchiv zu verbringen. Aber seit der Professor tot ist, hat er kein Alibi mehr. Sie verstehen? Er kann sich nicht mehr hinter jemandem verstecken, der ihn beauftragt hat, Überstunden zu machen. Na ja. Hat auch sein Gutes. Seither kümmert er sich mehr ums Haus.«
»Sind Sie sicher, dass es Professor Solvay war?«, hakte ich nach.
Sie überlegte einen Moment. »Ich denke schon. Habe meinen Mann nie nach dem Namen gefragt. Aber es gibt doch nur einen Musikprofessor, oder?«
Mit einer Flasche Wein bewaffnet zog ich mich früh aufs Zimmer zurück und versuchte mich mit dem Fernseher abzulenken. Ich musste mir darüber klar werden, ob ich diese Angelegenheit als journalistischen Fall verfolgen wollte, dann musste ich die Redaktion informieren, dass ich noch ein paar Tage länger bleiben wollte, oder die verbleibenden Tage als das zu nutzen, wofür sie gedacht gewesen waren. Urlaub zu machen.
Viel sprach nicht dafür zu bleiben.
Herr Gerster sagte nicht die Wahrheit oder verdrehte zumindest etwas. Der Krieg der Wirte schien nicht neu zu sein und ebenfalls zum Bestandteil des Münsterplatzes zu gehören, Otto wollte nichts sagen,und der Professor konnte nichts mehr sagen.
Ohne zu wissen, wem oder was der
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