Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters
ganz ohne Audienz. Auch ein Erzbischof ist nur ein Mann mit Schwächen.«
Sie ging telefonieren und kam schmunzelnd zurück. »Sie werden ihn um achtzehn Uhr im Café treffen. Vorher sollten Sie nichts mehr essen.«
Mein Interesse, wie sie es in so kurzer Zeit geschafft hatte, ein Treffen zu arrangieren, wimmelte sie mit einem »Lassen Sie sich überraschen« ab.
»Alles vorbereitet?«, fragte sie Margot, als wir kurz vor sechs Uhr das Café erreichten.
Die strahlte. »Auf die Minute fertig. Gerd soll sich schon mal setzen.«
»Also«, hob Frau Hofmann an, nachdem sie mir einen Platz im hinteren Teil des Cafés angewiesen hatte, »der Erzbischof ist ein Genießer. In der ganzen Stadt bekommt er kein Omelette surprise. Das gibt es nur hier auf Vorbestellung und mindestens für zwei Personen. Sonst lohnt es sich nämlich nicht. Und Sie haben ihn dazu eingeladen.«
Mein ratloses Gesicht brachte beide zum Lachen, und Margot erklärte mir, was ein Omelette surprise ist.
Ein Biskuitteig gefüllt mit verschiedenen Eissorten, flüssiger Schokolade, Vanille und sonstigen nahrhaften Zutaten, überbacken mit einer Eiermasse.
»Und das ist die Kunst«, erklärte Margot, »dass beim Backen das Eis nicht schmilzt. Das beherrscht hier in der Gegend sonst niemand.«
»Aha. Und damit habt ihr den Erzbischof aus dem Münster gelockt?«
Ich konnte mir das Gebilde zwar nicht vorstellen, das als Köder dienen sollte, aber mir konnte es nur recht sein.
Mit dem Glockenschlag erschien der Kirchenfürst. Formvollendet begrüßte er die Damen und ließ sich von der Seniorchefin an meinen Tisch geleiten.
»Sie sind der Wohltäter meines Gaumens, dem ich diese Einladung verdanke«, strahlte er und verbeugte sich. »Wir haben uns doch schon mal gesehen.«
Ich nickte und bat ihn Platz zu nehmen. »Ja, auf der Orgelempore.«
»Ach ja. Erinnere mich ...«
Margot brachte auf einer Silberplatte etwas, was wie ein überbackener Karpfen von mehreren Pfund aussah und mit brennenden Wunderkerzen gespickt war.
Der Erzbischof faltete die Hände und schnalzte mit der Zunge. Da ich nicht wusste, wie man mit diesem Monstrum von Omelette umging, bat ich ihn, zuerst zuzugreifen.
»Der Herr wird mir verzeihen«, murmelte er und stach sich mit dem Löffel eine große Portion herunter. »Wissen Sie, dass diese Sünde ausgerechnet in der Fastenzeit entstanden ist?«
Ich verneinte und nahm mir eine kleine Menge.
»Ja, zu allen Zeiten sind die besten Nahrungsmittel entstanden, um Gottes Gebote während der Fastenzeit zu befolgen und trotzdem dagegen verstoßen zu können.« Sein Gesicht verklärte sich mit jedem Bissen mehr. »Das Bier ist so ein Produkt. Alkohol war in der Fastenzeit verboten. Da hat man es kurzerhand zum Nahrungsmittel erklärt. Oder die schwäbischen Maultaschen. Fleisch war auch untersagt, da hat man es einfach in Teig verpackt. Und dieses Omelette umgeht geschickt das Gebot, keine Süßigkeiten zu essen. Eierspeisen waren erlaubt. Was da drin war, konnte der Herr nicht sehen –glaubte man.«
Er lachte wie ein Lausbub, der selbst gerade dabei war, dem lieben Gott einen Streich zu spielen.
Gut, dass ich Frau Hofmanns Rat befolgt hatte, vorher nichts zu essen. Nach einer Portion streikte mein Magen. Der Erzbischof musste schon vier Wochen gefastet haben, denn er schaffte es, den Rest genüsslich in sich hineingleiten zu lassen.
Margot servierte Mokka mit Cognac und murmelte: »Vom guten.«
»Nun gut«, murmelte der Kirchenmann und lehnte sich zufrieden zurück, »diese Art der Bestechung lasse ich mir gefallen. Also, was wollen Sie? Sie haben die einzigartige Gelegenheit, einen als pressefeindlich verschrienen Erzbischof zu befragen.«
Ich überlegte einen Moment, wie ich anfangen sollte, denn ich hatte mit einer Ablehnung oder zumindest mit einem größeren Widerstand gerechnet.
Ich schrieb die Namen auf eine Serviette und schob sie ihm hin. »Was haben diese Leute alle gemeinsam?«
Er ging die Namen durch und lächelte. »Es ehrt mich, meinen Namen ganz oben vermerkt zu sehen.«
Es vergingen endlose Sekunden des Schweigens, dann riss er seinen Namen heraus.
»Mich vergessen Sie mal dabei. Meine Stellung ist durch das Kirchengesetz genau definiert. Ich bin nichts anderes als ein Abteilungsleiter des Unternehmens Kirche.
Dieser Otto ist ein ständiges Ärgernis. Letzte Woche musste ich ihn eigenhändig vor die Tür setzen, weil er an einen Opferstock urinierte.
Der Professor war ein sehr guter Organist, aber auf
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