Im Schatten des Palazzo Farnese
begreifen, daß Laura Valhubert mit all ihrem großartigen Charme, den sie wer weiß woher nimmt, nur eine Idee ist, nur ein Blendwerk, nur ein Bild.«
»Wenn Sie nicht mehr fähig sind, einen Unterschied zwischen Laura und einem Bild zu machen, dann tun Sie mir leid, Monsieur Valence. Das Leben dürfte nicht gerade lustig für Sie sein.«
Valence preßte die Lippen zusammen.
»Weißt du über ihre Geschäfte mit dem Doryphorus Bescheid, da sie ja keine Geheimnisse vor dir hat?«
»Ich weiß über gar nichts Bescheid. Laura treibt keinen Schwarzhandel.«
»Du lügst, Tiberius. Du weißt Bescheid.«
»Scheren Sie sich zum Teufel.«
»Was würde das ändern?«
»Was wollen Sie bloß von Ihr? Natürlich wollen Sie sie vernichten. Und wie wollen Sie das anstellen? Na? Sie verlieren Ihre Zeit. Laura war in Frankreich! Und Gabriella kann man nichts beweisen.«
Valence blieb stehen.
»Junger Kaiser«, sagte er leise, »Laura Valhubert war nicht in Frankreich.«
Tiberius wandte sich abrupt um und klammerte sich an Valences Arm.
»Sie Dreckskerl! Sie war in Frankreich! Alle Berichte haben das gesagt«, flüsterte er.
»Sie war am späten Nachmittag in Frankreich. Sie war am nächsten späten Vormittag in Frankreich. Die Verwalterin hat ihr kurz nach zwölf das Frühstück ins Schlafzimmergebracht. Bedeutet das, daß sie die Nacht über in Frankreich war?«
»Natürlich!« keuchte Tiberius.
»Natürlich nicht. Das Landhaus der Valhuberts liegt nur zwanzig Kilometer vom Flughafen Roissy entfernt. Gegen sechs Uhr abends hat Laura Valhubert das Haus verlassen und der Verwalterin mitgeteilt, sie werde auswärts essen und spät nach Hause kommen – was sie übrigens häufig tut. Gegen halb zwölf sieht die Verwalterin, wie das Licht im Wohnzimmer und kurz darauf im Schlafzimmer angeht, gegen zwei Uhr morgens geht das Licht dann aus. Zu dieser Zeit ist Laura Valhubert bereits in Rom eingetroffen, und zwar mit der Zwanzig-Uhr-Maschine, die exakt um 22 Uhr in Rom gelandet ist. Sie hat genügend Zeit gehabt, um halb zwölf auf der Piazza Farnese zu sein, wahrscheinlich von Gabriella darüber informiert, daß Henri seinen Sohn auf dem Fest suchen würde. Die betrunkene Menschenmenge macht ihr die Dinge erheblich leichter. Sie bringt ihn um. Für den Rückweg nimmt sie die Morgenmaschine, die sie um zehn nach elf in Roissy absetzt. Mittags läutet sie der Verwalterin, damit diese ihr das Frühstück bringt.«
»Und das Licht in den Zimmern?«
»Eine Zeitschaltuhr, Tiberius. Es ist so einfach. Es sind mehrere im Haus vorhanden, um sich gegen Einbrecher zu schützen.«
»Dreckskerl!«
»Natürlich hat sie für die Reise einen falschen Namen angegeben. Mit den falschen Papieren, die ihr wohl der Doryphorus besorgt, falls es einmal Schwierigkeiten gibt, ist das nicht sehr schwer. Sie wußte, wann Henri nach Rom fliegen wollte, sie hatte genügend Zeit, ihre eigene Reise zu planen. Erste Erkundigungen haben ergeben, daß sich jemand an eine große brünette Frau erinnert, die andem Tag die Morgenmaschine verlassen hat. Sie ist erledigt. Sie ist erledigt, Tiberius.«
»Es gibt keine Beweise!«
»Ich habe mehrfach und lange die Verwalterin befragt. Sie hat die beiden Zeitschaltuhren für das Licht im Haus überprüft. Die dort eingestellten Zeiten stimmen mit ihren Beobachtungen überein. Ein kleiner Fehler von Laura Valhubert, siehst du. Als die Verwalterin am Morgen putzen kam, ist ihr außerdem noch aufgefallen, daß das Kaminfeuer nicht abgedeckt worden war, was Madame Valhubert gewöhnlich jeden Abend tut. Und schließlich haben die Nachbarn von gegenüber das Auto am Abend nicht mehr gehört, sind sich aber sicher, bemerkt zu haben, wie es gegen Viertel vor zwölf am nächsten Tag in der Auffahrt bremste. In dieser Nacht war Laura Valhubert nicht in Frankreich.«
»Nein! Sie irren sich. Warum hätte sie sich die Mühe machen sollen, nach Rom zu fahren, um ihn umzubringen? Es wäre einfacher gewesen, es in Paris zu tun, nachdem sie die Berichte gelesen hatte, oder?«
»Denk doch mal eine Minute nach, Tiberius. In Paris hatte sie keine Möglichkeit, für ein derart perfektes Alibi zu sorgen. Ein Alibi, das übrigens alle geglaubt haben, außer mir. Verstehst du, sie mußte auf Rom warten. Sie ist erledigt, ich sag es dir.«
»Und das macht Ihnen nichts aus?« brüllte Tiberius.
»Doch. Ein bißchen«, sagte Valence.
»Trotzdem sind Sie zufrieden, stimmt’s?«
Valence zuckte mit den Schultern.
»Mythen müssen
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