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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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behalten.«
    »Er muß einen guten Grund für sein Schweigen gehabt haben, und bestimmt ist es nicht die Angst, selbst umgebracht zu werden. So wie ich den Mann einschätze, mangelt es ihm nicht an Mut. Dafür ist er fähig zu tiefer Anhänglichkeit, siehe das Beispiel Gabriella oder der drei jungen Männer, die sich unter seine Fittiche begeben haben.«
    »Oder Laura Valhubert.«
    »Natürlich. Außerdem hat er durch seine lange Tätigkeit im Beichtstuhl offensichtlich eine ganz persönliche Vorstellung von Gerechtigkeit wie von Gut und Böse entwickelt. Was wir Komplizenschaft nennen würden, würde er als Wahrung des Beichtgeheimnisses bezeichnen. Ich denke mir, daß für ihn Fehler direkt mit der göttlichen Allmacht verhandelt werden können, ohne über ein irdisches Gericht zu laufen. Aus all diesen Gründen halte ich ihn für fähig, zu schweigen, um jemanden zu schützen, der ihm am Herzen liegt. Und ich befürchte, daß nichts dieses hartnäckige Schweigen erschüttern kann.«
    »Wen sollte er beschützen?«
    Ruggieri breitete seufzend die Arme aus.
    »Der Bischof hat viele Freunde, mehr kann man nicht sagen.«
    »Wie sieht Ihr Programm aus?«
    »Um fünf nehmen wir eine Hausdurchsuchung bei Maria Verdi vor. Hier ist die Adresse, falls es Sie interessiert. Sie hat keine Familie, keine engen Freunde, kurz, niemanden in ihrer Umgebung, den man befragen könnte. Was wollten Sie mir heute morgen so Wichtiges sagen?«
    Valence lehnte sich zurück. Laura Valhuberts Koffer, bei der Hinfahrt leicht und bei der Rückfahrt schwer. Ihr gefälschtes Alibi am Mordabend, die Berichte des Detektivs Martelet. Er neigte dazu, das alles für sich zu behalten, denn einstweilen sah er in dieser Konstruktion keinen Platz für die Leiche von Maria Verdi, auch wenn Laura sichzur Tatzeit durchaus in der Nähe befunden hatte. Vielleicht würde das noch kommen.
    »Nichts Bedeutendes weiter«, sagte Valence.
    »Jetzt fangen Sie also auch noch an zu schweigen? Das ist ja eine wahre Manie. Alle leiden hier allmählich unter Gedächtnisverlust.«
    »Regen Sie sich nicht auf, Ruggieri.«
    »Ich rege mich auf, wann ich will. Sie haben nicht das Exklusivrecht, sich aufzuregen.«

26
    An eine Straßenlaterne gelehnt, wartete Tiberius vor dem Polizeibüro auf Valence.
    »Hast du heute schon was gegessen?« fragte ihn Valence.
    »Ja, aber ich könnte schon wieder.«
    »Dann komm mit. Vor der Hausdurchsuchung bei Maria Verdi habe ich eine gute Stunde Zeit. Verfolgst du mich auch da hin?«
    »Ich glaube nicht. Ich habe eine Verabredung.«
    »Paß auf, Tiberius. Ich habe den Gedanken an Laura Valhuberts Schuld nicht aufgegeben, ganz im Gegenteil.«
    »Sehr gut. Dann komme ich.«
    »Diese Beschattung ist die beste, die ich je erlebt habe.«
    »Sind Sie schon mal beschattet worden?«
    »Noch nie.«
    Richard Valence und Tiberius kamen zu spät und ohne Eile zur Hausdurchsuchung beim Heiligen-Gewissen-der-Archive. Sie hatten sich auf einer Café-Terrasse an der Piazza Santa Maria in Trastevere aufgehalten, wohin Tiberius Valence mit dem Argument geführt hatte, das sei ›der blöde kleine Platz, den er mochte‹. Ohne sich abzusprechen, hatten sie jegliche Diskussion über den Fall beiseite geschoben und anderthalb Stunden damit verbracht, die Frage zu entscheiden, welches Getränk am besten und in kürzestmöglicher Zeit mit dem größten Vergnügen den Durst lösche. Wir dürfen immer nur einen Parameter verändern, sagte Tiberius, sonst bringen wir alles durcheinander.Wir können beschließen, die Frage der Farbe der Flüssigkeit gesondert zu prüfen, oder die Frage des Sprudelns oder die Frage nach der Bitterkeit. Durch das Sprudeln verliert man Zeit beim Trinken, bemerkte Valence. Das stimmt, räumte Tiberius ein, als sie die Gruppe Polizisten erreichten, die das Haus des Heiligen-Gewissens abriegelten, aber was beweist, daß es die Absorptionsgeschwindigkeit ist, die den Durst löscht? Nichts. Wir haben das als Ausgangspostulat hingestellt, aber wir haben es nicht bewiesen.
    »Warte einen Augenblick auf mich«, sagte Valence und hielt ihn am Arm zurück. »Hier passiert etwas Außergewöhnliches. Bleib da, es ist dir nicht gestattet, mich zu begleiten.«
    »Sie brauchen mir nicht zu sagen, daß ich warten soll«, erwiderte Tiberius und lehnte sich an ein Auto. »Solange Sie nicht von Laura ablassen, werde ich nicht von Ihrer Seite weichen, denn ich vertraue Ihnen nicht.«
    »Ausgezeichnete Vorkehrungen, Tiberius.«
    Valence lief rasch zum

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