Im Schatten des Ringes
starr vor Angst.
„Baltsar ist mein Mehr-als-Freund“, meinte ich, „aber du …“
„Vertraut mir ebenso, wie ich Euch vertraut habe.“ Wir gingen weiter. „Wenn Ihr immer noch meine Sprache erlernen wollt, dann werde ich sie Euch lehren … heimlich.“
„Und wenn ich mit jemandem darüber rede, wirst du meinen Traum verbreiten, nicht wahr?“
„Ich wollte nicht, daß es klingt wie eine Erpressung.“ Dann lachte er. „Unbewußt habe ich es vielleicht doch so gesehen; ich weiß es nicht. Ich wollte eigentlich nur zeigen, daß Baltsar mir sein Vertrauen schenkt.“
„Welches du mißbraucht hast, indem du mir verrietest, daß er meinen Traum kennt.“
„Euer Geheimnis bleibt Euch erhalten“, sagte er und wies meine Beschuldigung zurück. „Vorwiegend hoffte ich, Euch eine Freude zu machen, indem ich Euch erzählte, daß er oft an Euch denkt, von Euch redet. Ich glaube kaum, daß es Verrat ist, wenn man seinen Interessen entgegenkommt, selbst wenn er noch nicht so richtig weiß, wo seine Interessen wirklich liegen und was für ihn das beste ist.“
„Meintest du gerade, Baltsar liebt mich?“ Machte Teon sich etwa über mich lustig?
Teon nickte. „Ich kenne den Mann sehr gut. Liebe kann die einzige Erklärung für sein Verhalten sein.“
„Welches Verhalten?“
„Einige Dinge sollten einem doch heilig sein.“ Sein Grinsen erschien plötzlich viel menschlicher, seine Augen wirkten viel weniger sonderbar, wenn er sich über irgendwas amüsierte.
Gefühle, die ich bis zu Teons unerwartetem Erscheinen zu verdrängen versucht hatte, ließen mein Herz wieder in einer Weise schlagen, wie ich es bereits aus der Zeit kannte, als ich sehnsüchtig an den Kaufmann dachte. „Du behauptest also, daß Baltsars Interessen ohne seine Zustimmung weder fair noch richtig sind.“ Innerlich freute ich mich jedoch.
„Das stimmt wohl, Pfadfinderin. Allerdings ist es eine sehr menschliche Schwäche, so etwas für jemanden zu tun, den man liebt. Bedenkt doch, wie Baltsar Euch davon abhalten wollte, meine Sprache zu lernen, und zwar trotz Eures Protests.“
„Er befürchtet, daß die Tempelhüterinnen davon erfahren könnten.“
„Natürlich, er macht sich Sorgen um Euch. Ich fürchte um Baltsars Wohlergehen, wenn …“ Teon verschränkte die Arme über der Brust und schaute mich mit betontem Ernst an. „Ich glaube, Ihr habt die Macht, ihn zu vernichten. Nach dem Geheimnis des Gottesfeuers zu forschen, bringt Euch und vielleicht auch die in Eurer Umgebung in ernste Gefahr. Baltsar weiß das wohl, jedoch nehme ich an, daß er der Versuchung nicht widerstehen kann.“
„Allerdings hat mein Traum die ganze Zeit doch wohl nicht zwischen uns gestanden“, wandte ich bestürzt ein.
„Nicht so, wie Ihr vielleicht meint“, schränkte Teon ein. „Er ist ein Mann mit … Ehrgeiz.“
Ich schüttelte den Kopf. „Er muß über den Traum des Königs mehr wissen, als er mir bisher verraten hat.“
„Zweifellos“, pflichtete Teon mir bei. Wenn auch Teon mehr darüber wußte, würde er mir ganz sicher nichts erzählen.
„Ich werde Baltsar Gesellschaft leisten“, äußerte ich meine Absicht und nickte in Richtung der Fjordmündung. „Doch ehe ich mich auf den Weg mache, bitte ich dich, mir einige Worte aus deiner Sprache zu sagen.“
„Ich vertraue Euch, daß Ihr nicht darüber reden werdet. Mein Herr hat seinen Standpunkt eindeutig dargelegt.“
„Vertrauen ist die Grundlage jedes Erfolgs.“
Und so fing ich an, die seltsame Sprache der Sklaven zu erlernen, Grundlage der Verständigung zwischen Tieren, die aus dem Nichts zu stammen scheinen.
Da er den Ort für die Anlage eines Hafens festgelegt und Pläne für einen ersten nautischen Ausflug gemacht hatte, war Baltsar während unserer Rückkehr in die Stadt in strahlender Laune. Das freute mich um so mehr, als er während unserer Reise ausgesprochen mürrisch gewesen war, ausgenommen die Augenblicke voller Zartheit, wenn er glaubte, ich dächte voller Trauer an meine Familie und deren Hinscheiden.
„Laß uns den Anlaß mit einem ganz speziellen Nektargebräu feiern“, lud er mich ein, als wir uns seinem Zuhause näherten.
Ich hatte schon früher mit ihm gefeiert und dabei festgestellt, daß ich mich in Anwesenheit seiner Kurtisane überaus unwohl fühlte. Mir ging diese Aufmerksamkeit, mit der sie all seine Wünsche schon zu erfüllen suchte, ehe er sie äußern konnte, auf den Geist. „Nein“, lehnte ich ab, „ich habe meine Arbeit schon zu
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