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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Kahi
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die bis zum Knorpel gespalten waren. «Er hat doch nicht etwa Kreolen getragen?»
    «Und der Täter hat sie ihm bei seinem Angriff herausgerissen?» Gunnar Norberg wiegte den Kopf. «Unsere neue Amtsärztin kann dir dazu bestimmt mehr sagen. Oder zweifelst du etwa auch an ihrem Menschenverstand?»
    Geigy grunzte etwas Unverständliches.
    «Ich weiss nur eines sicher», fuhr Norberg fort, «Chris Morton hat sich nicht selbst aufs Wasserrad gelegt.»
    «Heilandsack, jetzt spuck schon aus, was dir auf der Zunge liegt! Nicht, dass du daran erstickst. Wenn’s auch kein grosser Verlust wäre.»
    «Schon gut, schon gut. Reg dich wieder ab.» Norberg wies zur Treppe. «Wir gehen davon aus, dass Morton dort unten gestorben ist. Die Blutspuren, die wir gefunden haben, deuten jedenfalls darauf hin. Ebenso die zerbrochene Stirnlampe. Ich glaube kaum, dass der Täter sie verloren hat. Wenn du mich fragst, ist Morton oben an der Treppe seinem Mörder begegnet. Es kommt zu einem Handgemenge. Hast du den Kratzer an Mortons Hals gesehen? Wenn der nicht vom Mörder stammt, fresse ich einen Besen.»
    «Unold, erinnern Sie mich daran, dass wir im Tellicenter einen Reisigbesen kaufen, bevor wir ins Polizeikommando zurückkehren.»
    «Richtig. Olivia sagte etwas von ‹Bernhards Humor ist so abgestanden wie der Inhalt der Bierdosen, die sein Grossvater anlässlich seiner Geburt gekauft hat›. Item: Es kommt also zu einem Handgemenge, Morton stürzt die Treppe hinunter – du brauchst dir nur die Hautabschürfungen und Hämatome an seinen Armen und Beinen anzuschauen –, verliert seine Stirnlampe, schlägt mit dem Hinterkopf auf dem Pflaster auf – von daher die Blutlache –, bleibt tot liegen und wird vom Täter oder wem auch immer auf dem Wasserrad zur letzten Ruhe gebettet.»
    «Vielleicht solltest du erst mal den Bericht der Rechtsmedizin abwarten, bevor du dich in abenteuerliche Hypothesen versteigst. Oder hast du auch was Konkretes, Schuhabdrücke des Mörders zum Beispiel?»
    Norberg winkte ab. «Die kannst du vergessen. Schau dir den Ort doch mal an. Weisst du, wie viele Leute tagtäglich hier vorbeikommen? Zudem ist der grösste Teil des Areals gepflastert.»
    «Einverstanden, was die Treppe betrifft. Aber zum Wasserrad geht höchstens eine Handvoll Touristen pro Jahr. Erstens müsstest du vom direkten Weg in die Altstadt oder zum Parkplatz abweichen, zweitens kommst du beim Wasserrad nicht mehr weiter, ist also sozusagen eine Sackgasse, und drittens machst du dir auf dem Rasen die Schuhe schmutzig.»
    «Nicht unbedingt», warf Unold ein. «Die Mauer des Wasserlaufs ist breit genug, um bequem darauf zu balancieren.»
    «Ich spreche nicht von Ihnen, Unold, sondern von den Vertretern der Alterskategorie zwischen Weihnachtsmann und Johannes Heesters – die Einzigen neben den Touristen, die sich für so was Antiquiertes wie ein Wasserrad überhaupt interessieren. Und die balancieren nirgendwo mehr hin; schon gar nicht auf einem Mäuerchen.»
    «Wie war das noch mit dem gesunden Menschenverstand?» Gunnar Norberg streifte sich den Mundschutz über den Kopf und knetete ihn mit seinen Händen. «Ihr tut so, als ginge es um einen Umweg von mehreren Kilometern und eine Mauer von den Dimensionen des Verzasca-Staudamms. Die paar Meter bis zum Wasserrad halten wirklich keinen, der auch nur einen Hauch von Interesse an ausgefallenen Bauwerken hat, davon ab, das Ding aus der Nähe zu betrachten. Und die Mauer – mein Gott, wir reden von der Randeinfassung der Wasserrinne, die auf der einen Seite einen Zentimeter über die Erdoberfläche hinausragt und auf der anderen sagenhafte hundert bis zum Boden der Rinne abfällt. Zudem interessiert mich herzlich wenig, ob irgendeine Uroma – wenn überhaupt – eher über das Gras zum Wasserrad dackelt oder über das Mäuerchen. In letzter Zeit sind definitiv diverse Leute über den Rasen gegangen, und darunter war mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit auch unser Mann. Ich an seiner Stelle wäre mit den gut achtzig Kilogramm auf den Schultern, die einmal Chris Morton gewesen sind, jedenfalls nicht über die Mauer getänzelt.»
    «Bei deinem Ranzen könnte von Tänzeln eh keine Rede sein», murmelte Geigy laut genug, dass es Norberg nicht überhören konnte.
    «Ausgesprochen lästig, diese Schweine, die einem ständig ins Wort grunzen. Fast so lästig wie unser Romeo und die Leute von der 144, die das Wenige, das der Täter bei dem trockenen Wetter überhaupt an Spuren auf dem Rasen hinterlassen

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