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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Kahi
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Empörung und Verwirrung über unser Ansinnen dünkten mich echt.»
    «Das heisst, wir können Johannes als Mörder von Stephan Rothpletz ausschliessen?»
    «Würde ich meinen.»
    «Und was ist mit dem Mord an Morton? Da liegen die Dinge doch etwas anders. Mortons Haut unter Johannes’ Fingernagel ist ein ziemlich überzeugendes Indiz.»
    «Schon. Aber schauen Sie sich den Mann doch an. Der besteht nur aus Haut, Knochen und Sehnen. Genauso wenig, wie er einen Menschen mit einem Bumerang töten könnte, könnte er einen mehr als achtzig Kilogramm schweren Körper eine Treppe hochtragen.»
    «Da geb ich Ihnen recht. Allerdings ist dazu ohne Hilfe eh kaum jemand in der Lage. Um Johannes als Täter ausschliessen zu können, bräuchten Sie auf jeden Fall noch ein überzeugenderes Kriterium. Vielleicht hatte er ja doch einen oder mehrere Komplizen.»
    «Unmöglich!» Geigy klang nicht minder überzeugt als Unold eben. «Johannes ist nicht der Mann für Teamwork.»
    «Ausser, es geht um die Zusammenarbeit mit IHM . Wollen Sie nicht auch ein Croissant? Schmeckt echt lecker, kann ich Ihnen nur empfehlen.»
    «Es mag Sie vielleicht erstaunen, aber ich war schon mal in der Polizeikantine.»
    «Übrigens ein starkes Stück.»
    «Ja?»
    «Ihr Versprechen. Mit dem Nachhausedürfen.»
    «Sie werden sehen, ich behalte recht.»
    Unold gab keine Antwort. Gedankenverloren trank er seinen Cappuccino und arbeitete sich konzentriert kauend durch sein Croissant. «Wahrscheinlich», setzte er endlich wieder an.
    «Ach, jetzt plötzlich sind Sie meiner Meinung.»
    «Überlegen Sie doch mal: Beide Attacken führten eher zufällig zum Tod. Wäre das Aneurysma nicht geplatzt, würde Morton noch leben. Und hätte der Bumerang nicht zufällig den Erb’schen Punkt getroffen, wäre der Wurf nicht tödlich gewesen. Ich bin mir bewusst, dass das etwas weit hergeholt ist, aber es ist eine zusätzliche Gemeinsamkeit zwischen den beiden Todesfällen, und es lässt auf jeden Fall darauf schliessen, dass der oder die Täter keine Profis sind.» Unold verstummte. Wären seine mahlenden Kiefer nicht gewesen, hätte man meinen können, er sei eingeschlafen. Kein Wunder fuhr Geigy erschrocken zusammen, als Unold plötzlich seine Kaffeetasse zur Tischmitte schob und sich energisch die Krümel aus den Falten seines T-Shirts wischte. «Wir sollten es mit einer proaktiven Strategie versuchen.»
    «Ja?»
    «Ja. Der Rechtsmediziner sagte doch, dass Mortons Mörder eher widerwillig zugeschlagen habe. Wäre Panik oder Raserei im Spiel gewesen, hätten Mortons Kopfverletzungen anders aussehen müssen. Angenommen, der Täter hatte tatsächlich Gewissensbisse. Er wollte Morton töten und auch wieder nicht. Er nahm zwar den Hammer und hieb damit auf Morton ein. Aber seine Schläge waren viel zu schwach. Nicht so, als wolle er jemandem den Schädel zertrümmern, sondern vielmehr so, als wolle er einen Nagel in eine Styroporplatte treiben. Ich kann mir gut vorstellen, dass dem Täter Mortons Tod schwer zu schaffen macht. Ein kleiner Anstupser von unserer Seite, und er bricht unter seiner Schuld zusammen.»
    Geigy musterte Unold interessiert. «Fahren Sie fort.»
    «Wir sollten einen Bericht an die Presse geben. Irgendetwas wie Morton habe vor seinem Tod qualvoll leiden müssen. Es habe zwar nach aussen so ausgesehen, als sei er schnell und friedlich gestorben, dies sei aber nichts als ein trauriger Irrtum gewesen. Dann präsentieren wir einen fiktiven Schuldigen – am besten jemanden mit einer kinderreichen Familie, die unter der Verhaftung des Ehemannes und Vaters extrem leidet. Ich gehe jede Wette ein, dass der tatsächliche Täter mit dieser zusätzlichen Schuld nicht leben kann und sich eher früher als später stellt.»
    «Die Presse einschalten? Ausgerechnet!»
    «Auch die Kripo lebt nicht in einer Seifenblase. Zudem können wir die Presse eh nicht raushalten, warum sie dann nicht für unsere Zwecke einspannen?»
    Geigy nahm seine Brille ab, hauchte auf die Gläser, polierte sie mit einem Zipfel seines Hemdes und setzte sie wieder auf. «In zwei Stunden erwarte ich Sie in meinem Büro. Am besten, Sie bringen den Pressebericht gleich mit.»
    * * *
    Als Geigy und Unold die Kantine verliessen, wären sie beinahe mit Häuptlein zusammengestossen, die, vertieft in ihr Smartphone, durch den Flur eilte. «Dich wollte ich eben anrufen, Bernhard», keuchte sie.
    «Das habe ich gemerkt. Das nächste Mal schaust du besser, wohin du gehst. Du bist ja

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