Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
Halse.
4. Kapitel
Gegen sechs Uhr kam Wilson herein, erklärte, dies sei die normale Zeit, wenn er morgens seinen Dienst antrete, und nötigte Hazel, sich von Stafford nach Hause fahren zu lassen. Hazel widersprach nicht, sondern ließ sich erleichtert in die gepolsterten Sitze von Haywards Kutsche sinken.
Es lag so dichter Nebel, dass man kaum die Hand vor den Augen sehen konnte, aber Stafford, offenbar mit diesen Londoner Gegebenheiten vertraut, fand ohne Schwierigkeiten die Jermyn-Street, die sie ohne Zwischenfälle erreichten. Sie kletterte im Schutz des Nebels ungesehen durch das Küchenfenster, das Jeremy nur angelehnt hatte, ins Haus, schlich die Treppe hinauf, umging die achte Stufe, die immer laut knarrte, und gelangte unbemerkt in ihr eigenes Bett.
Als Hazel nach ein paar Stunden erschöpften Schlafes erwachte, wechselte sie rasch die Kleider. Jeremy versicherte ihr, dass ihre nächtlichen Eskapaden unbemerkt geblieben waren. Eine Bemerkung zu ihrer Mutter, sie habe wegen der Knallerei des Feuerwerks kaum ein Auge zugetan, genügte, um ihre augenscheinliche Müdigkeit zu erklären. Ein hastiges Frühstück – und bei der nächsten Gelegenheit entschlüpfte Hazel bereits wieder, um zu Haywards Haus zu laufen. Obwohl es natürlich schon fast Mittag war, hatte der dichte Nebel sich kaum gelichtet, er lag immer noch schwer auf der Stadt und schnitt den Kirchtürmen die Spitzen ab. Der Qualm, der aus den Abzügen der Küchenherde drang, verflüchtigte sich nicht in der Luft, sondern kroch dicht an den Schornsteinen und Dächern entlang.
Hazel fröstelte, als sie in der St.-James-Street ankam. Mit Bangen betätigte sie den Klingelzug. Es dauerte eine Weile, bis Wilson öffnete. Ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht. "Mr. Hawthorne!"
"Wie geht es ihm?", fragte Hazel ängstlich.
"Besser. Wirklich. Er war wach und hat ganz vernünftig geredet, hat sogar ein bisschen Hühnerbrühe gegessen, das Fieber ist zurückgegangen, aber es wird ihm schwindelig, sobald er sich aufrichtet."
"Kann ich zu ihm?"
"Ja, natürlich. Aber Ihre Gnaden, die Herzogin ist gerade bei ihm. Ich habe dem Herzog heute Morgen eine Nachricht zukommen lassen."
Hazel wechselte verlegen das Bein. "Dann komme ich lieber später noch mal wieder."
"Der Arzt hat uns eine Pflegerin seines Vertrauens geschickt." Er lächelte. "Sie werden also keine weiteren Nachtwachen abhalten müssen."
"Gut zu wissen", erwiderte Hazel und verabschiedete sich.
Aber Wilson legte rasch seine Hand auf ihren Arm und hinderte sie am Gehen.
"Mr. Hawthorne", sagte er (und er hatte wahrhaftig Tränen der Rührung in den Augen), "Sie haben seiner Lordschaft das Leben gerettet. Auch wenn ihm das im Moment vielleicht selbst noch nicht ganz klar ist, so sollen Sie wissen, dass wir Ihnen ewigen Dank schulden."
Hazel war etwas in Verlegenheit, denn das vage Gefühl, dass ja ihr Bruder Schuld an dem Ganzen trug, verhinderte, dass sie Wilsons Dank annehmen konnte. Sie klopfte ihm freundlich auf die Schulter. "Nun machen Sie sich mal nicht ins Hemd", sagte sie lässig und machte, dass sie fortkam.
Keine Sekunde zu früh, denn die Herzogin schritt soeben die Treppe hinab. Unzufrieden mit den ungenügenden Erklärungen ihres jüngsten Sohnes ließ sie dem Bischof eine kurze Nachricht zukommen mit dem Befehl, herauszufinden, was es mit dieser Verletzung auf sich habe.
Der Bischof von London, der seinen Bruder ohnehin hatte aufsuchen wollen, besuchte ihn daraufhin noch am Vormittag. In der Gewissheit, von John wenig zu hören zu bekommen, zögerte er nicht, zunächst Wilson nach den nächtlichen Ereignissen auszufragen, bevor er sich hinauf zu seinem Bruder begab.
"James!", rief Hayward erstaunt, als der Bischof sein Schlafzimmer betrat.
"Was muss man von dir hören, alter Idiot?", fragte James zärtlich, setzte sich auf die Bettkante und knuffte seinen Bruder in die Seite.
"Au!", beschwerte sich Hayward.
"Es hat dich wohl übel erwischt? Wie ist das passiert?"
"Das kann ich dir unmöglich sagen! Du bist ein Mann der Kirche!"
"Was soll das heißen?"
"Dass ich gegen göttliches und weltliches Recht verstoßen habe, was sonst", grinste Hayward. "Dir zur Beruhigung: eigentlich eher gegen weltliches."
Lord James musterte seinen Bruder nachdenklich und registrierte die ungesunde Blässe in seinem Gesicht.
"Hast du schon Zeitung gelesen?", erkundigte sich Lord James.
"Nein. Warum? Was steht drin?"
"Dass das Todesurteil von Lord Everett
Weitere Kostenlose Bücher