Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
nicht selten vorkommen! Dass es jetzt so schlimm um Hayward steht, tut mir Leid, aber erstens wusste ich ja gar nicht, dass er es ist, zweitens habe ich ja nicht mit Absicht genau auf diese verdammte Ader gezielt und drittens hätte Hayward den Kampf jederzeit abbrechen können, wenn er meinen Namen gerufen hätte. Denn ich war ja nicht maskiert. Er hat gleich gewusst, wer wir sind."
Das stimmte allerdings.
Hazel schaute zu Boden. "Dann fahr du allein nach Hause. Ich komme morgen früh. Sag Mama die Wahrheit, aber nur, wenn sie merkt, dass ich nicht im Bett liege."
"Bist du verrückt?", fragte Jeremy. "Du kannst unmöglich allein hier bleiben."
"Dann bleib eben auch."
"Warum das denn? Das ist doch hirnverbrannt. Komm jetzt mit nach Hause und morgen früh kannst du herkommen und dich danach erkundigen, wie es ihm geht."
"Ich werde jetzt nicht mit dir streiten!", sagte Hazel fest. "Bleib hier bei mir oder geh!"
Jeremy schaute sie verärgert an. "Naja", brummte er schließlich, "in seinem Zustand kann er wohl kaum über dich herfallen." Er zog seinen Umhang über. "Bis morgen dann", knurrte er und ging die Treppe hinunter in die Halle.
Hazel blieb allein zurück.
Wilson tauchte bald auf, nahm Hazels Entscheidung zur Kenntnis und orderte, das Bett im Gästezimmer herzurichten und Hazel etwas zu essen und einen Tee zu bringen.
Er winkte dem Kammerdiener. Zusammen traten sie an das Krankenbett. "Was meinen Sie?", erkundigte Wilson sich. "Ist die Jacke sowieso ruiniert? Dann können wir die Ärmel aufschneiden."
Gaston hatte angesichts des Bluts auf der Kleidung seiner Lordschaft Mühe, ruhig stehen zu bleiben. "Ruiniert!", ächzte er erbleichend. "Bringen Sie die Sachen aus meinen Augen!"
"Vielleicht ist es besser, Sie holen den Stallburschen oder so", flüsterte Hazel Wilson zu. Wilson hatte schon denselben Gedanken gehabt. Also wurde der Kammerdiener mit dem Auftrag entlassen, ein Nachtgewand für Seine Lordschaft zu suchen, das am Halsausschnitt weit genug zu öffnen war, dass man die Wunde erreichen konnte.
Wilson hatte eine Schere besorgt, mit der Hazel vorsichtig die Ärmel des Justaucorps aufschlitzte und die Schulternähte öffnete.
Wilson durchsuchte alle Taschen, während Hazel daran ging, auch die Weste zu opfern. Als sie den rechten Hemdsärmel aufschnitt, stellte sie plötzlich errötend fest, dass Hayward nackt darunter war. Wenn sie mit der Schere vorsichtig unter den Stoff fuhr, berührten ihre Finger manchmal aus Versehen seine Haut. Sie war warm und zart. Hazel fühlte ihr Herz heftig gegen die Brust schlagen. Sie schnitt vom Halsausschnitt quer rüber zum Ärmel und legte Haywards rechte Brustseite frei. Ihr wurde bewusst, dass Hayward ziemlich muskulös war.
Verflucht noch mal, was tat sie hier eigentlich?
"Wo der Arzt nur bleibt?", fragte sie nervös.
Wilson sagte anstelle einer Antwort: "Schneiden Sie noch den linken Ärmel auf, dann haben wir‘s."
Der Ärmel war im oberen Teil blutdurchtränkt und Hazel hatte beim Schneiden zunehmend Schwierigkeiten, denn das Blut war an einigen Stellen bereits angetrocknet und klebte auf Haywards Haut. Sie löste den Stoff vorsichtig ab. Wilson knotete derweil den notdürftigen Verband los. Hazel rettete Jeremys Krawatte (gleichgültig, was der Kammerdiener sagen mochte – sie würde versuchen, das Blut auszuwaschen). Ihr Jabot zu entfernen, wagte sie jedoch nicht, das sollte der Arzt tun. Mit Hilfe des Stallburschen zog Wilson vorsichtig die Stofffetzen unter Hayward weg. Der Stallbursche reichte Hazel einen Waschlappen an und hielt ihr die Schale mit lauwarmem Wasser hin. Hazel zögerte betreten, wusch dann aber vorsichtig das Blut von Haywards Körper.
Alle Handgriffe tat sie mechanisch, während in ihrem Kopf – und in ihrem Herzen - die widersprüchlichsten Gefühle miteinander stritten. Das Irritierendste war, dass Haywards Haut sich so warm anfühlte, viel wärmer als ihre zitternden Finger es waren. Der Anblick seines Bauchnabels, in dem sich wahrhaftig ein winziger Blutsee angesammelt hatte, und vor allem der Linie dunkler Härchen, die von dort aus nach unten verlief und in seinem Hosenbund verschwand, brachten Hazel ziemlich aus dem Gleichgewicht.
"Wilson ...", sagte sie zaudernd.
"Mr. Hawthorne?" Wilson musterte sie prüfend.
Sie drückte ihm den Waschlappen und das Handtuch in die Hand. "Ich ... ähm ..."
"Machen Sie mal eine Pause", beeilte Wilson sich zu sagen.
Ein Diener brachte Hazel eben etwas zu essen und einen heißen
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