Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
er zähneknirschend, seine Unlust zu überwinden, denn auch Lord Drolingcourt würde anwesend sein, der die Sache mit Lord Everett und Lord Graham untersuchte, und es wäre günstig, den neuesten Stand der Dinge zu erfahren.
Kirby machte sich keine Illusionen: Die ganze Sache mit Lord Everett war am Kippen, es konnte nicht mehr lange dauern, bis die Wahrheit ans Licht kam und Everett freigesprochen werden würde. Im selben Zug würde auch Lord Hamilton Graham rehabilitiert werden. Seine Tochter wäre dann sogar eine akzeptable Partie. Für einen Augenblick spielte der Marquis wahrhaftig mit dem Gedanken, Viola zu heiraten. Nur – fiel ihm dann ein – wäre Lord Graham wohl wenig geneigt, ihm seine Tochter zur Frau zu geben, wenn womöglich herauskäme, dass sein Anteil der größte an der ganzen Intrige gegen Everett gewesen war.
Ach, zum Teufel!
Er wollte Viola besitzen und er würde sie besitzen! Er hatte schon so viel investiert ...
"So düster, Monsieur le Marquis?"
Lady Arabell kam mit lasziven Bewegungen auf ihn zu geschritten. Sie trug eine kleine Etagère mit Konfekt zwischen Daumen und Zeigefinger, während sie ihren kleinen Finger abgespreizt hielt.
Kirby verzog seinen Mund zu einem Lächeln.
Lady Arabell setzte sich zu ihm auf das Sofa.
"Aber vielleicht kann ich Sie mit einer amüsanten Neuigkeit aufheitern. Sie sollen der Erste sein, der es erfährt. Stellen Sie sich vor, wen ich neulich bei Madame Delacroix getroffen habe: Miss Viola Hawthorne. Sie hat mich freundlich gegrüßt, obwohl wir uns noch nie zuvor begegnet sind, mir hingegen jedoch Matthew Hawthorne kürzlich vorgestellt worden ist. Miss Viola war nicht so stark geschminkt wie sonst, nur ein bisschen gepudert. Man konnte ihre ganzen Sommersprossen durchschimmern sehen. Und stellen Sie sich vor: Matthew und Viola haben beide einen Leberfleck an derselben Stelle."
Der Marquis horchte auf. "Was wollen Sie damit sagen?"
"Dass Matthew und Viola ein und dieselbe Person sind und sich dieses Weibsstück nicht geniert, in Hosen verkleidet ganz London auf den Kopf zu stellen."
Der Marquis schwieg und blickte Lady Arabell prüfend an.
"Ich sehe, Sie sind nicht so überrascht von dieser Neuigkeit, wie Sie sein sollten", bemerkte die Gräfinwitwe. "Am Ende wussten Sie’s tatsächlich schon?"
"Und am Ende werde ich Ihnen Ihren hübschen Hals umdrehen, wenn Sie es noch irgendjemand anderem erzählen", sagte er sanft und strich mit seinem Finger zart über ihre Kehle.
Lady Arabell stockte. "Mylord", säuselte sie, "soll das etwa heißen, dass Sie ein gewisses Interesse daran haben, dass dieses Geheimnis nicht gelüftet wird? Oder soll es gar heißen, dass Sie ein gewisses Interesse an der Person haben?"
Der Marquis stieß ein kleines Lachen aus.
"Es soll heißen, dass ich ein gewisses Interesse daran habe, dass dieses Geheimnis nicht gelüftet wird, so lange ich noch ein gewisses Interesse an der Person habe."
Lady Arabell wählte unter den Pralinen eine aus, auf deren dunklem Schokoladenüberzug ein kandiertes Veilchen saß. Sie schwenkte es dem Marquis verführerisch vor dem Mund hin und her und flötete: "Und warum haben Sie dieses zarte Pflänzchen nicht längst gepflückt?"
"Weil dieses Pflänzchen nicht ganz so leicht zu pflücken ist, wie es im ersten Moment schien", gab er zu.
"Wie? Sollte sie Ihren Verführungskünsten widerstanden haben?", spöttelte die Countess.
"Das Problem ist nicht das Mädchen selbst, sondern eine unerwartete Intervention durch höhere Mächte."
Lady Arabell griente vergnügt. "Also die Mutter?"
"Und ein Bischof, der das Datum ihrer Volljährigkeit kennt, sowie ein degenschwingender Bruder, der die Schwester eifersüchtig überwacht."
Lady Arabell warf den Kopf in den Nacken und lachte. "Das ist allerdings eine ganze Phalanx unüberwindlicher Hindernisse", meinte sie.
"So unüberwindlich nun auch wieder nicht. Mit dem Einverständnis der Mutter wäre sowohl dem Bischof wie auch dem Bruder jede Grundlage genommen."
"Und ohne die Mutter, den Bischof und den Bruder wäre das zarte Pflänzchen durchaus willfährig?"
Kirby überlegte. "Sie bringen mich da auf einen Gedanken ..." , murmelte er.
Lady Arabell aß ein weiteres Stück Konfekt und beobachtete mit funkelnden Augen die wechselnde Mimik des Marquis‘. Schließlich atmete er auf. "So könnte es gehen", meinte er zuletzt. "Vorausgesetzt, Sie würden mir ein klein wenig Schützenhilfe geben."
"Ich?", fragte die Countess pikiert.
"Ja, Sie. Ich
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