Im Schatten des Verrats (Hazel-Roman) (German Edition)
passiert ist", zischelte er vergnügt, "Madame Delacroix‘ Assistent hat mich gefragt, ob ich nicht beim nächsten Mal einige Kleider vorführen möchte!" Seine Augen funkelten.
Hazel beschloss, dass dies nicht der geeignete Zeitpunkt sei, um von der Tür im Herrenzimmer und den Männern, die hindurchgingen, zu sprechen.
"Wo waren Sie?", fragte Lady Arabell im vergeblichen Versuch, sich mit dem Fächer Kühlung zu verschaffen.
"Im Herrenzimmer", antwortete Hazel wahrheitsgemäß.
Lady Arabell hob amüsiert ihre Augenbraue.
Die Abend- und Hofmode war natürlich nach wie vor bestimmt von der Robe à la française und die Mademoiselles schritten mit leisem Rascheln der Gewänder graziös auf und ab.
Hazel fiel mit einem Mal eins der Mädchen auf. Die junge Frau war brünett, besser gesagt: ursprünglich, denn natürlich war ihre Frisur gepudert. Nur ein winziges Häubchen mit breiten Bändern aus Mechelner Spitze saß auf ihrem in perfekte Locken gelegten Haar. Hazel wusste nicht, wieso dieses Mädchen plötzlich aus den anderen herausstach, bis ihr klar wurde, dass Mademoiselle Sousous Augenpaar auffallend häufig das ihre suchte.
Obwohl Hazel bewusst war, dass die Mädchen sicherlich dazu dressiert waren, die Blicke der Männer einzufangen, ihnen mit einem verführerischen Lächeln das Gefühl zu geben, ganz allein sie seien gemeint, so war Hazel doch gebannt von ihrer unbegreiflichen Schönheit, dem Leberfleck neben den sanft geschwungenen, schimmernden Lippen, den mandelförmigen Augen unter den schmalen Augenbrauenbogen und der zarten, makellosen hellen Haut.
Auf Mademoiselle Sousous Gesicht erschien ein irritierendes Lächeln, sie war sich ihrer Wirkung durchaus bewusst, und während sie Mr. Hawthorne unter lasziven Bewegungen ihres Schwanenhautfächers aus ihren rehbraunen Augen Blitze schickte, rauschte sie mit nachschleppenden Watteaufalten, die vom Rücken locker bis zum Boden fielen, an Hazel vorbei.
Eine kleine Drehung auf dem Fuße, eine aufreizende kleine Neigung des Kopfes – und Mademoiselle Sousou präsentierte sich nochmals von vorne, ihre Robe aus Lyoner Seide, Rock und Überkleid venezianisch rot, überstreut mit unzähligen elfenbeinfarbenen und grünen Blüten und Blattornamenten, die Pagodenärmel mit zweifach gestuften Volants und großen grünen Satinschleifen, die Engageantes an den Ärmelkanten aus Alençon-Spitze. Der Stecker, der das Überkleid zusammenhielt, war mit einer Echelle aus locker fallenden, sanft schimmernden Schleifen übergossen und in der oberen Mitte mit einer großen, rosettenartigen, aber filigran gearbeiteten Brosche aus grünfacettierten Edelsteinen versehen. Volants säumten sowohl die vorderen Kanten des Überkleids als auch den Saum des Rocks, das rechteckig ausgeschnittene Dekolleté zierte eine winzige Rüsche und dazu – Hazel hielt den Atem an – gehörte ein schwarzes Spitzenfichu, ganz schmal um den Hals gelegt, eine winzige keusche Halskrause nur, unter deren Rand ein kurzes Kollier aus dunklen geschliffenen Steinen hervorlugte, an dem ein kleines Kreuz baumelte.
Dieses Accessoire war es, das in Hazel eine plötzliche Ahnung von dem verführerischen Zauber eingab, der Lt. Shandeltons junge Witwe umgeben könnte – dazu Haywards Parfüm, das er Viola zugedacht hatte und das sie noch nie in Gesellschaft getragen hatte ...
Mademoiselle Sousou glitt eng an Mr. Hawthorne vorbei und streifte, begleitet von einem koketten Augenspiel unter dichten, langen Wimpern hervor, mit dem Volant, den der seitlich ausladende Reifrock stützte, Mr. Hawthornes Bein, so dass die Wellen des zarten Stoffs durch die Strümpfe hindurch Hazels Haut streichelten.
Irgendwann war alles vorbei. Die Damen bekundeten ihren Beifall mit Klatschen, man erhob sich, man plauderte und schwärmte von den Kleidern, Stoffen und Accessoires.
Der Marquis quetschte sich gekonnt durch die Massen.
"Welches hat Ihnen am besten gefallen?", wisperte er.
Hazel blickte sich beunruhigt um, ob nicht jemand ihr Gespräch hören könnte. Er zog sie in einen stilleren Flur.
"Das Rote", grinste Kirby. "Ich weiß es. Ich habe Sie die ganze Zeit über beobachtet. Wollen Sie es haben?"
"Ph", machte sie, "wozu brauche ich ein solches Kleid? Ich werde nie eineGelegenheit haben, es tatsächlich zu tragen – und nur um es zu Hause im stillen Kämmerlein überzuziehen und sich einsam und allein daran zu ergötzen, dazu ist es viel zu teuer."
"Werden Sie meine Geliebte", raunte er, "und ich schenke
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