Im Schatten dunkler Mächte

aufrecht.«

Vierzehn
    Als ich am Dienstagmorgen den Laden öffnete – ein Indiz dafür, wie verzweifelt ich ein normales Mädchen in einer normalen Welt sein wollte –, wartete Inspector Jayne vor der Tür.
    Ich trat zurück, um ihn hereinzulassen, und machte die Tür wieder zu. Mit einem unmutigen Seufzer drehte ich das G ESCHLOSSEN -Schild zur Straße. Ich war nicht normal, und dies war auch keine normale Welt – ich würde nichts damit erreichen, wenn ich mir etwas anderes einredete. Es war auch an der Zeit, in einem anderen Punkt Farbe zu bekennen. Der Buchladen bot mir vorübergehend eine Geborgenheit, auf die ich kein Anrecht hatte. Ich sollte Angst haben, mich fürchten. Furcht ist ein mächtiger Motivator.
    Ich nahm dem Inspector den feuchten Mantel ab und deutete auf einen Sessel vor dem Kamin. »Tee? Ich meine, normalen Tee?«
    Er nickte und ließ sich nieder.
    Ich brachte ihm eine Tasse Earl Grey, setzte mich dem Inspector gegenüber und nippte an meinem Tee.
    Â»Sind wir nicht ein bemerkenswertes Pärchen?«, sagte er und blies in seine Tasse, um den Tee zu kühlen.
    Ich lächelte. Das waren wir allerdings. Mir kam es vor, als wären Jahre vergangen, seit er mich ins Präsidium geschleppt hatte. Monate, seit er mir vor dem Ladeneingang mit seinen Stadtkarten vor der Naseherumgefuchtelt hatte. »Es hat auch Nachteile«, machte ich ihm klar. Er wusste, dass ich vom Unseelie-Fleisch sprach. Aus diesem Grund war er ja zu mir gekommen.
    Â»Ist das nicht bei allem so?«
    Â»Es macht Sie superstark, aber Sie können die Feenwesen trotzdem nicht töten, Jayne. Sie dürfen sie nicht einmal angreifen, sondern müssen sich damit zufriedengeben, dass Sie sie sehen können. Wenn Sie versuchen, sich mit ihnen anzulegen, verraten Sie sich, und die Monster werden Sie töten.«
    Â»Wie stark wird man davon? So stark wie einer von ihnen?«
    Ich überlegte. Ich kannte die Antwort darauf nicht und sagte ihm das auch.
    Â»Also könnte es sein, oder?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Selbst wenn, Sie können sie nicht töten. Diese Monster sind unsterblich.«
    Â»Wozu haben wir Gefängnisse, Miss Lane? Andere Serienkiller dürfen wir auch nicht töten.«
    Â»Oh.« Ich blinzelte. »Daran hab ich noch gar nicht gedacht. Ich weiß nicht, ob man sie auf diese Weise festhalten kann.« Dazu brauchte man wohl Mauern, in die Stränge des Schöpfungsliedes gewoben waren. »Sie können sich von einem Ort zum anderen ›beamen‹ – erinnern Sie sich?«
    Â»Alle?«
    Wieder hatte er einen wunden Punkt getroffen. Ich hatte nie beobachtet, dass ein Rhino-Boy einen Ortswechsel vollzieht. Durchaus möglich, dass diese Gabe nur die höhergestellten Feenwesen besaßen; die Prinzen und die einzigartigen Geschöpfe wie der Graue Mann.
    Â»Ist es nicht einen Versuch wert? Vielleicht sind wir unbedeutenden Menschen doch für einige Überraschungengut. Während Sie Ihr Ding machen, können andere sich etwas anderes einfallen lassen. Man tuschelt auf den Straßen, dass irgendetwas Schlimmes auf uns zukommt – bald. Was geht vor sich?«
    Ich erzählte ihm von Halloween, den Mauern und dem, was passieren würde, wenn sie einstürzten.
    Jayne stellte Untertasse und Tasse auf den Tisch. »Und Sie hätten mich alldem schutzlos ausgeliefert?«
    Â»Es gibt noch andere Nachteile. Ich kenne sie nicht alle, aber eins ist, dass Sie niemals von einer der magischen Waffen verwundet werden dürfen, sonst …« Ich schilderte ihm Mallucés qualvollen Tod. Erzählte ihm von dem verwesenden Fleisch, den abgestorbenen Körperteilen.
    Â»Wie viele dieser magischen Waffen gibt es, Miss Lane?«
    Â»Zwei.« Wie weit war es mit ihm gekommen? Anfangs hatte er sich geweigert, die dunklen Flächen auf dem Stadtplan anzuerkennen, und jetzt unterhielt er sich mit mir über Monster und Waffen, die Unsterbliche töten konnten.
    Â»Und wer hat sie?«
    Â»Hm – ich und noch jemand.«
    Er lächelte dünn. »Das Risiko gehe ich ein.«
    Â»Es macht süchtig.«
    Â»Früher habe ich geraucht. Ich konnte damit aufhören, also kann ich alles andere auch aufgeben.«
    Â»Es verändert Sie.« Ich war ziemlich sicher, dass es mir der Genuss von Unseelie-Fleisch ermöglicht hatte, dem Sinsar Dubh näher zu kommen. Vieles war mir nicht