Im Schatten dunkler Mächte
überfroren, und ich spürte, wie mir die Kälte in die Knie und bis in die Schenkel hinaufkroch. Ein arktischer Wind peitschte mein Haar, zerrte an meinen Kleidern und wirbelte den Abfall um mich herum auf.
Was tat Barrons? Ich musste das sehen.
Ich suchte den Sidhe- Seher-Platz in meinem Kopf. Die bloÃe Existenz des Buches setzte ihn in Flammen. Das war die Essenz dessen, was wir von den Feen fürchteten. Wir existierten, um genau dies zu bekämpfen.
Ich holte hastig tief Luft, die so kalt war, dass meine Lunge brannte. Ich versuchte, den Schmerz zu umarmen und mir einzureden, dass ich eins mit ihm war. Was hatte Barrons gesagt? Ich wehrte mich zu sehr. Ich musste mich entspannen und aufhören, dagegen anzukämpfen. Zulassen, dass die Qual über mir zusammenschlug, und auf ihr reiten wie auf einer Welle. Das war leichter gesagt als getan, aber mir gelang es, mich etwas aufzurichten und den Kopf zu heben.
Mitten auf der PflasterstraÃe, etwa zehn Meter weit weg, stand die Bestie.
Sie sah mich an. Hallo, Mac, sagte sie.
Sie kannte meinen Namen. Woher? ScheiÃe. ScheiÃe. ScheiÃe.
Das Kreischen in meinem Schädel verstummte. Der Schmerz verflog. Der Wind legte sich. Ich befand mich im Auge des Hurrikans.
Barrons war dicht neben der Bestie.
Ich wünschte, ich könnte sie beschreiben. Andererseits bin ich froh, dass ich es nicht vermag. Die Worte dafür konnte ich nicht finden, sie würden mir für immer im Gedächtnis bleiben, und das wollte ich nicht. Ihre Visage ist schauerlich genug, aber wenn man sie nichtmehr vor Augen hat, kann das Gehirn dieses Schreckensbild nicht festhalten. Man vergisst, wie sich die Bestie bewegt, wie sie einen ansieht, verhöhnt und alles weiÃ. Wir sehen uns selbst in den Augen des anderen. Das liegt in der Natur der menschlichen Art; wir alle sind auf Reflektion angelegt und suchen sie in jeder Fassette unseres Lebens. Vielleicht erscheinen uns die Vampire so unheimlich, weil sie kein Spiegelbild haben. Eltern, wenn es gute Eltern sind, reflektieren die Wunder unseres Daseins und unseres Erfolgs. Sorgsam ausgewählte Freunde zeigen uns hübsche Bilder von uns selbst und ermutigen uns, ihnen nahezukommen.
Die Bestie zeigt uns das Schlimmste von uns und bringt uns zu Bewusstsein, dass dies die Wahrheit ist.
Barrons beugte sich vor.
Das Biest wurde zu einem harmlosen Buch.
Barrons ging auf ein Knie.
Das harmlose Buch wurde zum Sinsar Dubh mit Bändern und Schlössern. Es wartete. Ich spürte, dass es wartete.
Barrons streckte die Hand danach aus.
Zum ersten Mal in meinem Leben betete ich richtig: Lieber Gott, bitte nicht, nein. Lass nicht zu, dass Barrons es aufhebt und zu einer Bestie wird. Wenn das geschieht, sind wir verloren. Ich bin tot, die Mauern stürzen ein, und die Welt geht zugrunde.
Da erkannte ich den Grund für meinen inneren Konflikt. Seit ich Barrons beobachtet hatte, wie er aus dem Spiegel gekommen war, kannte ich mich nicht mehr aus, weil ich im tiefsten Herzen nicht glauben konnte, dass er böse war. An dieser Stelle sollte kein Irrtum entstehen â ich hielt ihn auch nicht für gut, aber schlecht ist noch nicht abgrundtief böse. Bei vollkommenen Bösewichtenwar Hopfen und Malz verloren. Ich war nicht bereit gewesen, meinem Herzen zu glauben, aus Angst, dass ich denselben Fehler machen könnte wie Alina und der namenlose Chronist meines Lebens sagen würde: Donnerwetter, da verlässt uns das zweite Lane-Mädchen â sie war noch dümmer als das erste. Die Verwirrung ist immer dann am gröÃten, wenn wir versuchen, unseren Verstand von etwas anderem zu überzeugen als dem, was unser Herz längst als Unwahrheit erkannt hat.
Seine Finger waren nur noch wenige Zentimeter vom Sinsar Dubh weg.
»Barrons!«, schrie ich.
Er zuckte zusammen und warf einen Blick zurück zu mir. Seine Augen waren kohlschwarz.
»Jericho!«, brüllte ich.
Barrons schüttelte den Kopf und riss ihn gewaltsam von einer Seite zur anderen. Er bewegte sich wie ein Mann, dessen Glieder gebrochen waren, als er langsam auf die FüÃe kam und zurückwich.
Plötzlich mutierte das Buch zur Bestie und wuchs und wuchs und wuchs, bis sie über uns drohte und den Himmel verdunkelte.
Barrons wirbelte herum und rannte.
Der drückende, quälende Schmerz war wieder da. Die Kälte der Nacht saugte fast das Leben aus mir heraus, und der Wind frischte auf und heulte mit den
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