Im Schatten dunkler Mächte
Block weit entfernt. Die marodierenden Anführer warfen gerade ein Auge auf mein Auto und brüllten wie wilde Tiere. Einige schwangen Baseballschläger, andere die Schlagstöcke, die sie den Polizisten abgenommen hatten.
Sie hatten vor, meinen Ferrari in tausend Stücke zu zerschlagen.
Mir blieb keine Zeit, das Handy rauszuholen und Barronsâ Nummer zu wählen. In wenigen Sekunden hatten sie mich erreicht. Ich wusste, was mit reichen Leuten bei solchen Tumulten passierte, und ich wusste auch, dass sie mir nicht glauben würden, dass ich kein Geld hatte. Ich hatte nicht vor, mich mit der Aristokratie köpfen zu lassen, nur weil ich hin und wieder einen hübschen Wagen fahren durfte, der mir nicht mal gehörte.
Ich nahm meinen Rucksack vom Beifahrersitz und rannte los.
Am Ende des nächsten Blocks kam eine andere Horde auf mich zu.
Ich tauchte in der Menge unter. Es war furchtbar inmitten der stinkenden, heiÃen Leiber, die mich mitrissen. Die reinste Raserei, entfesselte Frustration, unverhohlener Neid. Mit Triumphgeheul hinterlieà die plündernde Meute eine Spur der Verwüstung.
Ich bekam keine Luft und war kurz davor, mich zuübergeben. Es waren zu viele Menschen, zu viele Feenwesen, zu viel Feindseligkeit und Gewalt. Ich ging in einem Meer von Gesichtern unter, manche wutverzerrt, andere aufgeregt und einige so verängstigt wie ich. Feen sind Ungeheuer. Aber wir Menschen können uns fast mit ihnen messen. Die Feenwesen mochten diesen Aufruhr angestiftet haben, aber wir waren diejenigen, die ihn am Leben erhielten.
Die Pflastersteine waren glitschig vom Nieselregen. Ich beobachtete voller Entsetzen, wie ein junges Mädchen laut schreiend hinfiel. Sie wurde innerhalb von Sekunden totgetrampelt. Ein älterer Herr â was, zum Teufel, hatte er hier drauÃen zu suchen? â stürzte als Nächster. Ein halbwüchsiger Junge wurde gegen eine StraÃenlaterne gedrängt, er prallte zurück, verlor das Gleichgewicht und verschwand aus meinem Blickfeld.
Ab da trieb mich nur noch eins vorwärts: Ich musste auf den Beinen bleiben. Und am Leben.
Ich trieb mit dem Strom von einem Block zum nächsten. Zweimal gelang es mir, mich zum Rand zu kämpfen, nur um wieder mitgerissen zu werden.
Vor zwei Dingen hatte ich Angst: dass sie mich direkt in die Dunkle Zone drängten oder dass das Sinsar Dubh plötzlich auftauchte und mich auf die Knie zwang. Ich wusste nicht, welche Todesart schlimmer wäre.
Mein Handy steckte im Rucksack, aber ich hatte nicht genügend Bewegungsfreiheit, um es herauszuholen. Ich fürchtete, jemand würde mir den Rucksack aus der Hand reiÃen, wenn ich ihn von den Schultern nahm. Mein Speer fühlte sich kalt und schwer unter meinem Arm an, aber auch er nützte mir nichts â wenn ich ihn zog, bestand die Gefahr, dass ich mich bei dem Gedränge selbst erstach.
Unseelie.
Ich hatte die Gläschen in meinen Taschen.
Mit dem dunklen Leben in meinen Adern könnte ich mich aus diesem Mob befreien.
Wir näherten uns dem Rand des Temple-Bar-Bezirks. Die Dunkle Zone war nicht mehr weit. Wurden wir absichtlich dorthin manövriert? Könnte ich die Szene von oben betrachten, würde ich dann sehen, dass uns Unseelie voranhetzten? Das Vieh zum Schlachter trieben?
»Sorry«, murmelte ich. »Hoppla, ich wollte Sie nicht schlagen.« Ohne jemanden so gegen mich aufzubringen, dass ich niedergeschlagen wurde, beförderte ich ein Gläschen aus der Jackentasche. Ich hatte die Deckel zu fest zugeschraubt, um sie jetzt mit einer Hand öffnen zu können. Also kämpfte ich um etwas mehr Platz und nahm den Deckel ab. Jemand schubste mich so heftig, dass mir das Glas aus der Hand rutschte. Es fiel auf meinen Stiefel, dann war es weg. Zähneknirschend holte ich ein anderes hervor. Ich hatte drei eingesteckt. Der Rest der »Bissen« steckte in Plastiktüten in meinen Stiefeln â waren daher im Moment unerreichbar. Mit diesem Glas war ich vorsichtiger und hielt es fest, als hinge mein Leben davon ab â was ja auch stimmte. Ich musste mich aus der Masse befreien. Ich kannte die Gegend. Nur noch zwei Blocks bis zur Dunklen Zone. Ich hatte das Gläschen offen, scheute mich aber davor, mich vorzubeugen und zu essen, weil ich einen Ellbogen ins Auge bekommen, stolpern und überrannt werden könnte.
Ich setzte das Glas an den Mund und legte den Kopf in den Nacken. Ich
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