Im Schatten dunkler Mächte
klar war, dass sie kein Wort glauben würden.
Heute war es nicht nötig, dass man mir glaubte. Jayne wollte wissen, was vor sich ging?
Ich würde es ihm zeigen.
Die Stimme des Gewissens protestierte schwach. Ich brachte sie zum Schweigen. Das Gewissen konnte mich nicht am Leben halten.
Ich betrachtete das Tablett. Mir lief das Wasser im Munde zusammen. Dies waren keine simplen Eier-, Thunfisch- oder Hühnchensalat-Sandwichs, diese köstlichen kleinen Leckerbissen, für die ich mir solche Mühe gegeben hatte und die ich liebend gern verschlungen hätte. Ich hatte davon geträumt, so was zu essen, und auf eine Weise danach gehungert wie nie zuvor nach einem normalen Gericht.
Diese zappelnden kleinen Köstlichkeiten waren Unseelie -Salat-Sandwichs.
Und Jayne war kurz davor, einen echten Blick auf seine Stadt zu werfen.
Es lief nicht so gut, wie ich gehofft hatte.
Inspector Jayne aà nur zwei von meinen kleinen Sandwichs: das erste, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass sie so grausig schmecken; das zweite, weil er, wie ich meine, gedacht hatte, dass das erste ein Versehen war.
Als er das zweite hinuntergeschluckt hatte, entdeckte er, dass sich der Sandwich-Belag bewegte, und es war unmöglich, ein drittes in ihn hineinzubekommen. Ich war nicht sicher, wie lange die Wirkung einer so kleinen Menge von Unseelie-Fleisch anhalten würde, aber ich nahm an, dass er ein, zwei Tage Zeit hatte. Ich hatteihm vorher weder von der Superstärke, die einem das Fleisch verlieh, noch von dem heilenden Effekt oder den Einblicken in die schwarze Magie verraten. Nur ich wusste, dass er gegenwärtig stark genug war, um mich mit einem Schlag zu zerschmettern.
Meine Hände zitterten, als ich mich zwang, die Reste meiner Delikatesse die Toilette hinunterzuspülen, bevor wir das Haus verlieÃen. Zwei Sandwichs hatte ich beiseitegestellt, für alle Fälle. Auf halbem Weg zur Tür besann ich mich eines Besseren und machte kehrt, um auch die letzten beiden zu vernichten. Ich erhaschte einen Blick auf mein Spiegelbild â mein Gesicht war kreidebleich und angestrengt, weil ich mir das versagte, was ich so unbedingt wollte â die Gnade der Stärke und der Sicherheit vor meinen zahllosen Feinden, die in den StraÃen von Dublin ihr Unwesen trieben, ganz zu schweigen von dem Widerstand, den ich Barrons leisten könnte. Ich klammerte mich an den Toilettenrand und beobachtete, wie die Fleischstücke in der Porzellanschüssel herumgewirbelt wurden, bis sie ganz verschwanden.
Jetzt standen wir am Rande des Temple-Bar-Bezirks, und ich war völlig erschöpft.
Seit sieben Stunden war ich mittlerweile mit Jayne zusammen, und ich mochte ihn kein bisschen mehr als vor seinem kleinen Unseelie-Imbiss. Ich hatte ihn gezwungen, sich genau anzusehen, was sich in seiner Welt abspielte.
Er mochte mich auch kein Stück mehr. Im Gegenteil, ich war mir ziemlich sicher, dass er mich für den Rest seines Lebens wegen dieser Konfrontation mit dem Bösen hassen würde.
Als wir unsere kleine Monster-Tour begannen, behauptete er steif und fest, ich hätte ihm Drogen gegeben,Halluzinogene, und drohte mir an, mich wegen Weitergabe von Rauschgiften zu verhaften. Er wollte mich aus Irland abschieben und nach Hause ins Gefängnis schicken.
Wir wussten beide, dass er nichts dergleichen tun würde.
Es hatte Stunden gedauert, ihn durch Dublin zu manövrieren, ihm zu zeigen, was in den Bars los war, wer die Taxis steuerte und an den Ständen die Rolle der StraÃenhändler übernommen hatte. Irgendwann gelang es mir doch, zu ihm durchzudringen. Die ganze Zeit gab ich ihm Anweisungen, wie er sich zu verhalten hatte, wie er unauffällige Blicke auf die Monster werfen konnte, ohne uns zu verraten, es sei denn, er wollte wie OâDuffy tot auf der StraÃe enden.
Gleichgültig, was ich von Jaynes Benehmen mir gegenüber hielt, er war ein ausgezeichneter Cop mit guten Instinkten â ob ihm nun gefiel, was sie ihm sagten, oder nicht. Obgleich er darauf bestand, dass nichts von alledem real war, hatte er all seine in zweiundzwanzig Jahren bei der Polizei erworbenen Fähigkeiten angewandt und verstohlen wie ein Meisterermittler seine Umgebung beobachtet. Er beobachtete das mundlose, traurige Monster mit den feuchten Augen, die grotesken Gnome mit den Lederschwingen und die massigen Wesen mit deformierten Gliedern mit der Teilnahmslosigkeit eines Ungläubigen.
Vor
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