Im Schatten (German Edition)
Team sollte er sich selbst zusammenstellen, so es die Arbeitsauslastung zuließ. Aber Mark hatte noch ein anderes Anliegen:
» Wie Sie wissen, sind wir in Leipzig jetzt in der Bauphase. Weil der Auftrag so groß ist, kann ich mich nicht allein darum kümmern. Das bedeutet, ich brauche einen Assistenten. Für den- oder diejenige bedeutet das noch mehr Arbeit, Überstunden und Dienstreisen. Ich mute das niemandem zu, der es nicht will. Also bitte ich Sie, mir in den nächsten zwei Tagen Bescheid zu geben, ob Sie den Job übernehmen würden. Ich werde danach meine Wahl treffen. Niemand wird Nachteile haben, wenn er nicht mitmacht. Aber wer sich bereit erklärt, muss auch vollen Einsatz zeigen.«
» Und was haben wir davon?«, fragte Valerie.
» Wenn alles klappt und die Leistungen entsprechend sind, werden wir sicherlich auch über eine Prämienzahlung verhandeln können«, antwortete Mark.
Für Valerie stand fest, sie wollte unbedingt dabei sein, wenn sie ihre Chancen auch als sehr gering einschätzte. Sicherlich würde bei so einem wichtigen Projekt eher ein Architekt als Assistent fungieren, nicht eine kleine Zeichnerin, sei sie auch noch so gut. Gut eine Woche später ging sie mit einer fertigen Zeichnung in Marks Büro. Er studierte sie genau, während sie ungeduldig auf dem Besucherstuhl wartete.
»Sie haben alles genau aus der Skizze übernommen?«, fragte er stirnrunzelnd.
» Ja. Natürlich. Ich habe alles noch einmal kontrolliert.«
Er sah sich noch einmal die Skizze an, dann die Zeichnung.
»Und was ist mit diesem Maß?«
» Das habe ich natürlich korrigiert.«
» Natürlich. Wieso natürlich? Wieso korrigieren Sie von mir vorgegebene Maße?«
Valerie spürte, wie sie rot anlief. Doch sie sagte fest:
»Weil es fehlerhaft war.«
» So, war es das?« Seine Augenbrauen wanderten in die Höhe. »Und warum sprechen Sie mich nicht darauf an?« Seine Stimme war ungewöhnlich unfreundlich, und Valerie brach der Schweiß aus. Dennoch blieb sie fest.
» Weil ich dachte, Sie hätten Wichtigeres zu tun, als sich um offensichtliche Schreibfehler zu kümmern.«
» Sie dachten. Sie werden nicht fürs Denken bezahlt, sondern fürs Zeichnen.«
Was war heute nur los mit ihm? So etwas kannte sie gar nicht von ihm.
»In meinem Arbeitsvertrag steht aber nicht, dass ich mein Gehirn zu Hause lassen muss«, entgegnete sie missmutig.
Plötzlich fing Mark an zu lachen. Valerie hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Kopf schüttelnd sagte er:
» Valerie, Sie gefallen mir. In der Tat sind Sie offenbar das einzige der Mädels, das sein hübsches Köpfchen nicht nur zum Frisieren benutzt. Natürlich sollen Sie selbstständig arbeiten. Sie haben mir immer wieder bewiesen, dass Sie das können. Und Sie lassen sich nicht ins Boxhorn jagen. Das ist gut. Ich brauche jemanden, der mitdenkt und Durchsetzungsvermögen hat. Sie sind dabei.«
» Was? Was meinen Sie?«
» Leipzig. Sie sind mein Assi.«
Beinahe sprachlos starrte Valerie ihn an.
»War das ein Test?«
» Der Abschusstest sozusagen. Sie haben mir die ganze Zeit hervorragende Arbeiten abgegeben, und Ihr Umgang mit Kunden, den Kollegen und Ihrem Chef«, Mark grinste sie breit an, »gefällt mir gut.« Wieder war Valerie rot angelaufen. Sie nahm niemals ein Blatt vor den Mund und scheute sich nicht, ihre Meinung zwar höflich, doch nicht weniger offen zu sagen.
» Allerdings muss ich Sie darauf hinweisen«, fuhr er fort »dass sehr viel Arbeit auf Sie zukommen wird. Ich hoffe, Sie haben in den nächsten Monaten keinen größeren Urlaub geplant.«
» Doch, eigentlich schon«, meinte Valerie fröhlich. »Na, da müssen meine Männer dieses Mal wohl ganz allein zum Angeln nach Norwegen. Wie überaus schade.« Sie grinste breit.
» Ihre Männer? Haben Sie sich einen Harem zugelegt?« Mark hob fragend die Augenbrauen.
» Wer sich’s leisten kann«, antwortete sie keck.
» Die Jungs stehen bestimmt Schlange bei Ihnen. Ist da noch ein Plätzchen frei?« Valerie sah ihn unsicher an. Doch weder in seiner Stimme noch in seinem Gesichtsausdruck war auch nur die kleinste Spur von Ironie zu erkennen.
» Ich meinte meinen Mann und meinen Sohn.« Valerie schien sich nicht im Geringsten darüber zu ärgern, dass sie den Urlaub ausfallen lassen musste.
» Ihr Sohn. Kommt der denn schon ohne Sie zurecht?«
» Ich weiß nicht so recht. Der Kleine ist erst achtzehn.« Nun mussten sie beide lachen.
» Achtzehn? Du meine Güte, in dem Alter wollte ich jedenfalls nicht mehr
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