Im Schatten (German Edition)
sie, doch sie sagte nichts, als Werner mit hängenden Schultern die Küche verließ.
Er war verheiratet! Mark war verheiratet! Sie hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. Mit seinen jungen Bettgesellinnen hätte sie sich vielleicht abfinden können. Sie waren nur Spielzeug für ihn, ein Zeitvertreib. Eine Ehefrau aber war ein echtes, unüberwindbares Hindernis, keine schlechte Angewohnheit, die man einfach ablegen konnte. Und dabei war es im Moment vollkommen unerheblich, dass sie selbst verheiratet war. Doch war es wirklich so, wie sie es sich einredete? Konnte sie sich wirklich damit abfinden, dass es in seinem Leben und vor allem in seinem Bett viele andere Frauen gab?
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10. Mai 2008
» Oh Mann, er ist so ein Idiot! Wie konnte Mama sich bloß mit so einem Mistkerl einlassen?«
Es war schon relativ spät, doch Katherine saß noch immer an ihrem Schreibtisch, in die Lektüre des Tagebuches ihrer Mutter vertieft. Während sie sich zu Anfang noch dagegen gesträubt hatte, griff sie in den letzten Tagen immer häufiger dazu, fasziniert von der fremden Valerie, die sich ihr auf den mit der vertrauten Handschrift beschriebenen Seiten zeigte. Heute aber war sie entsetzt, böse, ja so wütend, wie sie nur eben sein konnte. Am liebsten wäre sie sofort zum Grund ihres Zornes gefahren und hätte ihm eigenhändig die Augen ausgekratzt.
» Er ist so ein mieser Schürzenjäger. Macht ja vor gar nichts halt, dieses Schwein«, schimpfte sie weiter, obwohl niemand da war, der sie hörte. Warum nur hatte ihre Mutter sich mit diesem Typen eingelassen, diesem schmeichelnden Blender, der ihr Untergang gewesen war? Denn davon war Katherine mittlerweile beinahe schon überzeugt.
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17. Apr il 2007
Wie viel Schmerz kann ein Herz ertragen, bis es bricht? Hättest du von all dem gewusst, hättest du dich dann darauf eingelassen? Sicher, was bleibt sind die Erinnerungen, aber auch sie verblassen irgendwann. Der Schmerz auch? Oder begleitet er uns ständig, versteckt hinter Alltagsärger und allgemeiner Unzufriedenheit, um dann irgendwann urplötzlich und ohne jede Vorwarnung erneut auszubrechen? Aber würdest du wirklich auf die Erinnerung verzichten wollen, selbst wenn der Schmerz dich auffrisst? Er gibt dir zu verstehen, dass er dich nicht liebt. Aber so viel mehr liegt in seinen Küssen, der Berührung seiner Hände, seiner Zärtlichkeit. Er hat Angst, sich in Gefahr zu begeben und du verstehst es gut. Was bist du für ihn? Immer, wenn du glaubst, dass du ihm irgendetwas bedeutest, bekommst du eine kalte Dusche von ihm. Und immer wenn du dich damit abgefunden hast, dass du nur ein Spielzeug für ihn bist, leichte Beute, kommt irgendetwas, das dich glauben lässt, du seiest doch mehr für ihn. Er sagte, du wärest etwas Besonderes. Was? Was ist es zwischen euch? Du wünscht dir, du könntest aufhören, ihn zu lieben. Ihn nur noch als Freund und Chef sehen. Aber wirst du es je können? Und wirst du jemals ohne die Hoffnung auf seine Zärtlichkeiten leben können? Jemals darauf verzichten können, auf dieses Einmalige, das nur zu ihm gehört?
Du beneidest ihn. Er kann genießen ohne Schmerz, ohne tiefe Gefühle.
Valerie freute sich immer wieder auf die mehrtägigen Dienstreisen, die sie gemeinsam unternahmen. Sie musste nicht aufpassen, dass keiner zuhörte, wenn sie miteinander sprachen, konnten den ganzen Abend miteinander verbringen … und die Nacht. Sie war in den vergangenen Wochen zweimal nach Feierabend bei ihm gewesen. Doch sie hatte immer nur kurz bleiben können. So viele Überstunden würde Werner ihr nun auch wieder nicht abkaufen. Die Situation nahm sie nun doch mehr mit als geahnt. Zwar konnte sie ihrem Mann noch immer ohne schlechtes Gewissen in die Augen blicken. Doch diese Fragen, die ständig durch ihren Kopf streiften, machten sie noch wahnsinnig. Was machte Mark in dieser Nacht, mit wem war er zusammen, welches Mädchen hielt er gerade im Arm oder war es vielleicht sogar seine Frau? Und wann würde sie selbst wieder seine Zärtlichkeiten spüren dürfen? Die Anspannung war ihr deutlich anzusehen. Sie hatte in der letzten Zeit wesentlich mehr abgenommen, als zu ihrem Diätplan gehörte, und ihre Wangen schienen eingefallen, unter den Augen hatten sich Ringe abgezeichnet. Sie schwankte ständig zwischen Hochgefühl und Verzweiflung. Wenn sie in seinen Armen lag und kurz danach schwebte sie wie auf Wolken, doch bereits am Tag darauf machten sich Traurigkeit in ihr breit, wenn er sie in
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