Im Schatten (German Edition)
kommst, weil du noch einen Arzttermin hast. Oder irgend so etwas.«
Valerie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Bisher war sie immer davon ausgegangen, sie wäre für ihn nichts weiter, als ein Zeitvertreib auf einsamen Dienstreisen. Doch diese s Angebot hörte sich ganz und gar nicht danach an. Plötzlich wechselte er abrupt das Thema:
» Ich muss heute Nachmittag zur Lessingstraße.« Und während Valerie hörte, wie jemand an die Tür klopfte und eintrat, redete er weiter: »Dort läuft es leider nicht so gut wie geplant, und ich muss mich wohl doch mal persönlich darum kümmern. Du machst dann weiter, wie besprochen, ja?« Inzwischen war Tina an seinen Schreibtisch gekommen und hatte ihm die Post gereicht, die er nickend entgegengenommen hatte. Er musste sie an der Tür gesehen und blitzschnell darauf reagiert haben. Auch Valerie nickte als Antwort auf seine Frage und erhob sich. Doch als Tina die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte, sagte er:
» Ich wünsche dir trotzdem ein schönes Wochenende. Fahr mal allein raus, mach einen Strandspaziergang oder was auch immer und denke mal über deine Situation nach und wie du was daran ändern kannst. Du kannst nicht ewig so weiterleben. Unzufriedenheit macht auf Dauer krank.«
Wieder nickte Valerie. Er hatte ja recht. Aber wie sollte sie etwas ändern? Werner verlassen? Und dann? Auf jeden Fall war sie schon mal froh darüber, dass Werner und Norman bald in Urlaub fahren würden.
07 . September 2007
Es tut gut, an dich zu denken. Es tut gut, dich zu spüren, auch wenn du schon lange weg bist. Den Geruch deiner Haut in der Nase, das Gefühl deiner Hände auf meinem Rücken. Eine Erinnerung nur noch und dennoch real. Die Wärme, die du mir gegeben hast, hüllt mich noch immer ein. Du bist ein Teil von mir, auch wenn es gegen alle Regeln ist, gegen alle Vernunft. Ohne dich bin ich nicht mehr komplett. Du fehlst mir bereits in dem Moment, in dem ich zur Tür herausgehe. Ich würde dich so gern halten, so wie eben. Wann wird es wieder sein?
Als Valerie sich ins Wochenende aufmachte, merkte sie bereits, wie ihre Stimmung zu kippen begann. Vor weniger als zwei Stunden hatte ihre Reise hier in der Firma geendet. Gestern Morgen waren sie nach Leipzig aufgebrochen, hatten den Tag wie üblich getrennt auf der Baustelle verbracht, waren dann zusammen essen gegangen und hatten heute früh nach einer gemeinsam verbrachten Nacht sich noch einige Zeit leise am Frühstückstisch unterhalten, bis es Zeit wurde, wieder an die Arbeit zu gehen. Ursprünglich war Marks Anwesenheit gar nicht beabsichtigt gewesen, doch Valerie hatte sich über die Umstände gefreut, die die Planung schließlich durchkreuzt hatten. Viel zu lange war die letzte gemeinsame Nacht her gewesen, denn im Gegensatz zu den Anfängen war sie nun nicht mehr nur die Assistentin vom Chef. Schon lange betreute sie aufgrund ihrer Fähigkeiten und Umsicht ein Teil des Bauprojekts selbstständig. Die Termine ließen sich aber infolgedessen nicht immer für gemeinsame Fahrten einrichten, auch wenn sie es so häufig wie möglich versuchten. Doch manchmal war es wie verhext, und so war es in der Vergangenheit öfter dazu gekommen, dass einer von ihnen im Büro war, der andere unterwegs. Für ihre Arbeit war das natürlich von Vorteil. Abgesehen von dem Vorwärtskommen war eine eigenverantwortliche Tätigkeit wesentlich interessanter und daher attraktiver für Valerie. Die Treffen bei ihm zu Hause waren noch viel seltener gewesen, denn es standen zu viele Überstunden an, als dass sie noch Zeit miteinander verbringen konnten. Ihr und Marks gemeinsames, sorgsam geheim gehaltenes Privatleben litt darunter. Diese Nacht nun hatte sie für einige einsame Stunden entschädigt. Noch im Büro fühlte sie den Nachhall des Glücks, das sie empfunden hatte, und selbst Petras herablassende Bemerkungen konnte sie nicht verärgern. Nun hatte sie sich von Mark verabschiedet, der sie noch einmal warm angelächelt und ihr ein schönes Wochenende gewünscht hatte. Wochenende. Das bedeutete zwei lange Tage ohne ihn. Missmutig stieg sie aus ihrem Auto, das sie auf dem Parkplatz des großen Einkaufszentrums geparkt hatte. Die Luft war kühl und feucht, und Valerie fröstelte. Der Sommer war in diesem Jahr eine einzige Pleite und hatte mit eher herbstlichen Temperaturen und Regenfällen aufzuwarten. Gut, passte das Wetter doch wenigstens zu ihrer Stimmung. Sie ging über den Parkplatz zum Supermarkt, um die notwendigen
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