Im Schatten meiner Schwester. Roman
nicht länger in Ecken herumdrückte oder sich unter Bänken versteckte, hatte die Umgebung eine heilsame Wirkung auf sie, wenn sie erregt war. Trotz all seiner technologischen Fortschritte war es immer noch ein Gewächshaus.
Die Katzen begrüßten sie, indem sie sich an sie schmiegten und miauten. Sie zählte sechs von ihnen, während sie Köpfe und Bäuche kraulte, dann entrollte sie Wasserschläuche und begann, die Pflanzen zu gießen. Während die Katzen umhersprangen, ging sie von einem Bereich zum nächsten, goss dort etwas stärker, da etwas weniger. Manche Pflanzen brauchten täglich etwas zu trinken, andere zogen es vor auszutrocknen. Molly kümmerte sich um jede.
Eine Bank mit umgeworfenen Topfpflanzen zeigte an, dass während der Nacht Kaninchen zu Besuch gewesen waren, die wahrscheinlich von den Katzen verjagt wurden, die wirksame Wächter waren, auch wenn sie nicht gerade für Ordnung bekannt waren. Molly legte den Schlauch beiseite und richtete die Pflanzen wieder auf, strich die Erde glatt, pflückte kaputte Blätter ab und fegte dann. Nachdem sie den Rest Dreck den Ausguss hinabgespült hatte, goss sie weiter.
Die Sonne stand noch nicht hoch, doch im Gewächshaus war es hell. Diese frühe Stunde, bevor die Hitze aufstieg, war eindeutig die beste Zeit zum Gießen. Und Molly genoss das genauso wie ihre Pflanzen. Wenn das Wasser in den schrägen Sonnenstrahlen glitzerte und die Erde feucht und duftend wurde, war das Gewächshaus voller Frieden. Es war vorhersehbar.
Das brauchte sie heute. Sich Robin aus dem Kopf zu schlagen klappte nicht länger als ein, zwei Minuten hintereinander. Dazu musste sie sich ständig anstrengen.
Sie rollte den Schlauch wieder zusammen und legte ihn dorthin, wo kein Kunde eventuell darüberstolpern konnte, dann wanderte sie durch die Gänge. Sie suchte eine neue Lieferung Chrysanthemen nach Blattläusen ab und schnitt vorsichtig von einigen Farnen die braunen Spitzen weg. Während sie tiefer hinein zu den Schattenbänken ging, sprach sie leise mit dem Zwergpfeffer, den Purpurtuten und der Friedenslilie. Das waren auffällige Pflanzen, ganz sicher nicht wie die Bromelien, doch sie waren beständig und anspruchslos. Vorsichtig überprüfte sie bei ihnen die Feuchtigkeit. Das Schattensegel, das von einem Computerprogramm reguliert wurde, würde später gehoben werden, um sie vor dem hellen Licht zu schützen, das sie hassten, doch die schlimmste Sommerhitze war bereits vorüber.
Ihre Usambaraveilchen freuten sich darüber. Sie verloren fortwährend die Blüten, um gegen die Hitze zu protestieren, weshalb Molly im Juli und August weniger hatte. Sie hatte gerade neue bekommen und stellte die Töpfe um, damit man ihre Blüten bewundern konnte.
Sie hob mehrere Etiketten vom Boden auf, merkte sich eine Bank vor, die repariert werden musste, und stand einen Moment lang
in der Mitte dessen, was sie als ihr Reich betrachtete. Es lag Trost in der warmen, feuchten Luft und dem reichhaltigen Geruch
nach Erde.
Dann erblickte sie Chris, der sonst nie so früh hier war. Er stand unter dem Bogen, der das Gewächshaus von den Kassen trennte, und er sah nicht glücklich aus.
Mit klopfendem Herzen näherte sich Molly ihm. »Ist etwas passiert?«
Er schüttelte den Kopf.
»Warst du im Krankenhaus?«
»Nein. Dad ist da. Ich habe gerade mit ihm geredet.«
»Wissen sie jetzt schon mehr?«
»Nein.«
»Ist Mom okay?«
Chris zuckte mit den Schultern.
Ein Schulterzucken reichte Molly nicht. Sie brauchte Antworten. Sie brauchte Sicherheit. »Wie konnte das passieren?«, schrie sie in einem Anfall von aufgestauter Angst. »Robin ist völlig gesund. Sie hätte doch inzwischen aufgewacht sein sollen, oder? Ich meine, es ist ja in Ordnung, wenn sie eine Zeitlang bewusstlos ist, aber so lange? Was, wenn sie nicht mehr aufwacht, Chris? Was, wenn es tatsächlich einen Hirnschaden gibt? Was, wenn sie nie mehr aufwacht?«
Er sah erregt aus, sagte aber nichts, und gerade als Molly beinahe vor Frustration gebrüllt hätte, näherte sich Tami Fitzgerald. Tami leitete ihren Laden für Gartenprodukte. Auch sie war selten so früh hier, doch es lag etwas Zielbewusstes in ihrem Gang.
Molly war nicht in der Stimmung für ein Lieferproblem. Nicht jetzt.
Offenbar war Tami das auch nicht. »Ich habe gehört, dass Robin im Krankenhaus liegt«, sagte sie und sah besorgt drein. »Wie geht es ihr?«
Eigentlich wäre Molly ein Lieferproblem jetzt doch lieber gewesen. Die Leute von Snow Hill waren wie eine
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