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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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die betreffende Frau zehn Jahre älter als er war. Kathryn hätte niemals verstanden, was ihn an ihr anzog. Ehrlich gesagt, verstand Chris es auch nicht.
    »Versuchst du mich zu erpressen?«, fragte er.
    »So weit wird es nicht kommen. Ich weiß, dass du das Richtige tun wirst.«
     
    Molly blieb mit ihren Eltern in Robins Zimmer, doch sie sprachen nur wenig. Schwestern kamen und gingen. Der Atemtherapeut kam vorbei. Charlie füllte Formulare aus, die Robins weitere Pflege betrafen. Kathryn saß still da und hielt fest Robins Hand. Und da lag Robin in einer blassen, schönen Parodie auf das Leben.
    Wenn sie die Wahl gehabt hätte, wäre Molly lieber im Gewächshaus oder bei ihrer Großmutter gewesen. Beide Orte versprachen ein wenig Trost – aber wie egoistisch wäre das? Es gab keinen Trost für Kathryn und sicher keinen für Robin.
    Als Charlie Mittagessen vorschlug, ging sie mit Freuden los. Es war etwas, das sie tun konnte, und sie wünschte sich verzweifelt zu reden. Sie setzten sich an einen Tisch in der Cafeteria, Charlie mit einem gegrillten Hühnchen mit Salat, Molly mit einem Cheeseburger.
    Sie starrte eine Minute den Burger an, dann lehnte sie sich zurück und sagte: »Robin würde hier mit einem Salat sitzen wie du und mir erzählen, wie viele Gramm Fett in diesem Burger stecken. Ich habe Cheeseburger immer geliebt. Kann ich das wirklich jetzt essen?«
    »Hast du Hunger?«, fragte ihr Vater zurück.
    Sie hatte es geglaubt, doch etwas an dem Burger störte sie. Es mochte die Größe sein, auch wenn er nicht so groß war wie andere. Es war nicht der Geruch, der wirklich gut war, oder der pure Reiz von Trostnahrung. Das Problem war, wie sie erkannte, ihr Schuldgefühl. Robin konnte nichts davon genießen. Selbst wenn sie einen Schlauch direkt in ihren Magen einführten, konnte sie das Essen nicht genießen.
    Doch Molly hatte Hunger. Sie verließ den Tisch und kehrte mit Messer und Gabel zurück, nahm die obere Hälfte des Brötchens ab und schnitt den Burger an. Das war besser.
    »Wenn du dir Sorgen wegen des Dickwerdens machst«, sagte Charlie, während er seinen Salat bearbeitete, »musst du das nicht. Ist es dir je in den Sinn gekommen, dass Robin eifersüchtig war?«
    »Auf mich?«, fragte Molly.
    »Du hast immer alles essen können, was du wolltest, ohne zuzunehmen. Das ist etwas, wofür dich andere Frauen hassen.«
    »Robin hat nie zugenommen.«
    »Weil sie gelaufen ist. Und weil sie Salat aß, wenn sie nicht Kohlehydrate für ein Rennen anhäufte.« Er blickte auf den Burger. »Cholesterin ist eine andere Geschichte, aber darüber musst du dir noch keine Sorgen machen.«
    »Robin dachte, sie müsste es auch nicht.«
    »Ihr Problem war nicht das Cholesterin. Ihr Problem war, dass sie Extremsportlerin war. Das würde noch das beste Herz strapazieren.«
    »Heißt das, dass du vielleicht ein schlechtes Herz hast?«, fragte Molly. »Aber da du kein Extremsportler bist, ist es nie ein Problem geworden?«
    »Mein Herz ist in Ordnung.«
    »Warum isst du Salate?« Sie hatte noch nie zweimal darüber nachgedacht. Nun fragte sie sich, ob es einen Grund dafür gab.
    »Ich mag Salate.«
    »Das ist alles?« Als er sie seltsam anschaute, sagte sie: »Robin hat ihrer Ärztin erzählt, ihr Vater habe ein vergrößertes Herz. Ich habe einen Brief gefunden. Es stand schwarz auf weiß da. Warum sollte sie so etwas sagen, wenn es nicht stimmte?«
    Charlie runzelte die Stirn. Er schüttelte leicht den Kopf, griff nach seinem Soda, betrachtete jedoch eine Minute lang den Strohhalm, bevor er daran nippte.
    »Das ist die Frage«, meinte Molly traurig. »Wir wissen es einfach nicht. Sie ist nicht hier, um uns zu sagen, warum sie tat, was sie getan hat. Und sie kann uns nicht sagen, was sie will.« Sie pickte an ihrem Burger herum, dann legte sie die Gabel hin. »Was sollen wir tun, Dad? Wie soll eine Familie so eine Entscheidung treffen? Wie kann man auch nur annähernd damit umgehen? Mom hat recht. Wenn man die Ärzte so erzählen hört, was in dem Zimmer dort oben liegt, so ist es nur ein Körper, eine Hülle ohne Inhalt.«
    »Nichts Intelligentes«, korrigierte Charlie sie. Auch er aß jetzt nicht mehr.
    »Glaubst du das?«
    »Ich vertraue den Ärzten, wenn sie sagen, dass ihr Gehirn nicht mehr funktioniert.«
    »Glaubst du, dass es absolut keine Chance auf Besserung gibt?«
    Einmal hatte er von Wundern geredet. Nun sagte er leise: »Ich glaube, dass sie recht damit haben.«
    »Dann ist das da oben nur ein

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