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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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waren es nur ich und die Werte, mit denen ich groß geworden war. Es gab ein Stigma. Dann vergingen die Jahre, und mit jedem Jahr wäre es schwerer gewesen, etwas zu sagen. Nenn mich feige, aber ich bin auch nur ein Mensch. Robin wusste es seit achtzehn Monaten, und sie hat es dir auch nicht erzählt. Was sagt das denn aus?«
    Molly hatte es noch nicht durchdacht. »Vielleicht war sie verlegen. Vielleicht hatte sie Angst, dass ich, wenn ich wüsste, dass sie nur meine Halbschwester ist, nicht für sie waschen würde. Ich weiß es nicht, Mom. Sie hat nur geschrieben, dass sie Angst hatte, du könntest ihr, wenn sie es dir erzählte, nicht die Wahrheit sagen.«
    »Ihr nicht die Wahrheit sagen?«, echote Kathryn. »Sie hat sich entschieden? Kann ich die CD sehen?«
    »Ich habe sie zu Hause.« Es war eine kleine Lüge innerhalb eines größeren Plans. Die CD war in ihrem Computer, der in ihrem Auto lag. Das war nun ihre Verbindung zu ihrer Schwester, und sie musste auch noch andere Einträge lesen.
    »Willst du nach Hause fahren und sie holen?«
    Doch Molly hatte selbst noch Fragen. »Peter Santorum hat gemeint, er sei ein großer Tennisspieler. Ich habe nie von ihm gehört.«
    Kathryn lächelte müde. »Wenn du an Tennis interessiert wärst, hättest du das. Er war kurze Zeit ganz oben, nicht lange bevor du geboren wurdest.«
    »War er der Grund, weshalb du Robin zum Sport gedrängt hast?«
    »Deine Mutter hat sie nicht gedrängt«, widersprach Charlie. »Robin hat sich selbst gedrängt.«
    Doch Molly hatte zu viel gesehen, als sie in all den Jahren am Rande saß und mitbekam, wie viel die Mutter in die Tochter investierte.
    Kathryn sah betroffen aus. »Ich wollte, dass sie glänzte.«
    »Weil sie unehelich war?«
    »Sie war nicht unehelich. Ich war mit deinem Vater verheiratet, als sie geboren wurde.«
    Rein technisch nur, dachte Molly, doch sie erinnerte sich plötzlich an Dutzende von Gesprächen über Sex, in denen Enthaltsamkeit als Gegensatz zu Nachgiebigkeit betont wurde. Und nun musste sie erfahren, dass ihre geradlinige Mutter unverheiratet und schwanger gewesen war? »Hast du denn keine Verhütungsmittel benutzt?«
    »Ich habe nicht daran gedacht«, gestand Kathryn verlegen, doch Molly hörte nicht auf. Sie stellte sich ihre Großmutter vor, die von Kathryn kritisiert wurde, weil sie Händchen mit einem Mann hielt.
Händchen hielt.
    »Tu, was ich dir sage, tu nicht, was ich tue? Das ist schrecklich, Mom. Hast du ihn geliebt?«
    »Es war nur ein Mal.«
    »Aber du wusstest vorher, wer er war. Warst du verliebt in ihn?«
    »Nein. Es ist aus heiterem Himmel passiert. Er war charismatisch. Und ich war jung.«
    »Er hat Robin erzählt, du habest ihn angerufen, als du erfahren hast, dass du schwanger warst. Wollte er, dass du abtreibst?«
    »Nein, aber ich hätte es auch nicht getan, wenn er es gewollt hätte. Es war damals nicht üblich, ein Kind allein großzuziehen, und ich hatte nicht viel Geld. Aber ich wollte das Baby. Ich stellte mir vor, dass ich tun würde, was ich tun musste.«
    »Also hast du Dad geheiratet«, schloss Molly, die für ihren Vater wütend, aber auch wütend auf ihn war. Er stand schweigend daneben – vielleicht damals, ganz bestimmt jetzt. Sicher hatte er doch auch eigene Gedanken zu dem Thema.
    »Ich habe deinen Dad geheiratet, weil ich ihn liebte«, gab Kathryn zurück. »Und er liebte Robin von Anfang an. Er hat nicht einmal dich oder Chris vorgezogen.«
    »Du hast Robin vorgezogen. Du hast deine ganze Energie in sie investiert.«
    Kathryn ließ den Kopf hängen, und für den Bruchteil einer Sekunde bereute Molly die Anklage. Robin wurde von Apparaten am Leben gehalten. In wenigen Stunden – Tagen – Wochen wäre sie tot. Das hier war nicht die Zeit für Anklagen, vor allem nicht solche, die ihre Wurzeln in Eifersucht hatten. Doch sie war zu verwundet, um sich zurückzuhalten.
    Kathryn hob den Kopf und seufzte. »Vielleicht hatte ich das Gefühl, dass ihre Anfänge mit einem Nachteil behaftet waren. Dass ich ihr zusätzlich etwas geben musste, um es wiedergutzumachen. Vielleicht hatte ich das Gefühl, dass du und Chris von vornherein stärker wart.«
    »Stärker?« Molly war verblüfft. »Machst du Witze? Robin war immer die Stärkste, immer die Beste. Sie war diejenige, die dir die meiste Freude bereitete. Sie war diejenige, die dich stolz machte.«
    »Du machst mich stolz.«
    »Mom«, protestierte Molly, »Robin siegt. Wenn sie zu den Olympischen Spielen gefahren wäre, hätte sie

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