Im Schatten meiner Schwester. Roman
fühle mich schon viel besser.«
Er lächelte. »Das ist eine Erleichterung. Ich werde es alle wissen lassen.« Er verließ das Zimmer und war schon zur Hälfte den Gang hinunter, als Donna seinen Namen rief.
Sie lief zu ihm. »Ich weiß Ihr Kommen zu schätzen. Sie hat nach Ihnen gefragt.«
»Sie macht sich Sorgen, was die Leute reden werden.«
»Ich auch. Wenn sie mir gesagt hätte, dass sie sich nicht wohl fühlt, hätte sie gestern zu Hause bleiben können, und wir hätten das hier vermieden.«
»Haben die Ärzte einen Grund angegeben, warum sie sie hierbehalten?«
Donna seufzte. »Ach, Sie kennen doch die Ärzte. Doktoren können alles finden, wenn sie nur lange genug suchen. Alexis ist blutarm. Sie braucht nur ein bisschen Auftrieb. Wir nehmen sie mit nach Hause und sehen dann, was los ist.«
David war sich nicht sicher, ob sie sehen würden, was los ist, wenn sie das Problem leugneten, doch das mussten ihnen die Ärzte sagen. Ob Alexis’ Eltern auf sie hören würden, war eine andere Frage. Im Augenblick war er einfach nur froh, dass das Mädchen hier war.
»Lassen Sie mich wissen, wenn ich irgendetwas tun kann«, bot er an.
»Das werde ich«, entgegnete sie und wandte sich wieder zum Zimmer ihrer Tochter um.
Er sah ihr eine Minute nach und dachte an seine Eltern und das Drogenproblem seines Bruders und sogar an Kathryn Snow mit Robin. Selbsttäuschung war eine heikle Sache. Ein Ergebnis von Stolz? Wenn ja, war es für ihn okay, bescheiden zu sein. Es würde vielleicht eines Tages mit seinen eigenen Kindern sehr viel leichter sein.
Er fragte sich, wie es Molly wohl ging, nahm den Lift nach unten und durchquerte die Lobby, als er ein Trio aus bekannten Gesichtern – Mutter, Vater, Sohn – aus seinem Referendariatsjahr entdeckte. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er näher kam.
»Das kann doch nicht derselbe Dylan Monroe sein, den ich unterrichtet habe, als er in der ersten Klasse war«, scherzte er. »Der Junge war klein. Dieser hier wird ziemlich groß.«
Deborah Monroe erwiderte sein Lächeln und streckte die Hand aus. »David. Sie dagegen haben sich nicht verändert. Dylan, erinnerst du dich an Mister Harris? Er hat dir das Lesen beigebracht.«
»O nein«, protestierte David. »Denise Amelio hat ihm das Lesen beigebracht. Ich habe ihn nur angestoßen, als er mehr über Songs als über Bücher nachgedacht hat.«
Die Augen des Jungen wirkten groß hinter Brillengläsern, die noch dicker zu sein schienen, als David sie in Erinnerung hatte. »Sie haben Springsteen geliebt.«
»Tue ich immer noch«, erwiderte David. »Und du?«
»Dylan«, antwortete er grinsend.
»Gute Wahl. Spielst du immer noch Klavier?« Als der Junge nickte, wandte sich David den Eltern zu. »Was führt Sie denn alle hierher?«
Der Vater antwortete. David konnte sich nicht an seinen Namen erinnern. Beide Eltern arbeiteten – Deborah als Ärztin –, doch sie war immer diejenige gewesen, die in die Schule kam.
»Marvin Larocque«, sagte er. »Dylan hat ein Hornhautproblem.«
»Zwei«, warf der Junge ein. »Beide Augen.« Er schien stolz darauf, das Problem beim Namen zu nennen. David fand das erfrischend.
»Marvin ist der beste Transplanteur in der Stadt«, erklärte der Vater.
»Wir haben noch ein, zwei Jahre vor uns«, sagte die Mutter. »Aber es kann nicht schaden, sich schon jetzt umzuschauen. Dylans Vater wohnt in der Nähe. Das macht es leicht.«
»Und mein Hund –
mein
Hund – hat eine Mom und einen Bruder, die bei Dad und Rebecca wohnen. Das macht es echt leicht.«
»Du hast einen Hund?«, fragte David.
Grinsend nickte Dylan.
Deborah legte ihm eine Hand auf den Kopf und drehte den Jungen zum Lift. »Das könnte der Beginn eines langen Gesprächs werden, aber wir haben einen Termin oben. Es war schön, Sie zu sehen, David. Habe ich nicht gehört, dass Sie in der Gegend unterrichten?«
»Das tue ich. Zwanzig Minuten von hier. Aber he, gehen Sie mal. Viel Glück mit Doktor Larocque. Ich habe seinen Sohn im vorletzten Jahr unterrichtet. Der Junge liebt Akustikgitarre.« Er blinzelte Dylan zu. »Ein kleiner Insidertipp.« Er hob die Hand und schaute den dreien nach, dann drehte er sich um und sah sich einem neuen Gesicht gegenüber.
David war Nick Dukette niemals offiziell vorgestellt worden, doch der Name kam ihm gleich in den Sinn. Etwas von einem intensiven
Blick, das David an die Leute erinnerte, die er als Jugendlicher gekannt hatte. Dieser Mann war in seinem Alter.
Er
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