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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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wir werden es tun. Wenn es vorbei ist, will ich wissen, dass ich in der Zeit, die ihr noch blieb, alles getan habe, was ich konnte.«
    Ihre Mutter wühlte in ihrer Handtasche und holte die Schlüssel heraus.
    »Du nicht?«, fragte Molly.
    Kathryn stieg ins Auto, doch als sie versuchte, die Tür zu schließen, hielt Molly sie auf. »Rede mit mir, Mom.«
    »Was kann ich schon sagen? Es war eine anstrengende Woche, und das Schlimmste liegt noch vor uns.«
    Sie schenkte Molly einen so erschreckenden Blick, dass diese die Tür losließ. Als sie zurücktrat, traf es Molly wie ein Blitz, dass ihre Mutter, die so viel in ihrem Leben kontrollierte, das hier jedoch nicht kontrollieren konnte, voller Angst war.

[home]
16
    A lexis Ackerman lag in einem Privatzimmer im Elitestockwerk des Krankenhauses. David näherte sich mit einiger Furcht. Zufällig war sie allein – traurig für Alexis, gar nicht so schlimm für ihn. Sie hatte den Fernseher an, schaltete ihn jedoch aus, sobald sie ihn erblickte.
    Lächelnd ließ er die Tür offen und kam herein. »Du siehst besser aus«, sagte er in einem munteren Ton, auch wenn es mehr Wunschdenken als Wirklichkeit war. Mit ihrem streng zurückgebundenen dunklen Haar wirkte sie so blass und elfenhaft wie immer. Doch natürlich konnte er das nicht sagen. Stattdessen versuchte er, die Situation locker zu gestalten, und blickte zum Fernseher. »Filet Mignon mit Brokkoli und einer gebackenen Kartoffel?«
    Sie lächelte nicht. »Ich esse kein Rindfleisch.« Sie sah an ihm vorbei und schien erleichtert darüber, dass er allein war. »Ich möchte Sie was fragen, Mister Harris. Was reden die anderen Schüler über mich?«
    Er war sich nicht sicher, ob sie überhaupt viel redeten. Sie war in der Schule so gut wie nicht vorhanden. Doch das konnte er auch nicht sagen, weshalb er ihrer Frage auswich. »Ich glaube, sie machen sich Sorgen.«
    »Sie müssen doch geredet haben, nachdem ich rausgetragen wurde.«
    »Die meisten waren beim Essen.« Er lächelte wieder. »Du hast dir eine gute Zeit für deinen Zusammenbruch ausgesucht.«
    Diesmal auch kein Lächeln. »Sie halten mich sowieso für seltsam, aber ich will nicht, dass sie Dinge sagen, die nicht stimmen. Ich bin nicht magersüchtig. Ich bin nur dünn. Tänzerinnen müssen dünn sein. Können Sie ihnen das sagen?«
    David würde so etwas nicht sagen. Alexis war nicht dünn, sie war
ausgezehrt
. In ihrem Gesicht gab es nicht ein Gramm Fett, und trotzdem wirkte ihr Kopf noch zu groß für ihren Körper. Nicht mal der weite, flauschige Bademantel, den sie trug, konnte das Hervortreten ihrer Schlüsselbeine verbergen.
    »Vielleicht wirst du es ihnen ja selbst sagen können«, versuchte er es. »Hast du eine Ahnung, wann du wieder in die Schule kommst?«
    Sie zog ein Gesicht. »Sie werden es mir nicht sagen. Sie werden mich durchchecken. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Meine Eltern wollen, dass ich irgendwo hingehe und dort eine Weile ausruhe, aber dann würde ich zu viel versäumen.«
    »Erholung wäre vielleicht gut«, meinte er, zog an dem Riemen an seiner Schulter und griff in seine Aktentasche. »Ich habe mit den anderen Lehrern gesprochen. Ich habe die Hausaufgaben für die Woche.«
    Ihre Augen weiteten sich. »Was haben Sie ihnen erzählt?«
    »Nichts, Alexis. Sie wissen nur – alle wissen nur –, dass du im Krankenhaus bist.«
    »Ich bin nicht magersüchtig. Ich bin nur müde. Werden Sie ihnen das erzählen? Ich will nicht, dass es Gerüchte gibt, Mister Harris. Ich will nicht, dass die Leute mich anstarren, wenn ich wiederkomme.«
    »Keiner wird dich anstarren.«
    »Doch. Sie werden denken, dass ich eine Essstörung habe – was ein Witz ist. Wissen Sie, wie viele von ihnen sich selbst auf der Toilette zum Kotzen bringen? Das habe ich nie getan. Ich bin nur dünn. Aber sie vergleichen mich mit meinen Brüdern, die riesig sind; sie spielen Fußball. Für ein Mädchen ist es anders. Vor allem beim Tanzen.« Sie senkte die Stimme. »Ich wollte, dass Sie herkommen, damit Sie sehen können, dass es mir gutgeht. Können Sie das allen sagen?«
    »Mister Harris?«, ertönte eine befehlsgewohnte Stimme hinter ihm.
    Er drehte sich um. Alexis’ Mutter war gekommen.
    »Er hat mir meine Hausaufgaben gebracht«, beeilte sich Alexis zu erklären. »Er wollte gerade gehen.«
    Donna Ackerman nickte.
    »Ich schaue ein anderes Mal wieder nach dir«, sagte David zu dem Mädchen.
    »Oh, ich werde bald zu Hause und wieder in der Schule sein. Ich

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