Im Schatten meiner Schwester. Roman
hatte richtig geraten. »David Harris? Ich bin Nick Dukette, und ich bin hier, um das zu entkräften, was Molly Ihnen erzählt hat. Ich bin nicht böse«, sagte er, doch damit endete auch schon das bisschen Humor, das in seiner Stimme gewesen sein mochte. Sein Gesicht war müde und angespannt.
»Das Wort hat sie nicht benutzt.«
»Nein, aber ich bin sicher, darum ging es.«
David wollte nicht berichten, was Molly gesagt hatte, und Nick schien das auch nicht zu erwarten.
Er fuhr gleich fort: »Ich habe Ihren Dad kennengelernt.«
»Wirklich.«
»Ja,ich bin ihm sogar mehrmals begegnet. Er gehört zu meinen Vorbildern.«
»Wenn ich ihm das sage, wird er dann Ihren Namen kennen?«, fragte David, der sich darin auskannte, Schwindler zu entlarven.
»Das bezweifle ich«, antwortete Nick, ohne zu stutzen. »Ich hatte ihm nichts zu bieten. Jetzt habe ich es.«
»Was ist es?«
»Eine Biografie von Robin Snow. Ich schreibe schon eine Zeitlang über sie. Molly hat mich eigentlich dazu ermutigt. Es ist genau das, was Ihr Dad in den Zeitungen als Serie bringt. Ich würde sie ihm exklusiv anbieten.«
David war nicht überrascht von dem Angebot, nur von dem Tempo, mit dem es gemacht wurde. Nick war ganz Business. »Warum wenden Sie sich nicht einfach an einen Verleger in New York?«
»Ich kenne keinen persönlich. Andererseits sieht New York vielleicht, was Ihr Vater veröffentlicht, und bemerkt es.«
Stimmt, dachte David. Und schonungslos offen. »Dann rufen Sie ihn doch an.«
»Wie ich schon sagte, er würde den Namen nicht erkennen. Ich hatte gehofft, Sie könnten ihn vorher informieren. Sie können für mich bürgen. Sie leben hier. Wenn Sie die Lokalzeitungen lesen, lesen Sie auch mich.«
»Tatsächlich«, meinte David in einem Anfall von Perversität, »informiere ich mich im Fernsehen. Die Journalisten heutzutage schreiben nicht mehr so wie früher. Sie übersehen grundlegende Fragen. Sie betonen unwichtige Details nur um des Dramas willen.«
Nick lächelte selbstgefällig. »Meine Bio über Robin ist anders.«
»Wusste Robin, dass Sie eine Biografie zusammenstellen, als Sie mit ihr gingen?«
»Aha, Molly hat Ihnen also erzählt, dass Robin und ich miteinander gegangen sind. Und ja, sie wusste es. Sie liebte sie.«
»Die Aufmerksamkeit oder die Bio?«
Seine Selbstgefälligkeit geriet ins Wanken. »Sie hatte keine Möglichkeit, die Bio zu lesen.« Er schluckte. »Deshalb ist es ja so ein gutes Timing. Ich meine, hier liegt sie, hängt an einem seidenen Faden zwischen Leben und Tod. Es ist die Art heiße Story, die Ihr Vater liebt.«
Das stimmte, aber David war nicht sein Vater. »Was ist mit der Familie Snow?«
»Wie ich schon sagte, Molly hat mir grünes Licht gegeben. Außerdem, autorisiert oder unautorisiert, ich habe mehr Informationen als sonst jemand. Wenn Ihr Dad sie nicht will, werde ich woanders hingehen, aber ich dachte, da es da diese Verbindung gibt, Sie hier sind und Molly kennen, würde es doch gut passen. Was meinen Sie?«
»Ich meine vielleicht nein«, antwortete David locker. »Ich bin nicht in die Arbeit meines Vaters einbezogen.«
»Sie müssen auch nicht einbezogen sein. Sie müssen ihn nur anrufen. Was ist mit Ihren Brüdern?«
»Ich habe es mit dem Journalismus versucht, aber mein Instinkt ist scheiße. Das wissen sie. Glauben Sie mir, wenn ich Ihren Namen bei ihnen vorbringe, könnte das mehr Schaden anrichten als Gutes tun.«
»Ich will doch nur eine Einführung. Sagen Sie ihnen, Sie hätten einen Freund, der anrufen will. Sobald ich am Telefon durchkomme, kann ich es allein schaffen.«
»Ich sag Ihnen was«, schlug David vor, der dachte, dass Molly sehr daran interessiert wäre zu sehen, was Nick ausheckte, »zeigen Sie mir, was Sie haben. Wenn ich damit kein Problem habe, werde ich sehen, was ich tun kann.«
Nick grinste. »Abgemacht.« Er hob den Blick, und sein Ausdruck wechselte von erfreut zu besorgt. »Chris!«, rief er und sagte zu David: »Kennen Sie Mollys Bruder?«
David erkannte Chris von der Intensivstation, doch selbst wenn er das nicht getan hätte, wäre die Ähnlichkeit zwischen Bruder und Schwester markant gewesen. Nick stellte sie vor. Chris sah zerstreut aus.
»Wie geht es Robin?«, fragte Nick.
Chris zuckte mit den Schultern.
»Du willst nach oben? Soll ich mitkommen?«
»Nein. Ich muss mit meinem Dad reden.« Er warf David einen Abschiedsblick zu und entfernte sich.
Während er zum Krankenhaus fuhr, war Chris im Kopf mit seinen eigenen Problemen
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