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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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anspringen würde, doch das brachte ihn zum nächsten Schritt. »Sie wird mich bekämpfen. Willst du anrufen?«
    »O nein, mein Junge«, antwortete Charlie und stieß sich von der Wand ab, als die Schwester Robins Zimmer verließ. »Das ist ganz allein deine Sache.«
     
    Zu Hause saß Kathryn mit dem Laptop auf ihrem Bett. Sie trug ihren Bademantel, dessen Taschen voller Taschentücher waren, die sie vollgeweint hatte, als sie Robins Dateien las. Sie war froh, allein zu sein. Sie konnte nicht stark sein, konnte es einfach nicht. Weinen, schluchzen, schreien zu können, ohne dass es jemand hörte, war ein Luxus.
    Molly hatte recht. Wenn man diesen Dateien glauben konnte, dann wollte Robin Peter kennenlernen. Doch da gab es noch andere Wünsche, die sich Kathryn auch nie hätte vorstellen können. Von diesen zu lesen ließ sie zweimal zu der Mutter hinschauen, die sie gewesen war, und was sie sah, gefiel ihr nicht. Sie mochte ihr Herz am rechten Fleck gehabt haben, doch ihr war das Wesen dessen entgangen, was Robin ausmachte. Sie hatte sich entschieden, eine Robin zu sehen, die nach ihrem Bilde gemacht war, und keine, die nach Peter, Charlie oder sogar Molly geformt war. Diese andere Robin war eine Offenbarung.
    Deshalb wurde sie schließlich angezogen von
Wer bin ich?
Sie sehnte sich nach der Antwort und öffnete die Datei.
     
    Ich bin eine Betrügerin, begann Robin, fing sich dann jedoch wieder. Vielleicht ist das eine Übertreibung. Sagen wir, ich bin eine Schauspielerin. Ich spiele die Rolle des Stars, und ich bin sehr überzeugend dabei. Halte ich gerne Reden? Nein. Und Bänder zu zerschneiden ist verdammt langweilig.
    Die Sache mit dem Laufen ist echt. Das könnte ich nicht vortäuschen. Aber dafür habe ich meiner Mutter zu danken. Sie hat mir die Motivation gegeben, als ich selbst keine hatte.
    Ich bin also eine LÄUFERIN . Wer bin ich sonst noch?
    Ich würde sagen, ich bin eine TOCHTER , nur dass ich nicht viel für meine Eltern tue. Sie sind es, die etwas für mich tun. Dasselbe gilt fürs SCHWESTER sein. Molly tut an einem Tag mehr für mich als ich für sie in einem ganzen Monat. Und das Blöde daran ist, ich weiß, dass ich nicht mal ganz eine Snow bin.
    Wer bin ich also?
    Um jemand zu sein, muss man Leidenschaft besitzen. Molly ist leidenschaftlich. Sie liebt ihr Gewächshaus und liebt ihre Katzen. Sie liebt das Haus, selbst wenn ich es wegen jeden kleinen Fehlers kritisiere, den ich sehe. Sie liebt es zu reisen, was für sie nicht offensichtlich sein mag, weil sie es auch liebt, zu Hause zu sein. Aber wenn sie mit mir auf Achse ist, schauen wir uns die Städte an. Wenn ich allein bin, bin ich rein und wieder raus. Könnte Dallas sein, könnte Tampa sein, könnte Salt Lake City sein. Ich bemerke es kaum.
    Ich habe viele Freunde. Also bin ich eine FREUNDIN . Aber sie sind nicht hier mitten in der Nacht, und außerdem sind sie wahrscheinlich eher ein Gefolge als eine Gruppe von Freunden. Wenn ich mit dem Laufen aufhören würde, hätten wir nicht viel gemeinsam.
    Wer will ich sein? Ich will alles von dem oben Erwähnten sein, ich habe nur keine Zeit. Okay, ich nehme mir die Zeit nicht. Weil ich zu sehr damit beschäftigt bin, eine Schauspielerin zu sein, die die Rolle einer Läuferin spielt, die so damit beschäftigt ist, Siege einzuheimsen, dass sie keine Ahnung hat, wer sie sein will.
    Nana hat mich immer verlangsamt, als ich klein war. Sie fing mich in ihren Armen auf und hielt mich, ohne etwas zu sagen. Wenn ich mich wand und entfliehen wollte, sagte sie: »Sei einfach nur, kleine Robin. Sei einfach nur.«
    Ich glaube, dass ich, wenn ich das könnte, auch entscheiden könnte, wer ich bin.
    Ich möchte EINFACH sein, zumindest eine Weile. Nana sagt diese Worte nicht mehr, aber sie kommen mir jetzt in den Sinn. Muss wohl ihr Geist
     sein.
     
    Kathryn schluchzte wieder, laut und ungehemmt – diesmal um Marjorie. Sie vermisste ihre Mutter. Marjorie hätte etwas Sachliches und Vernünftiges über das zu sagen gehabt, was mit Robin passiert war. Oder sie hätte es vielleicht einfach nur das Werk von Geistern genannt. Aber hatte nicht auch Charlie gesagt, dass die Dinge aus einem Grund passierten?
    Kathryn bemühte sich, einen Sinn darin zu sehen, stellte den Laptop ab und ging nach unten. Die Küche sah aus, als ob gleich eine Party beginnen sollte, mit zugedeckten Töpfen auf der Theke, die an diesem Morgen abgegeben worden waren. Andere standen im Kühlschrank. Außerdem waren Blumen in jedem Zimmer,

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