Im Schatten meiner Schwester. Roman
nicht mehr an Wettkämpfen teilnähme. Wenn ich gewusst hätte, dass sie sich deshalb Sorgen machte, hätte ich gesagt, dass es mir egal ist, was sie macht, solange sie nur glücklich ist.«
»Das ist eine Muttersache – Glück, meine ich.«
»Ich hatte nicht die Möglichkeit, es zu sagen. Sie hat diese Gedanken nicht mit mir geteilt.«
»Ich hatte ein Dutzend Jahre Therapie, bevor ich sie teilen konnte.«
Sie hätte mit mir reden sollen, dachte Kathryn, und da sie sich verantwortlich für den mangelnden Kontakt fühlte, sagte sie leise: »Vielleicht könntest du ihr erzählen, was du von deinem Therapeuten gelernt hast? Sie wird es hören. Es ist wirklich wichtig.« Sanft legte sie Robins Hand ab. »Ich werde dich jetzt mit ihr allein lassen, Peter. Bitte sag ihr, was du gerade gesagt hast, ja?«
Molly wartete vor dem Zimmer. Charlie und Chris waren auch da, doch keiner von ihnen wollte in Robins Zimmer. Charlie sah besorgt aus, als Kathryn herauskam, doch Molly fühlte sich schlimmer. Sie war diejenige, die Peter hergebracht hatte.
Kathryn machte eine kleine Geste, um Charlie wissen zu lassen, dass es ihr gutging, doch Molly war es, der sie sich zuwandte. »Ich habe über dem Ganzen meinen Schlaf verloren«, sagte sie mit einer gewissen Schärfe.
Molly sank das Herz. »Es tut mir leid. Es ist nur so, dass Robin so beharrlich war.«
Kathryn atmete tief ein. Sie lehnte sich an die Wand neben Molly, verschränkte die Arme und fragte: »Was hältst du denn von ihm?«
Die Schärfe hatte nachgelassen. Erleichtert – und geschmeichelt, weil sie gefragt wurde – antwortete Molly: »Er scheint nett zu sein. Wie war er mit Robin?«
»Er war okay. Glaubst du, sie würde ihn mögen?«
»Nicht, wie sie Dad liebt«, erwiderte Molly loyal.
Charlie hatte wohl ihr Bedürfnis nach Raum gespürt, denn er ging leise mit Chris den Gang entlang. Molly war dankbar dafür. Es war schwer genug, mit Kathryn über Peter zu reden, doch wenn Charlie zuhörte, wäre es noch schwerer.
»Würde sie es verstehen?«, fragte Kathryn.
Molly begriff nicht sofort. »Verstehen, dass du mit Peter zusammen warst? O mein Gott, aber ja. Du magst dir einen Kopf darüber machen, dass du mit jemand anderem als Dad zusammen warst, unsere Generation jedoch nicht. Er sieht sogar jetzt noch wirklich gut aus, und er hat Charme. Ich mache dir keinen Vorwurf daraus, dass du mit ihm zusammen warst, Mom. Es war ein Schock – weil es ein Geheimnis war –, vor allem, weil du, was Männer angeht, immer so hart mit uns warst.«
»Verstehst du nun, warum?«, fragte Kathryn flehentlich.
»Jetzt ja. Wenn wir das von Peter gewusst hätten, hätten wir es vielleicht früher verstanden.«
»Wie hätte ich es euch erzählen und trotzdem versuchen können euch davon abzuhalten, das zu tun, was ich getan habe, ohne damit gleichzeitig zu sagen, dass Robin ein Irrtum war? Das war sie nicht, Molly. Ich wurde auch mit Nanas Geistern aufgezogen. Robins Empfängnis hatte einen Sinn. Sie hat mir eine Perspektive verschafft. Sie hat mich bereit gemacht, deinen Vater zu lieben.«
Robin hatte ganz sicher an diese Geister geglaubt. »Du hast also die CD gelesen?«, fragte Molly.
Kathryn nickte. »Nicht gerade witzig zu lesen. Aber erhellend. Ich habe es einfach nie gewusst.«
»Keiner von uns hat es gewusst. Du kannst dir deshalb keine Vorwürfe machen.«
»Manches von dem, was sie empfunden hat, hat er auch empfunden.«
»Zum Beispiel, dass Wettbewerbe scheiße sind?«
Lächelnd griff Kathryn nach ihrer Hand. »Hm. Das und die Sache, dass man nur eines gut macht. Sie fühlten sich beide deshalb unsicher.«
Molly liebte den Griff ihrer Mutter. Er bedeutete Vergebung, ja sogar Zustimmung. Ihr egoistisches Herz fühlte sich erfüllt in einer Situation, die unglaublich grausam hätte sein sollen. »Wie wird er damit fertig?«
»Er lässt los. Er gibt sich die Erlaubnis, gut in einer Sache und lausig in anderen zu sein.« Sie verschränkte ihre Finger mit Mollys und runzelte die Stirn. »Er akzeptiert, wer er ist.«
»Du akzeptierst, wer Robin ist.«
»Tu ich das? Ich habe ihr nicht zugestanden, über viel anderes nachzudenken.« Ihr Blick fand Mollys. »Vielleicht habe ich sie nicht genug geliebt.«
»O mein Gott, Mom, doch.«
»Sie hat gesagt, ich habe ihr nicht vertraut. Vielleicht habe ich das auch nicht.«
»Du wolltest, dass sie das machte, was sie am besten konnte.«
»Vielleicht konnte ich einfach nicht loslassen.«
»Hätte sie etwas anders
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