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Im Schatten meiner Schwester. Roman

Titel: Im Schatten meiner Schwester. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Delinsky
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tun soll.«
    »Vielleicht würde es ja helfen, wenn wir mehr darüber wüssten. Soll ich mich darum kümmern?«
    Kathryns Kopf fuhr hoch. »Worum?«
    »Organspenden. Herausfinden, was es beinhaltet.«
    »Es ist zu früh.«
    »Ich will es nicht wirklich tun, Mom. Nur herausfinden.«
    »Keiner wird ihr Herz verwenden können.«
    »Es gibt noch andere Organe. Sollten wir die Möglichkeiten nicht erforschen?«
    Doch jede Option beinhaltete, dass man die lebenserhaltenden Maßnahmen beendete. Kathryn atmete schaudernd ein. »Darüber nachzudenken erschöpft mich.«
    Molly war eindeutig erregt. »Es tut mir leid. Ich dachte, es könnte helfen.«
    »Weil es uns sagt, was Robin will?«
    »Weil es etwas Gutes bewirken würde.«
    Doch Kathryn hatte solche Angst, einen Fehler zu machen. »Was, wenn Robin etwas völlig anderes im Sinn hatte, als sie sich als Organspenderin eintragen ließ? Was, wenn sie an einen plötzlichen Unfall dachte – zum Beispiel mit dem Auto –, bei dem man im Nu tot ist? Oder, Gott möge es verhüten, an Mord?« Sie atmete müde aus. »Hör mir bloß zu – ›Gott möge es verhüten, ein Mord?‹ Ein Autounfall ist schlimm genug. Jede Mutter fürchtet das, vor allem, wenn ihr Kind anfängt zu fahren. Aber Mord ist der größte Alptraum einer jeden Mutter. Oder so glaubt sie zumindest.« Sie sah Molly an. »Das hier ist schlimmer. Diese Entscheidung. Wie kann eine Mutter sie nur treffen?« Sie erwartete nicht, dass Molly die Antwort kannte, war aber trotzdem überrascht von ihrem Schweigen. »Kein Widerspruch?«, fragte sie mit einem traurigen Lächeln. »Wo ist denn deine Forschheit geblieben?«
    »Es ist schwer, hier drin forsch zu sein.«
    »Oder ist es das Kleid? Du siehst sehr reif aus.«
    »Ich fühle mich reif. Etwas wie dieses hier passiert, und dann fühlen sich alle alt. Ich widerspreche dir nicht, Mom. Das hier
ist
schlimmer. Ich versuche nur zu helfen.«
    Kathryn betrachtete ihre Jüngste – besorgte haselnussbraune Augen, sandfarbenes Haar, das aus der Spange gerutscht war, ein breiter Mund. Sie war in jeder Hinsicht so attraktiv wie Robin, wenn auch auf eine weichere Art. Ihre Zunge, die scharf sein konnte, sorgte für mehr als einen Unterschied. Doch Kathryn beschwerte sich nicht. Sie nahm Mollys Hand und sagte: »Du hilfst doch. Du und Robin, ihr seid zwei Seiten einer Medaille. Sie sagt mir, was ich hören will, du sagst mir, was ich nicht hören will. Beides muss aber gesagt werden. Vielleicht ist es einfach leichter gewesen, auf sie zu hören.«
    »Ich muss lernen, still zu sein. Ich sage Dinge, ohne nachzudenken.«
    »Aber es sind keine dummen Dinge. Wie das über deine Großmutter.« Kathryn rieb Mollys Hand an ihrem Schenkel und ließ den Kopf nach hinten fallen. So schmerzhaft es war, es musste angesprochen werden. »Du hast recht. Ich kann nur noch nicht damit umgehen.«
    »Ich habe gedacht, dass es, wenn du Verbindung zu Nana aufnimmst, helfen würde, den Verlust wiedergutzumachen.«
    »In meinem Kopf steht deine Großmutter auch für Verlust.«
    »Trotzdem gibt sie mir noch Trost.«
    »Wirklich? Oder sind es nur die Erinnerungen?«
    »Trost ist Trost.«
    »Hier bei Robin auch«, meinte Kathryn. Sie schloss die Augen und legte die Wange an Robins Hand. Sie roch nicht mehr wie die ihres Kindes – keine Reste von Muskelsalbe oder verschwitzten Handschuhen, und Robin hatte schon lange aufgehört, Sandwichs mit Erdnussbutter und Marshmallow-Creme zu essen. Einst hatte sie sie jedoch geliebt. Kathryn hieß den Ausweg willkommen und fand Zuflucht in Erinnerungen an Wippen und Schaukeln.
     
    Chris war mit Erin und Chloe auf dem Spielplatz. Sie gingen am Wochenende oft hierher, damit das Baby andere Kinder zu sehen bekam, und an diesem Samstagnachmittag gab es jede Menge davon. Chloe war fasziniert. Während Chris sie in der Babyschaukel anschubste, schwang ihr Kopf vor und zurück und folgte so einem kleinen Mädchen in der Schaukel für nicht mehr so Kleine neben ihr.
    Erin kam zu ihm und sagte leise: »Erzähl mir mehr von ihm.«
    Chris wollte nicht über Peter reden. Er wollte überhaupt nicht an Robin denken. Er hatte gehofft, der Spielplatz würde ihm eine Stunde Pause bieten.
    Doch Erin hatte nach ihm gefragt. Und er war angeklagt, nicht reden zu wollen. Also erwiderte er: »Er war ziemlich nett.«
    Jetzt schubste sie die Schaukel an. »War es seltsam, ihn mit deiner Mutter zu sehen?«
    »Nur, wenn ich daran dachte.«
    »Hat sie sich ihm gegenüber irgendwie anders

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